Wie viel Zuckerzusatz ist im Wein erlaubt? Ein umfassender Überblick
Viele Weintrinker halten nach wie vor einen hohen Alkoholgehalt für ein Qualitätsmerkmal. Dieses Missverständnis hat zu einer weit verbreiteten Weinmanipulation geführt: der Anreicherung des Mostes mit Zucker, auch bekannt als Chaptalisation. Dieser Artikel beleuchtet die Hintergründe der Zuckerung, die zulässigen Zuckermengen und die Auswirkungen auf den Wein.
Was ist Chaptalisation?
Die Chaptalisation, benannt nach dem französischen Chemiker Jean-Antoine Chaptal (1756-1832), ist die legale Zugabe von Rohrzucker zum Traubensaft oder Most vor oder während der Gärung, um den Alkoholgehalt des späteren Weins zu erhöhen. Diese Praxis wird angewendet, um "schwache" Jahrgänge aufzubessern, in denen die Trauben nicht ausreichend reifen. Die Zuckerung verleiht dem Wein mehr Körper und Fülle und suggeriert eine höhere Traubenreife und damit eine bessere Qualität.
Die Praxis der Anreicherung
Die Anreicherung wird verwendet, um die Qualität "schwacher" Jahrgänge zu verbessern, in denen die Trauben unreif geerntet werden müssen. In Burgund und Beaujolais wird die Anreicherung oft systematisch und unnötig exzessiv betrieben, unabhängig von der Qualität der Lage oder des Jahrgangs. In Deutschland und Österreich dürfen nur Tafel- und Qualitätsweine gemäß den gesetzlichen Vorschriften angereichert werden. Prädikatsweinen wie Kabinett und Spätlese darf kein Zucker zugesetzt werden.
Gesetzliche Regelungen in der EU
Die EU regelt die zulässigen Zuckermengen, da die Aufzuckerung eine kostengünstige Methode ist, um die Weinmenge zu erhöhen. In Deutschland (mit Ausnahme von Baden) dürfen Moste mit bis zu 60 g Zucker pro Liter Wein angereichert werden, was maximal 24 g Alkohol oder 3 Vol.% mehr entspricht. Baden darf um maximal 20 g Alkohol pro Liter angereichert werden. Außerhalb Europas ist die Chaptalisation in Weinbauländern nicht erlaubt, da dort die Sonneneinstrahlung für natürlich hohe Reife und Alkoholgehalte sorgt.
Die Rolle des Klimawandels
Mit dem Klimawandel hat sich die Notwendigkeit der Anreicherung verringert. Die natürlichen Alkoholgehalte sind durch die höhere Reife der Trauben ausreichend, wenn nicht sogar zu hoch. Nur noch Jahrgänge, in denen der Zuckergehalt nicht ausreicht, um den für die Weinqualität notwendigen Alkohol zu erzeugen, werden angereichert. Die Vergärung von Mosten aus solchen Jahrgängen würde sonst zu unreifem Wein mit zu wenig Alkohol und zu viel Säure führen.
Lesen Sie auch: Met brauen leicht gemacht: Dein Honigwein Rezept
Die Anreicherung im Detail
Beim Anreichern wird Zucker vor oder während der Gärung zugesetzt, um den Alkoholgehalt zu erhöhen. In Frankreich wird dies Chaptalisation genannt, in Österreich Aufbessern und in Deutschland früher Verbessern. Dieses Verfahren darf nicht zur Süßung des Weins verwendet werden.
Zuckerungshöchstmengen in Deutschland
In Deutschland gelten spezifische Zuckerungshöchstmengen, die in der Alkoholhaltige Getränke-Verordnung festgelegt sind. Für Obstbrand mit einem Gattungsbegriff beträgt die Höchstgrenze 10 g Zucker pro Liter Fertigware. Für Obstbrand mit einer geografischen Angabe oder Bezugnahme gilt weiterhin ein Zuckerungsverbot.
