Honig, Apfel und Challa: Die Bedeutung von Speisen an Rosch ha-Schana
Rosch ha-Schana, das jüdische Neujahrsfest, ist ein freudiger und festlicher Anlass, der den Beginn des jüdischen Jahres markiert. Der Begriff „Rosch ha-Schana“ (ראש השנה) kommt aus dem Hebräischen und bedeutet übersetzt etwa „Kopf des Jahres“ oder „Anfang des Jahres“. Es ist das jüdische Neujahrsfest und gibt Menschen jüdischen Glaubens Gelegenheit, auf das alte Jahr zurückzublicken und sich auf das neue zu freuen - ganz ähnlich also zu anderen religiösen und weltlichen Neujahrsfesten. Für viele ist Rosch ha-Schana einer der wichtigsten Feiertage im jüdischen Kalender. Laut jüdischem Glauben wurde an diesem Tag die Menschheit erschaffen - womit auch die jüdische Zeitrechnung begann. Der jüdische Kalender befindet sich daher mittlerweile im Jahr 5784, während sich der gregorianische Kalender im Jahr 2024 befindet. An Rosch ha-Schana (Oktober 2024) beginnt dann das Jahr 5785 des jüdischen Kalenders. Da der jüdische Kalender sich an Mondphasen orientiert, findet Rosch ha-Schana nicht immer am selben Datum des gregorianischen Kalenders statt, in der Regel fällt das Neujahrsfest aber auf die zweite Hälfte des Septembers oder in den frühen Oktober.
Die aktuellen Termine für Rosch ha-Schana sind:
- 2024: Abend des 2. Oktober bis Abend des 4. Oktober (Beginn des jüdischen Jahres 5785)
- 2025: Abend des 22. September bis Abend des 24. September (Beginn des jüdischen Jahres 5786)
- 2026: Abend des 11. September bis Abend des 13. September (Beginn des jüdischen Jahres 5787)
Neben den religiösen Bräuchen spielen auch traditionelle Speisen eine zentrale Rolle. Diese sind nicht nur köstlich, sondern tragen auch eine tiefe symbolische Bedeutung, die den Wünschen und Hoffnungen für das kommende Jahr Ausdruck verleiht.
Traditionen und Bräuche an Rosch ha-Schana
Rosch ha-Schana ist ein bedeutender Feiertag im Judentum, auf den sich viele Menschen freuen. Obwohl dieser Tag den Beginn der zehn Tage der Umkehr bis zum feierlichen Jom Kippur markiert, der eher ernst begangen wird, gilt Rosch ha-Schana für viele als freudiger und festlicher Anlass. Traditionell besuchen gläubige Menschen die Synagoge, wo Gebete gesprochen und das Schofarhorn geblasen wird. Dieses aus einem Widderhorn gefertigte Instrument ist das einzige seiner Art, das heute noch in der Synagoge verwendet wird. Rosch ha-Schana wird auch im Kreis der Familie und Freunde gefeiert. Der Festtag beginnt oft mit einem Kiddusch - einem Segensspruch über Wein und Brot -, bevor gemeinsam gegessen und gute Wünsche für das neue Jahr ausgetauscht werden. Auch wenn nicht alle jüdischen Familien religiös sind, gehört der Kiddusch für viele aus traditionellen Gründen zum Fest dazu.
Ein weiterer Brauch, der vor allem unter aschkenasischen und sephardischen Juden verbreitet ist, nennt sich Taschlich. Dabei begeben sich die Menschen am ersten oder zweiten Tag von Rosch ha-Schana vor Sonnenuntergang zu einem Gewässer, schütteln ihre Kleidung aus und werfen Krümel oder symbolisch Brot ins Wasser. Dieser Brauch steht für das symbolische Abwerfen von Lasten und Sünden des vergangenen Jahres. Begleitet wird dies durch das Taschlichgebet, in dem um Vergebung und um ein Jahr des Friedens gebeten wird. Wie zum Jahreswechsel am 1. Januar werden auch zu Rosch ha-Schana Neujahrswünsche ausgetauscht. Der typische Gruß lautet „Shanah Tovah“ (שנה טובה), was „Ein gutes Jahr“ bedeutet. Im Jiddischen wird oft „A gut yor“ (אַ גוט יאָר) oder „A gut gebentsht yor“ (אַ גוט געבענטשט יאָר) gewünscht - letzteres bedeutet „Ein gutes, gesegnetes Jahr“. Früher war es üblich, zu Rosch ha-Schana Grußkarten und Briefe zu versenden. In Israel kommt es am ersten Abend von Rosch ha-Schana daher nicht selten zu einer Überlastung der Mobilfunknetze, ähnlich wie in Deutschland an Silvester.
