Deliktsrecht: Eine umfassende Definition und Übersicht

Das Deliktsrecht, präziser das Recht der unerlaubten Handlungen, ist ein zentraler Bestandteil des deutschen Zivilrechts. Es ist in den §§ 823 bis 852 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelt und dient primär dazu, Schadensersatzansprüche in Situationen zu begründen, in denen keine vertragliche Beziehung zwischen den beteiligten Parteien besteht. Das Deliktsrecht hat eine lange Tradition, die bis ins römische Recht zurückreicht, und wurde im Laufe der Jahrhunderte an gesellschaftliche und politische Veränderungen angepasst.

Anspruchsgrundlagen im Deliktsrecht: Ein Überblick

Das Deliktsrecht umfasst eine Vielzahl von Anspruchsgrundlagen, die in den §§ 823 bis 852 BGB geregelt sind. Diese Normen legen die Voraussetzungen fest, unter denen eine Person für Schäden haftbar gemacht werden kann, die sie einem anderen zugefügt hat. Im Kern geht es darum, den Ausgleich von Schäden zu gewährleisten, die durch unerlaubte Handlungen entstanden sind.

§ 823 I BGB: Die grundlegende Norm

§ 823 I BGB ist die zentrale Vorschrift im Deliktsrecht. Sie normiert die Schadensersatzpflicht für denjenigen, der vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt.

  1. Verletzungshandlung: Als Verletzungshandlung gilt jedes willensgesteuerte menschliche Verhalten, sei es durch aktives Handeln oder durch Unterlassen. Ein Unterlassen ist jedoch nur dann relevant, wenn eine Rechtspflicht zum Handeln bestand. Diese Pflicht kann sich aus Gesetz, Vertrag oder einem vorangegangenen Verhalten (Ingerenz) ergeben, das zum Handeln verpflichtet hätte. Insbesondere verpflichtet ein vorangegangenes Verhalten dann zum Handeln, wenn dabei allgemeine Verkehrspflichten verletzt wurden.

  2. Verletzte Rechtsgüter: § 823 I BGB schützt verschiedene Rechtsgüter:

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    • Körper: Jeder Eingriff in die körperliche Unversehrtheit stellt eine Körperverletzung dar.
    • Gesundheit: Eine Gesundheitsverletzung liegt vor, wenn die inneren Lebensvorgänge gestört werden, also ein pathologischer Zustand hervorgerufen oder gesteigert wird.
    • Freiheit: Die Freiheit ist bei jeder Beeinträchtigung der körperlichen Bewegungsfreiheit verletzt.
    • Eigentum: Das Eigentum ist verletzt, wenn der Eigentümer in der Ausübung seines Eigentumsrechts gemäß § 903 BGB beeinträchtigt wird. Dies umfasst Substanzbeschädigungen (Beschädigung oder Zerstörung, aber auch oberflächliche Verunstaltung), die Behinderung des Gebrauchs, den Entzug der Sache sowie Beeinträchtigungen der Rechtsstellung des Eigentümers (Verfügung über die Sache oder Rechte daran). Es ist jedoch zu beachten, dass der Eigentümer aufgrund anderer Vorschriften verpflichtet sein kann, die Beeinträchtigung zu dulden.
    • Sonstiges Recht: Diese Kategorie umfasst alle sonstigen relevanten Rechte, deren Beeinträchtigung den Tatbestand des § 823 I BGB erfüllen kann. Gemeint sind damit absolute, d.h. dingliche Rechte, die wie das Eigentum gegenüber jedermann gelten. Dies können z.B. Hypotheken, Grundschulden, Pfandrechte usw. sein, aber auch immaterielle Rechte wie Waren- oder Markenzeichen, Gebrauchsmuster, Patent- oder Urheberrechte. Das Vermögen als solches stellt dagegen kein sonstiges Recht dar.
      • Allgemeines Persönlichkeitsrecht: Dieses durch die Rechtsprechung entwickelte Institut schützt vor allem die persönliche Ehre, wobei im Gegensatz zu einer möglichen Abgeltung solcher Verletzungen über § 823 II BGB auch fahrlässige Beeinträchtigungen abgedeckt werden.
      • Familienrechte: Ein weiterer Bestandteil der sonstigen Rechte sind solche der Familie, wobei die elterliche Gewalt unstreitig als geschützt gilt, der Schutz der ehelichen Gemeinschaft dagegen bereits umstritten ist.
      • Besitz: Umstritten ist, in welcher Weise der Besitz als sonstiges Recht durch § 823 I BGB geschützt wird. Dabei geht es lediglich darum, ob nur der berechtigte unmittelbare Besitz oder auch der unberechtigte unmittelbare Besitz geschützt werden soll. Unstrittig ist dagegen, dass auch der mittelbare Besitzer in den Genuss des Schutzes der Vorschrift kommen soll.
      • Eingerichteter und ausgeübter Gewerbebetrieb: Dieses sonstige Recht schützt den gesamten Geschäftsbetrieb, vor allem aber den Kundenstamm und die Geschäftsbeziehungen. Dazu zählen insbesondere der Kundenstamm, Warenbezeichnungen, Geschäftsbeziehungen, Außenstände u.ä. Der Schutz gilt jedoch nur gegen unmittelbare Eingriffe, um eine ungebührliche Ausweitung zu vermeiden.
  3. Kausalität: Das schädigende Verhalten muss ursächlich für die Rechtsgutsverletzung gewesen sein. Im Zivilrecht wird hierbei neben der Äquivalenztheorie auch die Adäquanztheorie angewandt. Ein Verhalten ist adäquat kausal, wenn es nicht nur unter höchst ungewöhnlichen, selbst für den optimalen Beobachter nicht vorhersehbaren Umständen geeignet ist, den missbilligten Erfolg herbeizuführen, also nicht außerhalb der allgemeinen Lebenswahrscheinlichkeit liegt. Ein weiteres wichtiges Kriterium ist der Schutzzweck der Norm.

