Zartbitterschokolade im Test: Wie gut sind Rapunzel, Rossmann und Co.?

Die Adventszeit steht vor der Tür und mit ihr die Zeit der süßen Versuchungen. Schoko-Weihnachtsmänner, Adventskalender mit Schokofüllung und Tafelschokolade locken in den Supermarktregalen. Wer gerne Schokolade isst, hat jetzt die Qual der Wahl. Soll die süße Versuchung dann auch noch möglichst nachhaltig sein, wird die Sache allerdings oft kompliziert. ÖKO-TEST hat 21 Bitterschokoladen genauer unter die Lupe genommen.

Was macht Zartbitterschokolade aus?

Schokolade muss mindestens 35 Prozent Kakao enthalten - das legt die Kakaoverordnung fest. Doch es gibt Gepflogenheiten der Süßwarenindustrie. So liegt der Kakaoanteil von Bitterschokolade laut Süßwarenverband BDSI bei mindestens 60 Prozent. Ist die Rede von Halb- oder Zartbitter, müssen es mindestens 50 Prozent sein. Die Schokoladen im Test sind unterschiedlich ausgelobt. Weil Zartbitterschokolade aber eher dem allgemeinen Sprachgebrauch entspricht, sprechen wir im Folgenden von Zartbitterschokolade.

Der große Vorteil von Zartbitterschokolade ist, dass sie durch ihren höheren Kakaoanteil auch mehr sekundäre Pflanzenstoffe enthält. So sei aus zahlreichen Studien am Menschen bekannt, dass sich Lebensmittel mit einem hohen Kakaoanteil, also auch dunkle Schokolade, positiv auf die Gefäßgesundheit auswirke. Das erklärt Sabine Ellinger, Professorin für Humanernährung an der Universität Bonn, gegenüber ÖKO-TEST. Außerdem enthält Zartbitterschokolade weniger Zucker. Die Produkte im Test haben zwischen 21 und 30 Prozent Zucker deklariert und haben damit nur rund halb so viel Zucker wie Milchschokolade.

Testergebnisse: Licht und Schatten

Mit Bestnote schneidet keine Zartbitterschokolade ab, aber immerhin fünf Produkte können für die anstehende Adventszeit mit "gut" empfohlen werden. Manche der Produkte im Test patzen schon bei den Inhaltsstoffen. In knapp der Hälfte der Tafeln bemängeln die Tester Rückstände von gesättigten Mineralölkohlenwasserstoffen (MOSH/MOSH-Analoge). Diese Mineralölbestandteile können zum Beispiel während des Produktionsprozesses in die Schokolade gelangen und sich im menschlichen Fettgewebe sowie in manchen Organen anreichern.

Noch schwerer wiegt, dass das beauftragte Labor auch auf die besonders bedenklichen aromatischen Mineralölkohlenwasserstoffe (MOAH) gestoßen ist. Das wiederum sind Mineralölbestandteile, die aus Sicht der Tester überhaupt nichts in Lebensmitteln zu suchen haben, da sich unter ihnen auch krebserregende Vertreter befinden können. In einigen Zartbitterschokoladen hat das Labor auch Rückstände von bis zu drei Pestiziden gemessen. Tatsächlich steigt der Einsatz von Pestiziden im Kakao-Anbau derzeit - wegen der sich auf den Feldern ausbreitenden Krankheiten. Mehrfachbelastungen mit Spritzmitteln werden wegen noch unzureichend erforschter Wechselwirkungen jedoch kritisch gesehen. Böden können bekanntermaßen Cadmium enthalten - so kann das Schwermetall auch von den Kakaobohnen aufgenommen werden. Doch es reichert sich im Körper an und kann bei langfristiger Aufnahme zu Nieren- und Knochenschäden führen.

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Mischen Hersteller natürliches Aroma in die Rezeptur, halten die Tester das für komplett unnötig. Die Kakaobohne selbst enthält ein ganzes Feuerwerk an hunderten von Aromen - nachhelfen muss da in den Augen der Tester keiner.