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Die Symbolik der Speisen
Typisches Essen an Rosch ha-Schana hat eine symbolische Bedeutung und ist auf das Thema des Neuanfangs, der Fruchtbarkeit und des Wunsches für ein süßes neues Jahr ausgerichtet. Die Speisen an Rosch HaSchana sind nicht zu unterschätzen: die Wünsche für das neue Jahr werden symbolisch durch die verschiedenen Leckereien dargestellt. Die Traditionen variieren jedoch je nach Kultur und familiärem Hintergrund. Kurz vor Rosch Haschana werden die Speisen zubereitet, die unbedingt auf den Tisch kommen sollen. David erzählt gern und ausführlich von den Traditionen in seiner Familie, die religiös lebt und Rosch Haschana auch in diesem Jahr zusammen feiert. „An Rosch Haschana ist die Challa größer und wird anders geflochten“, erklärt der 23-Jährige, während er lange Teigrollen zu einem runden Zopf flicht. An Rosch Haschana gibt es viele Traditionen, die mit Essen zu tun haben.
Apfel und Honig: Der Wunsch nach einem süßen Jahr
Äpfel, die in Honig getaucht werden, sind vielleicht das bekannteste Symbol für Rosch ha-Schana. Gemeinsam werden Apfelstücke in Honig getaucht, dahinter steht der Wunsch nach einem süßen, positiven und fruchtbaren Jahr. Sie stehen für den Wunsch nach einem süßen und glücklichen neuen Jahr. Für viele gehört der Verzehr von Äpfeln, die in Honig getaucht werden, zu Rosch Haschana wie das Fasten zu Jom Kippur. Die Süße der Früchte und des Honigs symbolisiert den Wunsch nach einem guten, süßen neuen Jahr. Warum tauchen wir in den nächsten Tagen nicht auch einmal Apfelstücke in Honig und bitten Gott, dass er uns ein gutes und süßes Jahr schenkt. Nicht umsonst steht in Psalm 34,9 „Schmecket und sehet, wie freundlich der HERR ist. Wohl dem, der auf ihn trauet!“.
Der jüdische Brauch, am Abend von Rosch Haschana einen in Honig getunkten Apfel zu verzehren, ist uns allen vertraut. Wieso der Apfel? Genügt es nicht, dass man zu Beginn der Mahlzeit Honig auf ein Stück Challa streicht, um ein süßes Jahr zu symbolisieren? So hat der Brauch, am Abend von Rosch Haschana einen in Honig getauchten Apfel zu essen, in der Tradition eine ganz spezielle Bedeutung, die nichts damit zu tun hat, dass Äpfel überall leicht erhältlich waren. Eine der Obstsorten, mit der im Hohelied Salomons (Schir Haschirim) das jüdische Volk verglichen wird, ist der Apfel. Der Midrasch teilt uns mit, dass der Apfelbaum den Ansatz seiner Früchte hervorbringt, noch bevor die Blätter, die die kleinen Früchte im Anfangsstadium ihres Wachstums umgeben und schützen, vollständig aufgekeimt sind. Indem das jüdische Volk die Tora mit der Erklärung annahm: »Wir werden tun und wir werden verstehen« - und somit der heiligen Handlung und der Befolgung der Toragebote den Vorzug gab vor der rationalen Akzeptanz -, ahmte es das Verhalten des Apfels nach. Der Apfel hatte auch den Sinn, das jüdische Volk an seine Versklavung in Ägypten und seine Befreiung aus dieser Knechtschaft zu erinnern. Auch hier diente er laut dem Midrasch als Frucht der Liebe zwischen Mann und Frau während der langen und schmerzhaften Periode elender Sklaverei. Er schenkte ihnen Hoffnung für die Zukunft und die Entschlossenheit, eine künftige Generation auf die Welt zu bringen, auch wenn die Lage des jüdischen Volkes noch so trostlos schien. Interessanterweise kommt im allgemeinen Denken dem Apfel die Rolle der Frucht der Versuchung in der biblischen Geschichte von Adam und Eva im Garten Eden zu. Jedoch erwähnt der Talmud den Apfel nicht in der Aufzählung jener »Früchte«, die als Produkt des Baumes der Erkenntnis im Garten Eden in Frage kämen. Es gibt einen einzigen jüdischen Beleg dafür, dass ein Apfel die verhängnisvolle Frucht hätte sein können. Er ist im Midrasch zitiert, was aber nicht die gleiche Autorität und das gleiche Gewicht hat wie eine Erklärung im Talmud. Aus unbekannten Gründen übernahm die christliche Welt die Ansicht aus dem Midrasch.