  4. Rechtswidrigkeit: Weiterhin muss das schädigende Verhalten rechtswidrig gewesen sein. Eine Ausnahme bilden Verletzungen einiger sonstiger Rechte, des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sowie des Rechtes am ausgeübten und eingerichteten Gewerbebetrieb. Hier wird es wegen der vielen möglichen Beeinträchtigungen aus prinzipiell erlaubten Verhaltensweisen für angemessen erachtet, die Rechtswidrigkeit im Einzelfall positiv festzustellen.

  5. Verschulden: Eine Haftung aus § 823 I BGB setzt ein Verschulden voraus. Hier ergeben sich erneut Unterschiede zum Strafrecht, denn im Zivilrecht gilt die im Strafrecht nicht mehr zur Anwendung kommende kausale Handlungslehre. Fahrlässig handelt nach § 276 II BGB, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Für den Vorsatz gelten die im Strafrecht geltenden Maßgaben. Vorsätzlich handelt demnach auch hier, wer mit Wissen und Wollen das tatbestandliche Unrecht verwirklicht.

  6. Verschuldensfähigkeit: Der Verletzer muss verschuldensfähig gewesen sein. Verschuldensunfähig sind Personen, die zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung das siebte Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder sich im Zustand der Bewusstlosigkeit bzw. einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befanden. Etwas anderes gilt jedoch, falls sie diesen Zustand selbst herbeigeführt haben (§ 827 S. Nach § 828 II BGB sind Personen, die das 10. Beschränkt verschuldensfähig sind Personen, die das siebte, aber nicht das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben und die somit auch beschränkt geschäftsfähig sind.

  7. Schaden: Für die Begründung eines Schadensersatzanspruches muss natürlich auch ein Schaden entstanden sein. Als solcher gilt jede Beeinträchtigung einer vermögenswerten Rechtsposition.

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  8. Haftungsausfüllende Kausalität: Die haftungsausfüllende Kausalität ist der kausale Zusammenhang zwischen Rechtsgutverletzung und Schaden, wobei auch hier die Äquivalenztheorie, die Adäquanztheorie und der Schutzzweck der Norm zum Einsatz kommen. Die Rechtsgutverletzung muss somit äquivalent und adäquat kausal für den Schadenseintritt gewesen sein.

  9. Rechtsfolge: Die Rechtsfolge des § 823 I BGB ist der Anspruch auf Schadensersatz des Geschädigten gegen den Schädiger.

§ 823 II BGB: Schutzgesetze

Der zweite Absatz des § 823 BGB erweitert den Kreis der durch unerlaubte Handlungen abgedeckten Schäden noch einmal. Er bestimmt, dass eine Schadensersatzpflicht auch dann besteht, wenn gegen ein Gesetz verstoßen wird, das dem Schutz eines anderen dient (Schutzgesetz).

