Wann wird Honig geerntet? Ein umfassender Leitfaden für Imker

Die Honigernte ist ein zentraler und spannender Moment im Bienenjahr, auf den Imker hinarbeiten. Der Zeitpunkt der Honigernte hängt von verschiedenen Faktoren ab, wobei üblicherweise ein bis zwei Ernten pro Jahr stattfinden: eine im Frühsommer (Mai/Juni) und eine im Spätsommer (Juli/August). Es gibt jedoch auch Sonderfälle, bei denen gezielt Trachten wie Heide- oder Waldhonig geerntet werden. Hobby-Imker können in der Regel ein bis drei Mal pro Jahr Honig ernten, wobei die erste Ernte (Frühtracht) meist im Mai erfolgt.

Der Reifeprozess des Honigs

Ein entscheidender Faktor für die Honigernte ist die Reife des Honigs. Unreifer Honig hat einen höheren Wassergehalt und kann schnell gären, was seine Qualität mindert. Daher ist es wichtig, zu warten, bis der Honig wirklich reif ist.

Merkmale von reifem Honig:

  • Verdeckelte Waben: Ein deutliches Zeichen für reifen Honig ist, wenn die Bienen die Honigzellen mit einer dünnen Wachsschicht verschließen (verdeckeln). Sind mindestens zwei Drittel der Wabenfläche verdeckelt, ist der Honig in der Regel reif.
  • Wassergehalt: Nach der Deutschen Honigverordnung darf klassischer Blütenhonig maximal 20 % Wasser enthalten, während der Deutsche Imkerbund sogar maximal 18 % vorschreibt. Ein niedrigerer Wassergehalt verbessert die Lagerfähigkeit des Honigs.
  • Spritzprobe: Eine einfache Methode, um die Reife zu prüfen, ist die Spritzprobe. Dabei wird eine unverdeckelte Honigwabe ruckartig nach unten gerissen. Spritzt Honig aus den Zellen, ist er noch zu nass.
  • Refraktometer: Der genaue Wassergehalt kann mit einem Refraktometer gemessen werden. Hierzu wird etwas Honig auf die Messfläche des Geräts aufgetragen, das dann den Wassergehalt anzeigt. Es ist wichtig zu beachten, dass der Wassergehalt innerhalb einer Wabe variieren kann.
  • Fließverhalten: Reifer Honig fließt zäh aus der Schleuder und bildet im Sieb oder Eimer einen Kegel. Ist der Honig zu flüssig und bildet keinen Kegel, ist er wahrscheinlich noch zu nass.
  • Messertest: Eine eher unkonventionelle Methode ist der Messertest. Dabei wird ein Messer in die Wabe gesteckt und der Honig darum gewickelt. Lässt sich der Honig wickeln, ist er reif; tropft er ab, ist er zu wässrig.

Vorbereitung auf die Honigernte

Eine sorgfältige Vorbereitung ist entscheidend für eine erfolgreiche und hygienische Honigernte.

Wichtige Vorbereitungsschritte:

  1. Gesundheit der Bienenvölker überprüfen: Sicherstellen, dass die Bienenvölker gesund und frei von Krankheiten oder Parasitenbefall sind.
  2. Honigvorrat kontrollieren: Prüfen, ob die Bienen genügend Honigreserven für den Winter haben. Nur überschüssigen Honig entnehmen.
  3. Werkzeuge reinigen: Alle Arbeitsgeräte wie Schleuder, Siebe und Behälter gründlich reinigen und desinfizieren.
  4. Überschüssigen Honig entfernen: Überschüssigen Honig aus den Waben entfernen, um eine Vermischung von altem und neuem Honig zu vermeiden.
  5. Waben auf Wachsmottenbefall prüfen: Die Waben sorgfältig auf Anzeichen von Wachsmottenbefall untersuchen und gegebenenfalls behandeln.
  6. Bienen beruhigen: Die Bienen vor der Ernte beruhigen, beispielsweise durch den Einsatz von Rauch oder speziellen Imker-Substanzen.
  7. Geeigneten Raum vorbereiten: Der Raum für die Honigernte sollte exklusiv genutzt und sauber sein, da Honig leicht Gerüche aufnimmt. Vorhänge und alte Handtücher entfernen.

Der Ablauf der Honigernte im Detail

Die Honigernte umfasst mehrere Schritte, die sorgfältiges Timing und das richtige Equipment erfordern.