Ein weiteres beliebtes Nahrungsmittel während der Hohen Feiertage ist Honig. Traditionellerweise wird Honig von Rosch Haschana bis in die Zeit nach Sukkot zu jeder Hauptmahlzeit serviert. Er wird auf das Stück Brot gestrichen, über das wir den »Hamotzi«-Segen sprechen. Am Abend von Rosch Haschana wird der süße Apfel in Honig getaucht. Süßes Gebäck wird mit Honig gebacken. Der Brauch, in der Zeit der Hohen Feiertage immer Honig auf dem Esstisch zu haben, ist eine uralte und universelle jüdische Tradition. Sie ist bereits in den Schriften der babylonischen Gaonim im siebten Jahrhundert verzeichnet und stammt vermutlich aus einer noch älteren Zeit. Der augenscheinlichste Grund, während dieser Zeit Honig zu essen, liegt darin, dass er unseren Wunsch nach einem »süßen neuen Jahr« symbolisiert. Süß bedeutet lieb und wert, kostbar, genussvoll, befriedigend, glücklich, geborgen und äußerst angenehm. Nun, genau in diese Worte könnten wir unsere Hoffnungen und Gebete für das neue Jahr fassen. Daher ist der Honig unser Stellvertreter, der diesen glühenden Hoffnungen und Gebeten Ausdruck verleiht. Doch der Honig steht für mehr als für Süßigkeit als solche. Er ist eine der Eigenschaften des Landes Israel, das in der Bibel als ein Land, in dem »Milch und Honig fließen«, geschildert wird. Ursprünglich war mit dem Honig im Land, wo »Milch und Honig fließen«, nicht der gewöhnliche Bienenhonig gemeint, den wir heute essen, sondern der Honig der biblischen Zeit, der hauptsächlich aus überreifen Datteln hergestellt wurde. Die Verwendung von Bienenhonig als zugelassenes koscheres Nahrungsmittel wirft eine interessante halachische Frage auf. Bienen sind eine nichtkoschere Gattung von Insekten; man sollte deshalb annehmen, dass der Honig, den sie in den Säckchen in ihren Körpern produzieren, auch nicht koscher ist. Die Rabbiner des Talmuds haben das Problem oft diskutiert und dann entschieden, dass die Säckchen der Biene, die den Honig enthalten, aus halachischer Sicht nur ein Speicherplatz für den Honig sind. Weder die Säckchen noch der produzierte Honig sind Bestandteil des Bienenkörpers. Im Gegensatz dazu sind die Milch produzierenden Organe und die Milchabsonderung beim Kamel Bestandteil seines Verdauungssystems. Diese Logik wird heute auf die Zulassung von Schellack für koschere Lebensmittel angewendet, obwohl das Produkt aus dem Körper der auf den Bäumen des Regenwaldes lebenden Lackschildlaus ausgeschieden wird. Als Symbol für die Süße des Lebens und die Verbundenheit mit dem Land Israel, als Präzedenzfall in der halachischen Diskussion und Kaschrut-Definition ist der Honig zu einem »jüdischen« Lebensmittel geworden. Die Verwendung von Honig als Lebensmittel gehört gewiss zu den angenehmsten Bräuchen der jüdischen Tradition.
Challa: Der Kreislauf des Lebens
Das runde, geflochtene Brot, die Challa, wird zu Rosch ha-Schana in einer kreisrunden Form gebacken, um den Kreislauf des Jahres und das ewige Leben zu symbolisieren. Typisch ist auch das Challa-Brot, welches auch am Schabbat als länglicher Zopf gegessen wird - an Rosch HaSchana wird es jedoch rund geflochten. Das neue Jahr soll eine „runde Sache“ werden, mit Hoffnung und Kontinuität des Guten. Es wird oft ebenfalls in Honig getaucht. An Rosch Haschana werden die Challot, die normalerweise eine längliche Form haben, rund geflochten. Das soll den Jahreskreis symbolisieren. Anstelle von Mohn oder Sesam werden sie mit Vanillin-Zucker bestreut. So kennt David es von seiner Mutter. Schließlich wünscht man sich zu Rosch Haschana ein „süßes“ neues Jahr.
