Die Genauigkeit von Blutzuckermessgeräten: Was Diabetiker wissen müssen
Die Blutzuckerselbstmessung (SMBG) ist ein wesentlicher Bestandteil des Diabetesmanagements. Sie liefert Diabetikern eine unmittelbare Rückmeldung über ihren aktuellen Blutzuckerspiegel. Diese Information ist entscheidend, um Therapieentscheidungen zu treffen und den Verlauf der Erkrankung sicher zu kontrollieren. Obwohl das kontinuierliche Glukosemonitoring (CGM) immer beliebter wird, bleibt die kapilläre Blutzuckermessung wichtig, insbesondere für Patienten, die keine Insulintherapie erhalten oder für die CGM-Systeme aus wirtschaftlichen Gründen nicht in Frage kommen.
Funktionsweise von Blutzuckermessgeräten
Die SMBG ist eine invasive Methode, die auf die Entnahme einer kleinen Blutprobe angewiesen ist. Die darin enthaltene Glukose wird mithilfe von Biokatalysatoren, also speziellen Enzymen, chemisch umgewandelt. Während Hexokinase (HX) eher in der Laborchemie Anwendung findet, hat sich für die Selbstmessung vor allem die amperometrische Methode etabliert.
Enzymatische Reaktionen
Bei der amperometrischen Methode wird üblicherweise das Enzym Glukoseoxidase (GOD) eingesetzt. Dieses sorgt in einer ersten Reaktion für eine beschleunigte Oxidation von Glukose. In einer zweiten Reaktion wird das entstandene Wasserstoffperoxid an einer Elektrode zersetzt, an die eine elektrische Spannung im Millivoltbereich angelegt ist. Die freigesetzten Elektronen erzeugen einen kleinen Strom, dessen Stärke proportional zur Glukosemenge in der Probe ist.
In modernen Blutzuckermessgeräten werden häufig Teststreifen mit Glukosedehydrogenase (GDH) verwendet. Diese Methode ist komplizierter, da meist zusätzlich ein Koenzym und ein Mediator benötigt werden. Bei der Reaktion des reduzierten Koenzyms mit dem Mediator werden Elektronen freigesetzt, die an die Elektrode des Teststreifens fließen und einen Stromfluss erzeugen, der wiederum von der Glukosemenge abhängig ist. Ein Vorteil dieser Methode ist, dass nur eine sehr kleine Spannung an die Elektrode angelegt werden muss, wodurch Nebenreaktionen mit anderen Substanzen im Körper vermieden werden.
Technische Fortschritte
In den letzten Jahrzehnten hat es erhebliche Fortschritte bei der Entwicklung von Blutzuckermessgeräten gegeben. Die benötigte Blutmenge wurde auf ≤ 0,5 µl reduziert, die Messzeiten verkürzten sich auf wenige Sekunden (≤ 5s), und äußere Einflüsse wie Hämatokritabweichungen, Umgebungstemperatur und Sauerstoffpartialdruck werden kompensiert. Zudem hat sich die Handhabung der Geräte stetig vereinfacht.
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Genauigkeit und Normen
Die Genauigkeit von Blutzuckermesssystemen ist von entscheidender Bedeutung, da sie die Grundlage für Therapieentscheidungen bildet. Hersteller und Inverkehrbringer müssen die Norm ISO 15197:2015 einhalten, die Mindestanforderungen an die Systemgenauigkeit festlegt. Diese Norm besagt, dass bei einem Blutglukosewert unter 100 mg/dl (5,5 mmol/l) 95 % der gemessenen Werte innerhalb eines Schwankungsbereichs von +/- 15 mg/dl (0,83 mmol/l) liegen müssen. Oberhalb dieses Bereichs dürfen sie nur eine Toleranz von +/- 15 % aufweisen.
Error-Grid-Analyse
Zur Beurteilung der Genauigkeit von Glukosemessgeräten dient auch die Error-Grid-Analyse. Diese Fehlerrasteranalyse, die für Glukosedaten modifiziert wurde, bewertet die klinische Relevanz von abweichenden Glukosedaten im Rahmen der Diabetestherapie. Dabei werden die paarweise gemessenen Werte von Testgerät und Referenzgerät in ein Raster eingetragen. Im günstigsten Fall liegt der Großteil der Werte in der Zone A, also nahe der Winkelhalbierenden der Darstellung, was auf eine hohe Übereinstimmung hinweist.