Die einzelnen Schritte:

  1. Vorbereitung:
    • Alle Arbeitsgeräte (Schleuder, Siebe, Behälter) und die Imkerkleidung müssen gründlich gereinigt werden, da bei der Honigernte strenge Hygienevorschriften gelten.
    • Die Bienenvölker werden auf ihre Gesundheit überprüft und es wird sichergestellt, dass ausreichend Honig für die Bienen im Stock verbleibt, damit sie den Winter überstehen.
    • Der richtige Erntezeitpunkt ist entscheidend: Der Honig muss reif sein, was sich an einem niedrigen Wassergehalt (meist unter 18%) und an verdeckelten Waben erkennen lässt. Zur Kontrolle kann ein Refraktometer oder eine Spritzprobe verwendet werden.
    • Am Vortag der Ernte wird meist eine Bienenflucht eingesetzt, damit die Honigwaben am Erntetag möglichst bienenfrei sind.
  2. Entnahme der Honigwaben:
    • Die Honigwaben werden am besten am Morgen oder Vormittag entnommen, da dann weniger frischer Nektar in den Waben ist.
    • Bienen, die noch auf den Waben sitzen, werden vorsichtig mit einem Bienenbesen oder einer Feder abgekehrt.
    • Die bienenfreien Waben werden in eine Leerzarge oder eine verschließbare Box gehängt, um Räuberei zu verhindern.
  3. Entdeckeln:
    • Die Waben sind mit einer dünnen Wachsschicht (Deckel) verschlossen, die entfernt werden muss.
    • Zum Entdeckeln werden spezielle Werkzeuge wie Entdeckelungsgabeln oder Wabenmesser verwendet.
    • Die entdeckelten Waben werden direkt zur Weiterverarbeitung gebracht, um Qualitätsverluste zu vermeiden.
  4. Schleudern:
    • Die entdeckelten Waben werden senkrecht in die Honigschleuder gestellt.
    • Zunächst wird mit niedriger Drehzahl begonnen, um ein Brechen der Waben zu verhindern; danach folgt eine höhere Drehzahl, um den Honig vollständig zu lösen.
    • Durch die Zentrifugalkraft wird der Honig aus den Zellen an die Trommelwand geschleudert und läuft ab.
  5. Sieben:
    • Der Honig wird beim Ablaufen aus der Schleuder durch ein oder mehrere Siebe (meist Grob- und Feinsieb) gefiltert, um Wachsreste und andere Partikel zu entfernen.
    • Anschließend ruht der Honig in einem luftdicht verschlossenen Behälter (Hobbock), damit Luftblasen und feine Schwebstoffe an die Oberfläche steigen können.
    • Nach einigen Tagen wird der entstandene Schaum (bestehend aus Wachs- und Pollenresten) abgeschöpft.
  6. Reifeprozess:
    • Sobald der Hobbock voll ist, wird er luftdicht verschlossen. In den ersten Tagen bildet der Honig noch eine Art Schaumschicht, die aus Wachs und Pollenresten besteht. Diese wird mit einem Schaber entfernt.
    • Der Honig ruht meist mehrere Wochen, bis der Kristallisationsprozess beginnt.
    • Während dieser Zeit wird der Honig regelmäßig gerührt, um eine feine, cremige Konsistenz zu erhalten und grobe Kristalle zu vermeiden.
  7. Abfüllen:
    • Der Honig wird in saubere, lebensmittelechte Gläser oder Behälter abgefüllt.
    • Die Behälter müssen frei von Keimen und Verunreinigungen sein.
    • Der abgefüllte Honig ist nun lager- und verkaufsfertig.
  8. Rückgabe der Waben:
    • Die leeren, ausgeschleuderten Waben werden den Bienen zurückgegeben, damit sie diese reinigen und erneut mit Honig füllen können.
    • Nach der Ernte beginnt die Vorbereitung der Bienenvölker auf den Winter, inklusive Fütterung.