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Weitere symbolträchtige Speisen
- Granatäpfel: Sie werden häufig gegessen, weil sie viele Samen enthalten, was Fruchtbarkeit und ein reichhaltiges Leben symbolisiert. Der Granatapfel erinnert mit seinen vielen süßen Kernen an die zahlreichen Gebote, die man im kommenden Jahr halten möchte. In manchen Traditionen wünscht man sich, im kommenden Jahr so viele gute Taten zu vollbringen, wie der Granatapfel Samen hat.
- Datteln: Sie sind besonders bei sefardischen Juden beliebt und stehen für den Wunsch, dass Feinde und Probleme „vergehen“ mögen. Der hebräische Name der Dattel (תמר, "tamar") klingt ähnlich wie das Wort „beenden“, was einen Neuanfang und das Überwinden von Herausforderungen symbolisiert.
- Fischkopf (oder Schafskopf): Er wird serviert, um den Wunsch auszudrücken, „am Kopf“ des Jahres zu stehen und Erfolg zu haben. Oftmals gibt es Fisch als Hauptgericht, dabei nehmen manche den Kopf des Fisches mit der Bemerkung, an der Spitze und nicht am Schwanz sein zu wollen (diese Tradition passt zu der Bedeutung von „Rosch“ als „Kopf“ oder „Anfang“). In vielen Familien wird der Wunsch geäußert, im kommenden Jahr „der Kopf und nicht der Schwanz“ zu sein, also eine führende Position einzunehmen.
- Gefüllte Speisen (z.B. Kohl oder Datteln): Sie stehen für Fülle und Überfluss im kommenden Jahr. Sie symbolisieren das reichliche Gute, das man sich für das nächste Jahr wünscht.
Rezept für eine süße Challa zu Rosch ha-Schana
Hier ist ein Rezept, um eine süße Challa für Rosch ha-Schana zuzubereiten:
Zutaten:
- 500-600 g Mehl
- 1 Glas Wasser
- 2 EL Zucker
- 1 TL Salz
- 3 EL Öl
- 1 Würfel Hefe
- 1 Ei
- Vanillin-Zucker zum Bestreuen
Zubereitung:
- Das Glas Wasser in eine große Schüssel gießen, Zucker, Salz, Öl, Hefe und 2 EL Mehl dazugeben, mit einem Löffel alle Zutaten vermischen und ca. 20 Minuten stehen lassen.
- Dann das restliche Mehl nach und nach langsam einmischen, bis man einen Teig bekommt, dann mit den Händen gut kneten, ein bisschen Mehl dazu geben. Der Teig sollte weich sein, aber nicht mehr an den Händen kleben.
- Aus dem Teig eine Kugel formen und in der Schüssel für ca. eine Stunde gehen lassen.
- Den Backofen auf 180 Grad vorheizen. Auf das Blech ein Stück Backpapier legen.
- Nachdem der Teig gegangen ist, ihn noch einmal kurz kneten und dann dreiteilen. Jedes Teil wiederum in drei Teile teilen. Aus jedem Teil lange Rollen kneten.
- Jeweils drei Rollen oben zusammenkleben und einen Zopf flechten und zu einem Kreis formen.
- Ein Ei in der Schüssel kurz aufschlagen, davor prüfen, dass im Ei keine Blutspuren sind. Die Challot mit dem Ei bestreichen und mit Vanillin-Zucker bestreuen.
- Die Challot im vorgeheiztem Backofen ca. 25-30 Minuten backen, bis sie goldbraun sind.
Rosch ha-Schana und die Hohen Feiertage
Nur zehn Tage nach Rosch ha-Schana folgt Jom Kippur, der als bedeutendster jüdischer Feiertag gilt. Rosch ha-Schana leitet eine Zeit der Besinnung und Reflexion ein, die als „Ehrfurchtsvolle Tage“ bekannt ist. In dieser Zeit sollen sich Juden und Jüdinnen verstärkt dem Gebet, der Wohltätigkeit und ihrer Beziehung zu Gott widmen. Jom Kippur bildet den Abschluss dieser Tage und wird als „Tag der Sühne“ oder „Versöhnungsfest“ bezeichnet. Es handelt sich um einen strengen Fasten- und Ruhetag, der oft auch von weniger religiösen Juden und Jüdinnen beachtet wird.
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