Kakaoanbau: Transparenz und Verantwortung

Die Probleme beim Kakaoanbau sind seit Langem bekannt und bei einem Test von Schokolade wollten die Tester es deshalb ganz genau wissen: Kennen die Anbieter die Lieferkette bis zum Ursprung der in ihrer Kakaomasse verwendeten Bohnen? Kümmern sie sich darum, dass sich beim Thema Kinderarbeit etwas ändert? Haben sie einen Plan, wann und wie sie zu existenzsichernden Einkommen der Bauern am Ende ihrer Lieferketten beitragen könnten? Transparenz ist wichtig, denn sie ist die Voraussetzung für alles andere. Immerhin: Alle 21 Anbieter beantworteten den Fragebogen - mehr oder weniger ausführlich.

Die Situation im Kakaomarkt ist verrückt derzeit: Auf dem Weltmarkt gehen die Preise für Kakaobohnen durch die Decke und haben sich seit Frühjahr 2023 fast verdreifacht. Das müsste die häufig prekäre Einkommenssituation der Kleinbauern am Ende der Lieferketten entspannen, sollte man meinen. Zentrales Ziel muss also sein, dass Bauern ein stabiles Einkommen auf existenzsicherndem Niveau erzielen können, das neben Nahrung auch für Bedürfnisse wie Bildung oder Gesundheitsvorsorge reicht. Neun Schokoladen im Test tragen ein Fairtrade-Label auf der Verpackung, was schon einmal gut ist. Doch selbst der dort garantierte Mindestpreis ist dafür zu niedrig. Fairtrade hat darüber hinaus für die Länder Ghana und Elfenbeinküste jenen Kakao-Preis errechnet, den Bauern für ein existenzsicherndes Einkommen erzielen müssten - den so genannten Living Income Reference Price (LIRP). Verlässliche Preise auf existenzsicherndem Niveau sind so wichtig, weil sie mehrere Probleme im Kakao-Anbau an der Wurzel packen, vor allem das der illegalen Kinderarbeit. Laut einer Studie der Uni Chicago von 2020 schuftet an der Elfenbeinküste und in Ghana beinahe jedes zweite Bauernkind auf den Kakao-Feldern der Familie. Bitter: Kein Anbieter im Test kann für seine Schokolade Kinderarbeit komplett ausschließen. Zwar glaubt Friedel Hütz-Adams, der sich beim Bonner Südwind-Institut seit Langem mit Kakao-Lieferketten beschäftigt, dass "durch die deutlich gestiegenen Einkommen die Kinderarbeit tendenziell sinken wird". Und es kann nicht sein, dass die Frage, ob ein Kind in Ghana überhaupt zur Schule gehen kann, mit den schwankenden Preisen im Kakaomarkt steht und fällt.

Verlierer im Test

Von 21 Zartbitterschokoladen im Test schneiden zwei nur mit "ungenügend" ab:

  • Die Lindt Excellence Mild 70% Cacao Edelbitter Mild
  • Die Best Moments Edelbitter-Schokolade, 74% Kakao von Penny

Die Lindt-Schokolade enthält, wie mehrere Kandidaten, die Mineralölbestandteile MOSH/MOSH-Analoge, die sich im menschlichen Fettgewebe sowie in manchen Organen anreichern können. Außerdem gab sich Lindt & Sprüngli als einziger Hersteller im Test reichlich zugeknöpft, was eine transparente Lieferkette betrifft: Das Unternehmen war nicht einmal bereit, die Ursprungsländer der für sein Produkt verwendeten Kakaobohnen zu nennen. Ausgerechnet die Schweizer Schokoladenmarke, die Anfang des Jahres noch wegen Kinderarbeit in Ghana Schlagzeilen im Schweizer Sender SRF machte, schickte zwar einen allgemeinen Nachhaltigkeitsbericht. Dementsprechend ist die Lieferkette für die getestete Charge aus Sicht der Tester nicht belegt, genauso wenig wie faire und sichere Arbeitsbedingungen sowie existenzsichernde Einkommen und Löhne. Kinderarbeit können die Tester, wie bei allen Produkten im Test, auch nicht ausschließen. Allerdings sehen sie Maßnahmen zur Präventation von Kinderarbeit bei Lindt & Sprüngli als teilweise belegt an, ebenso wie unternehmerische Sorgfaltspflichten. Das Gesamturteil entspricht dem schlechtesten der beiden Testergebnisse Inhaltsstoffe und CSR. Weil die Lindt Excellence Mild 70% Cacao Edelbitter Mild im Test "erhöhte" Gehalte an Mineralölbestandteilen enthält, ziehen die Tester zwei Noten ab. Das "ungenügende" Testergebnis CSR kommt zustande, weil Lindt & Sprüngli so gut wie keine Einblicke in die Lieferkette gegeben hat und seine Bemühungen für eine nachhaltige und faire Lieferkette wenig belegen konnte.

