Die Vielfalt der österreichischen Torten: Eine Reise durch Tradition und Geschmack
Österreichische Mehlspeisen wie Sachertorte, Apfelstrudel und Kaiserschmarrn sind weltweit bekannt und beliebt. Ihre Vielfalt und der hohe Stellenwert in der österreichischen Kochkunst machen sie zu einem besonderen Kulturerbe. Dieser Artikel beleuchtet die Geschichte, die Einflüsse und die charakteristischen Merkmale der österreichischen Torten und Mehlspeisen.
Was sind Mehlspeisen? Eine Definition
In Deutschland versteht man unter Mehlspeisen Gerichte, die Mehl enthalten und sowohl süß als auch pikant sein können. In Österreich hingegen sind Mehlspeisen alle Arten von Süßspeisen, unabhängig davon, ob sie mit Mehl zubereitet werden oder nicht. Diese umfassende Definition unterstreicht die Bedeutung der Mehlspeisen in der österreichischen Küche.
Die Geschichte der österreichischen Mehlspeiskultur
Die österreichische Mehlspeiskultur hat sich über Jahrhunderte entwickelt und wurde von unterschiedlichen Kulturkreisen beeinflusst. Das Zentrum dieser Entwicklung war Wien, die Hauptstadt des Vielvölkerstaates Österreich-Ungarn. Hier trafen und vermischten sich Bräuche und kulinarische Gepflogenheiten verschiedener Länder.
Politische und religiöse Einflüsse
Die Kultur Mitteleuropas war über Jahrhunderte durch wechselhafte politische Ereignisse und den starken Einfluss der Kirche geprägt. Als Teil des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation konnte das Erzherzogtum Österreich seinen Einfluss im Mittelalter immer weiter ausbauen. Die regierenden Habsburger stellten ab 1438 fast durchgehend den römisch-deutschen König. Über die Jahrhunderte fielen neben den deutschsprachigen Ländereien auch Ungarn, Böhmen, Schlesien sowie Teile des Balkans und Italiens in den Herrschaftsbereich der Habsburger.
Der Klerus setzte ebenfalls Maßstäbe in der gehobenen Küche. Klöster beschäftigten ganze Heerscharen an Köchen und Bäckern, die die Ordensmitglieder mit extravaganten Mahlzeiten versorgten, zumindest außerhalb der Fastenzeit. Die katholische Kirche hatte großen Einfluss auf die Essgewohnheiten, da der Kirchenkalender bis ins 18. Jahrhundert über 100 Fastentage vorschrieb, an denen kein Fleisch gegessen werden durfte. Da Fisch relativ teuer war, waren Mehlspeisen an diesen Tagen für die meisten Menschen die Hauptmahlzeit. Dies führte dazu, dass in Österreich Mehlspeisen nicht nur als Dessert oder Beilage gelten, sondern auch ein eigenständiges Hauptgericht darstellen können.
Lesen Sie auch: Einfache Johannisbeer-Baiser-Torte
Einflüsse aus dem Osmanischen Reich
Auch die lange Rivalität mit dem Osmanischen Reich im Süden führte dazu, dass so manche Speise ihren Weg ins Habsburgerreich fand. Über die Türken lernten die Österreicher den gezogenen Teig kennen und schätzen den Strudel. Ob die Kipferl aber wirklich während der zweiten Belagerung Wiens erfunden wurden, um die Türken zu verhöhnen, darf bezweifelt werden. Backwaren in Form eines Hornes oder Halbmondes, beides schon vor der Entstehung des Christentums und des Islams bedeutende religiöse Symbole, gab es vermutlich schon sehr lange. In Wien sind die Kipferl mindestens seit dem 13. Jahrhundert bekannt.
Die k.u.k. Monarchie und das Bürgertum
Die k.u.k. Monarchie stellte für die Region eine verhältnismäßig friedliche Phase in der Geschichte dar. Gleichzeitig war sie geprägt durch einen wirtschaftlichen Aufschwung, verursacht durch die fortschreitende Industrialisierung. Das Bürgertum wurde zu einem immer größeren Einflussfaktor in der Gesellschaft. Was die Lebensart anging, wollten die Bürger, einhergehend mit dem steigenden Wohlstand, dem Adel nacheifern. So wollte man ähnlich edel speisen wie die Fürsten. Kaiser Franz Joseph I. war im Gegensatz zu seiner Gattin Elisabeth eher ein Freund der einfachen Küche. Diesem Umstand ist es bekanntlich zu verdanken, dass der Kaiserschmarren zu seinem Namen kam und heute mit all seinen Varianten als österreichisches Kulturgut angesehen werden kann.
Die Kaffeehäuser als gesellschaftlicher Mittelpunkt
In Wien wurde das neue Selbstbewusstsein des Bürgertums nirgendwo so offensichtlich wie in den Kaffeehäusern. Auch wenn es die ersten schon im 17. Jahrhundert gab - der Kaffee selbst ist den Türken zu verdanken -, so wurden sie in der Doppelmonarchie zum gesellschaftlichen Mittelpunkt. Dort traf man sich, las die aktuellen Zeitungen, spielte oder machte Geschäfte. Da zu der Zeit die Wohnverhältnisse häufig noch sehr beengt waren, waren sie ein wichtiger Rückzugsort und fast schon ein zweites Wohnzimmer. Die Kaffeehäuser wetteiferten zunehmend um die Gäste und betrieben immer mehr Aufwand, um sie zu locken. Es wurden Konzerte und Tanzabende veranstaltet. Sehr wichtig war auch, was zum Kaffee serviert wurde, und die Betriebe überboten sich mit ihrer Auswahl an Kuchen und Torten. Auch die große Vielfalt an Strudeln, egal ob warm oder kalt serviert, gehört hier zu den Klassikern. Es war eine Hochzeit für die Konditoren, die immer neue Kreationen erschufen.