Tipps und Tricks für die Honigernte

  • Bienenfluchten nutzen: Bienenfluchten sind ein probates Mittel, um die Anzahl der Bienen im Honigraum zu reduzieren. Sie ermöglichen es den Bienen, den Honigraum zu verlassen, aber nicht wieder zurückzukehren.
  • Kurze Schubsbewegungen beim Abfegen: Beim Abfegen der Bienen von den Waben kurze Schubsbewegungen verwenden, um die Bienen schonend zu entfernen.
  • Honig morgens entnehmen: Den Honig immer morgens entnehmen, da die Bienen über Nacht keinen frischen Nektar eingetragen haben und der Honig trockener ist.
  • Nach Regen ernten: Nach ein paar schlechten Tagen, an denen die Bienen keinen Nektar eintragen konnten, ist der Honig meist reif.
  • Bodenschieber öffnen: Sobald die Honigräume aufgesetzt werden, den Bodenschieber entfernen, um die Luftzirkulation zu verbessern und die Luftfeuchtigkeit im Stock zu reduzieren.
  • Trockenen Standort wählen: Einen trockenen Standort für den Bienenstand wählen, da die Bienen trockene Luft benötigen, um Feuchtigkeit aus dem Honig aufzunehmen.
  • Raum anpassen: Sicherstellen, dass genügend Bienen im Honigraum sind, um den Honig zu trocknen. Nicht zu viele Honigräume aufsetzen, sondern nur, wenn es auch honigt.
  • Starke Völker fördern: Starke Bienenvölker produzieren mehr Honig.
  • Trockenen Schleuderraum nutzen: Einen trockenen Schleuderraum mit einer Luftfeuchtigkeit unter 55 % verwenden, da Honig Feuchtigkeit anzieht.
  • Waben erneut einhängen: Wenn der Honig im Schleuderraum zu nass ist, die Waben den Bienen erneut einhängen, damit sie ihn trocknen und verdeckeln können.
  • Nassen Honig verfüttern: Wenn der Honig bereits geschleudert und zu nass ist, kann er über ein Futtergeschirr den Bienen gegeben werden, die ihn dann wieder in die Waben eintragen, trocknen und verschließen.

Lagerung und Weiterverarbeitung des Honigs

Nach dem Schleudern und Sieben muss der Honig richtig gelagert und verarbeitet werden, um seine Qualität zu erhalten.

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Wichtige Punkte:

  • Lagerung: Honig sollte kühl (10-20 °C) und trocken in luftdichten Behältern gelagert werden, um Feuchtigkeit und Gerüche fernzuhalten. Direkte Sonneneinstrahlung vermeiden.
  • Kristallisation: Die meisten Honige kristallisieren mit der Zeit. Die Geschwindigkeit hängt von der Zuckerzusammensetzung ab. Rapshonig kristallisiert schnell, Tannenhonig langsam.
  • Rühren: Um eine feincremige Konsistenz zu erreichen, kann der Honig regelmäßig gerührt werden. Dies verteilt die Kristalle gleichmäßig und verhindert grobe Strukturen.
  • Impfen: Bei Bedarf kann der Honig mit feinkristallinem Honig (Impfhonig) geimpft werden, um die Kristallisation zu fördern und eine feine Konsistenz zu erzielen.
  • Erwärmen: Vor dem Abfüllen kann der Honig vorsichtig auf maximal 38 °C erwärmt werden, um ihn flüssiger zu machen.
  • Abfüllen: Der Honig wird in saubere, lebensmittelechte Gläser abgefüllt.
  • Etikettierung: Wer Honig verkaufen möchte, benötigt ein Etikett mit den vorgeschriebenen Angaben.

Häufige Fragen zur Honigernte

  • Wann findet die Honigernte statt? Der Zeitpunkt hängt von der Region, dem Wetter und den Blütezeiten ab. In der Regel im späten Frühling oder Sommer.
  • Wie oft kann ich eine Honigernte durchführen? In der Regel einmal im Jahr, unter günstigen Bedingungen auch mehrmals.
  • Wie lagere ich den geernteten Honig am besten? Kühl, trocken und luftdicht.
  • Wie beeinflusst die Umgebung die Honigernte? Wetter, Vegetation, Umweltverschmutzung, Bienenpopulation und Imkerpraktiken spielen eine Rolle.
  • Wie lange dauert der gesamte Prozess der Honigernte? Einige Tage, abhängig von der Anzahl der Bienenstöcke und der Menge des Honigs.
  • Warum ist die Fütterung der Bienen nach der Honigernte wichtig? Um den Bienen ausreichend Nahrungsreserven für den Winter zu geben.
  • Was ist der Unterschied zwischen einer Frühjahrs- und einer Sommerernte? Die Frühjahrsernte bringt einen leichteren, blumigeren Honig, die Sommerernte kann kräftiger sein.

Besonderheiten bei bestimmten Honigsorten

  • Waldtracht: Bei manchen Waldtrachten kann es vorkommen, dass der Honig bereits in den Waben hart wird (Zementhonig).
  • Heidehonig: Für Heidehonig gelten besondere Bestimmungen bezüglich des Wassergehalts.
  • Sortenhonige: Bei Sortenhonigen (z.B. Kirschblütenhonig) ist der Erntezeitpunkt besonders wichtig, da die Blütezeit kurz ist und das Wetter eine große Rolle spielt.

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