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Die "ungenügende" Best Moments Edelbitter-Schokolade, 74 % Kakao von Penny dagegen enttäuscht vor allem mit ihren Inhaltsstoffen. So stecken neben aus Sicht der Tester "stark erhöhten" Gehalten an MOSH/MOSH-Analogen auch die bedenklicheren Mineralölbestandteile MOAH in der Schokolade. Anbieter Penny reagierte auf die Laboranalysen und legte zum chargengleichen Produkt ein Gutachten vor. Was die Lieferkette betrifft, zeigt sich Penny deutlich transparenter als Lindt & Sprüngli. Engagement, das über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten hinaus geht, also "zusätzliches Engagement" (zum Beispiel in Form von Projekten im Ursprungsland), ist für die Tester belegt, ebenso wie faire und sichere Arbeitsbedingungen. Das alles hat zur Folge, dass das Testergebnis CSR "befriedigend" ausfällt. MOSH/MOSH-Analoge, MOAH und Pestizid- beziehungsweise Wirkverstärker-Rückstände sorgen für fünf Notenabzüge. Damit lautet das Testergebnis Inhaltsstoffe für die Best Moments Edelbitter-Schokolade, 74 % Kakao "ungenügend".

Worauf beim Kauf achten?

Nachhaltigkeit bei Schokolade schließt nicht nur den Umweltschutzaspekt ein. Es geht auch um gerechte Löhne und faire Arbeitsbedingungen, etwa auf den Kakaoplantagen. Begriffe wie «fair» oder «nachhaltig» sind allerdings gesetzlich nicht geschützt. Ihre Bedeutung kann also je nach Hersteller variieren. Jana Fischer von der Verbraucherzentrale Hamburg rät deshalb auf bestimmte Siegel zu achten:

  • Fairtrade-Siegel: Das grün-blaue Logo soll sicherstellen, dass Arbeitsbedingungen geregelt sind, Kinderarbeit verboten ist und gewerkschaftliche Organisationen auf den Plantagen gefördert werden. Auch ökologische Standards spielen eine Rolle.
  • Rainforest Alliance: Dieses Siegel deckt ebenfalls soziale und ökologische Kriterien ab, ist Fischer zufolge aber etwas schwächer als das Fairtrade-Siegel.
  • EU-Bio-Siegel: Wer Wert auf Bio-Qualität legt, kann auf das Logo dieses Siegels achten. Es besagt, dass mindestens 95 Prozent der Zutaten aus biologischer Landwirtschaft stammen. Allerdings gibt es keine sozialen Anforderungen. Und es gibt noch strengere Bio-Siegel wie Naturland, Demeter und Bioland, so Fischer.

Ein Tipp der Expertin: Sowohl auf das Fairtrade-Siegel als auch auf das EU-Bio-Siegel achten. Mit dieser Kombination habe «man eine gute Sicherheit, dass das Produkt fair und umweltfreundlich hergestellt wurde».

Doch auch kleinere Hersteller, die vielleicht ohne Siegel arbeiten, könnten Fischer zufolge eine gute Wahl sein. Einige von ihnen setzen auf fairen Handel direkt mit den Kakaoplantagen, ganz ohne Zwischenhändler - ein Modell, das ihr zufolge als «Direct Trade» bekannt sei.

Die "guten" im Test

Unter den verantwortungsvollen Herstellern sind fünf Schokoladen, die die Öko-Tester auch in puncto Inhaltsstoffe als «sehr gut» bewertet haben - alle mit 70 Prozent Kakaoanteil:

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  • Tonyʼs Chocolonely Zartbitter
  • Rapunzel Edelbitterschokolade
  • Gepa Grand Noir Zarte Bitter
  • Rapunzel Edelbitterschokolade
  • Ener Bio Feine Bitter Schokolade von Rossmann

Vier davon haben ein Bio-Siegel, zwei tragen die Kennzeichnung der Rainforest Alliance, drei das Fairtrade-Siegel.

Cadmium in Schokolade: Ein Gesundheitsrisiko?

Dunkle Schokolade und Co sollen unterschiedlichen Aussagen zur Folge vor Cadmium nur so strotzen. Der Cadmium-Gehalt in Kakaoerzeugnissen wird behördlich kontrolliert.