Die Problematik der Restzuckerbestimmung
Die Restzuckermenge im Wein wird durch ein natürliches Ende der Gärung oder durch ein Abstoppen erreicht. Dabei werden die Hefen entfernt, abgetötet oder in ihrer Tätigkeit gehemmt. Dies kann durch Filtrieren, Abkühlen, Schwefeln, Kurzzeiterhitzung oder Alkoholzusatz erfolgen.
Die Herausforderungen bei der Fruchtweinherstellung
Die Herstellung von Fruchtwein birgt einige Herausforderungen. Hohe Zuckerkonzentrationen im Weinansatz können die Gärung erschweren, da sie einen enormen Stressfaktor für die Hefe darstellen. Die Hefe verliert Wasser, und die intrazelluläre Konzentration steigt rapide an. Dies kann zu einer schleppenden Gärung und einem zu süßen Wein führen.
Die Bedeutung der Wein стабилизация
Die Stabilisierung des Weins ist entscheidend, um mikrobielle Stoffumsätze zu stoppen und Nachgärungen zu verhindern. Hohe Zuckerkonzentrationen im Weinansatz sollten vermieden werden. Nach der Gärung kann der Wein mit Zucker oder Fruchtsaft versetzt werden, um den gewünschten Geschmack zu erzielen. Es ist wichtig, alle Hefen sicher aus dem Wein zu entfernen, um Nachgärungen in der Flasche zu verhindern.
Lesen Sie auch: Fruchtbowle: Wissenswertes und Rezeptideen
Methoden zur Verhinderung von Nachgärungen
Es gibt verschiedene Methoden, um Nachgärungen in der Flasche zu verhindern:
- Filtration: Der Wein wird durch einen feinen Filter gepresst, der alle Hefen zurückhält.
- Schwefelung: Die Zugabe von Schwefel kann die Gärung verlangsamen oder stoppen, ist aber nicht immer ausreichend, um alle Hefen abzutöten.
- Pasteurisierung: Eine kurze Hitzebehandlung tötet die Hefen sicher ab.
Die Pasteurisierung im Detail
Die Pasteurisierung ist eine Methode zur Konservierung von flüssigen Lebensmitteln, bei der die Flüssigkeiten kurzzeitig auf 60-90°C erhitzt werden. Bei diesen Temperaturen sterben viele Mikroorganismen ab, wodurch das Lebensmittel länger haltbar wird. Typische pasteurisierte Lebensmittel sind Fruchtsäfte, Bier und Milch. Die Pasteurisierung von Wein ist seltener geworden.
Die Geschichte der Pasteurisierung
Der französische Chemiker Louis Pasteur (1822-1895) entdeckte, dass Hefekügelchen Lebewesen sind und löste damit ein Problem der damaligen Winzer: Die abgefüllten Weine waren oft nicht stabil und neigten zu Nachgärungen oder Essig- und Milchsäurestichen.
Nachteile der Pasteurisierung
Die Pasteurisierung kann das Weinaroma beeinträchtigen und einen "Kochgeschmack" verursachen. Dies liegt an der Flüchtigkeit vieler Aromastoffe und den komplexen stofflichen Veränderungen, die durch die Hitze entstehen. Ein Maß für die hitzebedingte Aromabildung ist das Auftreten von Hydroxymethylfurfural (HMF).
Pasteurisierung für Hobbywinzer
Für Hobbywinzer ohne Filter ist die Pasteurisierung eine Möglichkeit, Nachgärungen in der Flasche zu verhindern. Die Pasteurisation erfolgt nach der Gärung, wenn der Wein vom Hefebodensatz abgezogen und geschönt wurde. Die gewünschte Restsüße wird mit Zucker oder einer Süßreserve eingestellt.
Lesen Sie auch: Welcher Wein zu Trüffel?
Durchführung der Pasteurisierung
Der Wein wird in Flaschen abgefüllt, die lose mit Aluminiumfolie verschlossen werden. Die Flaschen werden in einem Wasserbad erhitzt, wobei die Weintemperatur für 5 Minuten bei 65°C liegen muss. Nach der Pasteurisierung werden die Flaschen rasch abgekühlt und verschlossen.
tags: #Wein #wieviel #Zuckerzusatz #erlaubt