Einflussfaktoren auf die Messgenauigkeit
Verschiedene Faktoren können die Genauigkeit von Blutzuckermessungen beeinflussen. Dazu gehören:
- Anwendungsfehler: Fehler bei der Handhabung des Messgeräts, wie z.B. das Aufbringen des Bluts auf den Teststreifen von oben oder das Verwenden abgelaufener Teststreifen, können zu ungenauen Ergebnissen führen.
- Umgebungsbedingungen: Hohe Luftfeuchtigkeit oder extreme Temperaturen können die Teststreifen beeinträchtigen und die Messwerte verfälschen.
- Interferenzen: Reduzierende Substanzen und Medikamente können bei der Messung mit Glukoseoxidase (GOD) zu Interferenzen führen.
- Hämatokrit: Abweichungen im Hämatokritwert können die Messergebnisse beeinflussen. Moderne Messgeräte kompensieren diesen Einfluss jedoch weitgehend.
- Blutentnahme: Das Quetschen oder Drücken der Fingerkuppe bei der Blutentnahme kann zu einer Verdünnung der Blutprobe mit Gewebswasser führen und somit die Messwerte verfälschen.
Plasmakalibrierung
Da die Blutglukose-Selbstmessung im Kapillarblut (kapillares Vollblut) durchgeführt wird, ist der Glukosewert niedriger als bei einer Messung aus dem Plasma. Moderne Messgeräte weisen die Ergebnisse jedoch plasmakalibriert aus, d.h. sie geben die aktuelle Glukosekonzentration im Blutplasma wieder.
Tipps für genaue Blutzuckermessungen
Um genaue Blutzuckerwerte zu erhalten, sollten folgende Tipps beachtet werden:
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- Hände waschen: Vor jeder Messung die Hände gründlich mit Wasser und Seife waschen und abtrocknen. Auf Desinfektionsmittel kann verzichtet werden.
- Geeignete Entnahmestelle: Anstelle der Mitte der Fingerkuppe die seitliche Fingerbeere wählen und die Finger regelmäßig wechseln.
- Korrekte Blutentnahme: Die Fingerkuppe leicht anstechen und das Blut ohne Quetschen oder Drücken entnehmen.
- Teststreifen richtig handhaben: Den Teststreifen gemäß den Anweisungen des Herstellers verwenden und auf das Verfallsdatum achten. Teststreifen nicht in feuchter Umgebung aufbewahren.
- Messgerät überprüfen: Regelmäßig die Messgenauigkeit des Geräts mit einer Kontrolllösung überprüfen.
- Schulung: An einer Schulung zur richtigen Blutzuckermessung teilnehmen, um Anwendungsfehler zu vermeiden.
Innovationen und Digitalisierung
Auch im Bereich der Blutzuckermessung gibt es stetig Innovationen. Neben verbesserten Messmethoden und Geräten profitieren die Systeme von der allgemeinen Entwicklung der Digitalisierung. Softwarelösungen, insbesondere Smartphone-Apps, ermöglichen eine einfache Auswertung und Beurteilung der Daten und bieten so eine unmittelbare und einfache Anwendung für die therapeutische Beurteilung und Therapiesteuerung.
Auswahl des richtigen Messgeräts
Bei der Auswahl eines Blutzuckermessgeräts sollten verschiedene Faktoren berücksichtigt werden, darunter:
- Messgenauigkeit: Achten Sie auf Geräte, die die Anforderungen der ISO 15197 erfüllen und in unabhängigen Studien gut abschneiden.
- Bedienbarkeit: Das Gerät sollte einfach zu bedienen sein und über ein gut ablesbares Display verfügen.
- Funktionen: Zusätzliche Funktionen wie Datenspeicherung, Durchschnittswertberechnung, App-Anbindung und Markierungsmöglichkeiten können hilfreich sein.
- Kosten: Vergleichen Sie die Preise für das Messgerät und die Teststreifen. Beachten Sie, dass die Krankenkassen in der Regel die Kosten für Geräte und Teststreifen erstatten, wenn eine Insulintherapie erforderlich ist.
Die Rolle der Patienten-Schulung
Patienten-Schulungen spielen eine wichtige Rolle bei der korrekten Anwendung von Blutzuckermessgeräten und der Interpretation der Messergebnisse. Studien haben gezeigt, dass Schulungen die Qualität der Stoffwechseleinstellung, das Diabeteswissen, die Selbstmanagementfähigkeiten und die Lebensqualität der Patienten verbessern können. Insbesondere bei Kindern mit Typ-1-Diabetes ist eine umfassende Schulung unter Einbeziehung der Eltern unerlässlich.
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