"Für Schokolade mit 50% oder mehr Gesamtkakaotrockenmasse beträgt der Grenzwert 0,8 mg/kg."

Nach EU-Vorgabe (1) darf Schokolade ab 50% Anteil der Gesamttrockenmasse pro Kilogramm eine Cadmiummenge von 0,8mg enthalten. Zartbitterschokolade die am EU-Grenzwert hergestellt wird, würde bereits ab wenigen Gramm pro Tag den OEHHA-Grenzwert überschreiten!

Lindt 70% Kakao Schokolade wurde als eines der Produkte mit dem höchsten Cadmium-Gehalt von 116% besagter 4,1mcg in einer Unze (28,3495g) analysiert. Dies entspricht 4,756mcg Cadmium pro Unze und 167,76mcg pro Kilogramm. Dies wiederum bedeutet einen Kilogrammanteil von 0,16776mg.

Lindt 85% Kakao Schokolade wurde mit 80% Cadmium-Gehalt ausgehend von 4,1mcg pro Unze ausgewertet. Dies entspricht 3,28mcg Cadmium pro Unze und 115,7mcg bzw. 0,1157mg pro Kilogramm.

Von einem Leser wurde das Produkt „Low Cadmium Extreme Dark 100“ der Firma Edelmond empfohlen. Der Gehalt an Blei und Cadmium wird jeweils auf der Angebotsseite des Produkts ausgewiesen. Er beträgt derzeit (Stand 11/24) 0,089mg/kg Cadmium und 0,047 mg/kg Blei. Für die ausgewiesen geringere Belastung muss man verglichen mit anderen Produkten natürlich deutlich tiefer in die Tasche greifen.

Die Cadmiumaufnahme der Deutschen wird vom BfR unterschieden in Durchschnitts- und Vielverzehrer. Werte von 2,5mcg/kg/kg/Woche werden bei Vielverzehrern zwischen 14 und 18 Jahren, sowie bei Vegetariern überschritten. Beim Durschnitts-Verzehrer wird die wöchentliche Aufnahme von Cadmium auf 1,5mcg/kg/kg angegeben. Eine 80kg schwere Person nimmt demnach dem BfR zur Folge durchschnittlich 120 bis 200mcg Cadmium über die Ernährung auf. Nicht berücksichtigt ist hierbei die Cadmium-Aufnahme durch Rauchen.

Anders als vielfach kommuniziert sind nicht Kakaoerzeugnisse die relevantesten Cadmium-Quellen sondern weitaus gängigere Lebensmittel wie Getreide, Gemüse, Fisch und Meeresfrüchte. Insbesondere Raucher oder aber Personen die in industriellen Gegenden leben sollten, wo es geht, deren Cadmiumaufnahme kontrollieren und reduzieren.

Bleibt man bei den bekannten Fakten, kann dunkle Schokolade im Falle eines hohen Verzehrs bei gleichzeitiger Verwendung eines stärker kontaminierten Produkts relevant zur Cadmium-Belastung beitragen. Für das Gros aller Verwender darf man an dieser Stelle aber Entwarnung geben. Kakao-Erzeugnisse sind es nicht, über die wir das meiste Cadmium aufnehmen. Wer Cadmium nennenswert minimieren möchte, müsste vor Schokolade und Co spezifische Recherche zum Gehalt in Getreide, Gemüse oder Meereserzeugnissen betreiben die er/sie regelmäßig in höherer Menge verzehrt.

Fazit

Der Test von ÖKO-TEST zeigt, dass es bei Zartbitterschokolade große Unterschiede gibt. Nicht nur der Geschmack, sondern auch die Inhaltsstoffe und die Produktionsbedingungen spielen eine wichtige Rolle. Wer auf Nummer sicher gehen will, achtet auf Bio- und Fairtrade-Siegel und informiert sich über die Hersteller. So kann man die Adventszeit mit gutem Gewissen genießen.

Nutella-Alternativen: Ein Blick über den Schokoladenrand

Neben Zartbitterschokolade gibt es auch zahlreiche Alternativen zu herkömmlichen Nuss-Nougat-Cremes wie Nutella. Diese sind oft biologisch und fair produziert und verzichten auf umstrittene Inhaltsstoffe wie Palmöl.

tags: #Rapunzel #Schokolade #Rossmann

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