Regionale Spezialitäten und Zutaten
Was die österreichische Mehlspeisentradition auszeichnet, ist ihre Vielfalt. Unterschiedlichste Einflüsse wurden aufgenommen und verfeinert. Es wird bis heute auf ein großes Repertoire an Rohstoffen zurückgegriffen. Hier spielen regionale Produkte eine Rolle, beispielsweise Mohn aus dem Waldviertel, der für Strudel, aber auch Spezialitäten wie Mohnzelten oder Mohnnudeln verwendet wird. Oder die für die Wachau typischen Marillen, die unter anderem für Buchteln oder Knödel verwendet werden. Aber auch eher exotische Zutaten wie Gewürze und natürlich Kakao werden gerne verwendet. Es gibt nicht das eine Gebäck, das für Österreich steht, sondern eine große Vielfalt. Die Backwaren werden aus Hefe-, Blätter- und Plunderteigen oder aus Biskuit- oder Rührmassen hergestellt. Es gibt gezogene und Linzer Teige (also Mürbteige) sowie Koche, die eine Variante des Puddings darstellen. Auch die Zubereitungsformen sind sehr vielfältig: Es wird gebacken, frittiert, gekocht, gebraten und gedämpft.
Berühmte österreichische Torten und Mehlspeisen
Die österreichische Mehlspeisküche ist reich an berühmten Spezialitäten, die oft über die Landesgrenzen hinaus bekannt und beliebt sind. Hier eine Auswahl einiger Klassiker:
Lesen Sie auch: Nussliebhaber aufgepasst: Giotto-Torte selber backen
- Sachertorte: Das berühmte Aushängeschild der Wiener Mehlspeisküche ist in aller Welt bekannt. Feinschmecker lieben den feinen, schokoladigen Geschmack und die edle Glasur. Das Originalrezept wird streng geheim gehalten.
- Apfelstrudel: Er gilt als österreichisches Nationalgericht. Fruchtig und süß verführt der Apfelstrudel seine Fans von den Anfängen unter Maria Theresia bis heute. Qualitätsmerkmal ist der gezogene Strudelteig, der in hauchdünnen Schichten die Apfelfülle umgibt.
- Kaiserschmarrn: Herrlich flaumigen Genuss verspricht ein süßer Kaiserschmarrn, der frisch und warm aus der Pfanne serviert wird. Es ist überliefert, dass der Kaiser an der Namensgebung der beliebten Mehlspeise beteiligt war.
- Linzer Torte: Neben der Sachertorte ist auch die Linzer Torte eine bekannte österreichische Mehlspeise. Für die saftige Linzer Torte wird ein mürbteigähnlicher Teig, der braune Linzer Teig, in eine Tortenform gelegt. Die ältesten bekannten Rezepte stammen aus dem Jahr 1653.
- Powidltascherl: Eine wahre Köstlichkeit, inspiriert von der böhmischen Küche. Hauptzutat der Füllung ist der Powidl, eine cremige Zwetschgenmarmelade bzw. Pflaumenkonfitüre.
- Palatschinken: Süß-fruchtigen Genuss versprechen feine Palatschinken, wenn sie traditionell mit Marillenmarmelade gefüllt sind. In der Wiener Mehlspeistradition hat die Marillen- und Topfenpalatschinke ihren fixen Platz.
- Topfengolatsche: Mit feinem Germteig und einer saftig-cremigen Topfenfülle verführt die Topfengolatsche alle Schleckermäuler, die Süßspeisen mit Topfen lieben. Das quadratische Gebäck passt traumhaft zum Kaffee oder gern auch zum Frühstück.
- Salzburger Nockerln: Die Süßspeise, für die ihre Heimatstadt an der Salzach so berühmt ist, gilt als eine der ältesten Österreichs und war schon im 17. Jahrhundert bekannt und beliebt.
- Dobostorte: Die Dobostorte wurde von dem gleichnamigen ungarischen Konditormeister 1885 entwickelt. Sie wurde von Anfang an so gestaltet, dass sie auch auf dem Postweg verschickt werden konnte. So erfuhr sie sehr schnell eine große Popularität.
- Mohr im Hemd: Diese typische Wiener Süßspeise ist wie geschaffen für alle Liebhaber von Schokolade. Der kleine Gugelhupf sieht nicht nur süß aus, sondern schmeckt auch unbeschreiblich gut.
Die Bedeutung der österreichischen Mehlspeiskultur heute
Die Tatsache, dass die Menschen in Österreich bis heute ihren Mehlspeisen treu geblieben sind und zugleich seit vielen Jahren Millionen Touristen das Land besuchen, mag dazu geführt haben, dass die österreichischen Feinbackwaren weltweit ein Begriff sind. Es gehört nun mal dazu, bei einem Besuch in Wien eine Sachertorte zu essen, in der Wachau einen Marillenkuchen oder während des Skiurlaubs auf einer Berghütte einen Germknödel.
Die österreichische Mehlspeiskultur wurde sogar zum UNESCO Weltkulturerbe erklärt. Wie die Kaffeehaustradition wurde sie in die Liste des immateriellen UNESCO-Kulturerbes aufgenommen.
Lesen Sie auch: Himbeertorte für jeden Anlass
tags: #torte #ist #ein #osterreichischer #kuchen #arten