  1. Schutzgesetz: Als Schutzgesetz gilt jede Rechtsnorm, die dem Schutz der Interessen eines anderen dienen soll, also nicht nur Gesetze, sondern auch Verordnungen und Satzungen. Dabei handelt es sich vor allem um Strafvorschriften. Es kommen jedoch auch entsprechend wirkende Vorschriften aus anderen Rechtsgebieten in Betracht. Die entsprechende Norm muss jedoch zumindest auch den Schutz einer anderen Person bezwecken.
  2. Verstoß gegen das Schutzgesetz: Der Verstoß gegen das Schutzgesetz muss hier inzident geprüft werden.
  3. Verschulden: Die Anforderungen für ein Verschulden richten sich grundsätzlich nach denen des verletzten Schutzgesetzes. Doch Vorsicht: während für die Verwirklichung des § 823 II BGB grundsätzlich Fahrlässigkeit oder Vorsatz ausreichen, hat dies keinen Einfluss auf die Verschuldensform des Schutzgesetzes. Falls für seine Verletzung Vorsatz erforderlich ist, dann muss es auch vorsätzlich verletzt worden sein. Setzt die Verwirklichung der Schutzvorschrift dagegen kein Verschulden voraus, so muss wenigstens Fahrlässigkeit vorliegen.
  4. Schutzzweck der Norm: Grundsätzlich gilt auch hier das zu § 823 I BGB Ausgeführte. Es gilt es jedoch besonders darauf zu achten, ob der angerichtete Schaden auch in den Schutzbereich der verletzten Norm fällt. Zu diesem Zweck muss der Schutzzweck der Norm ermittelt werden, wobei zwischen dem persönlichen und dem sachlichen Schutzbereich unterschieden wird.

Weitere Anspruchsgrundlagen

Neben den zentralen Vorschriften des § 823 BGB gibt es weitere Anspruchsgrundlagen im Deliktsrecht:

  • § 824 BGB: Diese Vorschrift schützt vor kreditschädigenden Äußerungen. Zu beachten ist hier der spezielle Rechtfertigungsgrund des § 824 II BGB, der Ähnlichkeit mit § 193 StGB hat. Anders als bei der Strafvorschrift reicht es hier für ein berechtigtes Interesse an der Mitteilung bereits aus, wenn der Empfänger ebenfalls derartige Interessen hat.
  • § 826 BGB: Diese Vorschrift betrifft die vorsätzliche sittenwidrige Schädigung. Eine Sittenwidrigkeit soll dann gegeben sein, wenn „ein Verstoß gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden“ vorliegt. Dieser sehr schwammige Begriff bedarf der weiteren Ausfüllung, insbesondere in einer immer stärker fragmentierten Gesellschaft. Es kann Ausnahmen von diesem Prinzip geben, wenn es um Verhaltensweisen geht, die nur einen bestimmten Personenkreis betreffen. Die Sittenwidrigkeit kann sich jedoch stets auch aus dem angewandten Mittel, dem angestrebten Zweck oder aus der Kombination der beiden ergeben.
  • § 831 BGB: Im Gegensatz zu den vorhergehenden Vorschriften für tatsächliches Verschulden regeln die §§ 831 ff. BGB die Haftung für ein vermutetes Verschulden. § 831 BGB behandelt die Haftung für Verrichtungsgehilfen. Ein Verrichtungsgehilfe ist eine Person, die „vom Geschäftsherrn eine Tätigkeit in dessen Interesse übertragen bekam und von diesem in einer gewissen Abhängigkeit steht“. Ein Teil des Schrifttums verlangt außerdem eine Weisungsgebundenheit des Verrichtungsgehilfen. Der Schaden muss tatsächlich bei Ausführung der Verrichtung entstanden sein, ein Schadenseintritt aus anderem Grunde (z.B. Eine Entlastung (oder Exkulpation) nach § 831 I 2 BGB kann nur stattfinden, wenn der Geschäftsherr nachweist, dass er den Verrichtungsgehilfen hinreichend sorgfältig überwacht und ausgewählt hat.
  • § 833 BGB: Diese Vorschrift regelt die Tierhalterhaftung. Es wird unterschieden zwischen der vermuteten Verschuldenshaftung des Tierhalters für Nutztiere (§ 833 S. 1 BGB) und der Gefährdungshaftung des Tierhalters für Luxustiere (§ 833 S. 2 BGB). Dafür ist es erforderlich, dass der Schaden gerade durch die besondere Gefahr verursacht wurde, die mit der tierischen Natur einhergeht („spezifische Tiergefahr“). Dies gilt auch dann, wenn das Tier nur auf äußere Reize reagiert, nicht aber, wenn das Tier als Werkzeug gebraucht wird, z.B. Tierhalter ist, wer nicht nur vorübergehend in eigenem Interesse ein Tier verwendet. Der Halter muss nicht Eigentümer sein und er braucht auch nicht geschäftsfähig zu sein. Geschäftsfähigkeit ist jedoch erforderlich für die Begründung der Haltereigenschaft. Ein Ausschluss der Tierhalterhaftung nach § 833 S. Die Haftung des Tierhüters scheidet nach § 834 S. 2 BGB aus, wenn er die Vermutung der Ursächlichkeit seines Verschuldens oder seiner Aufsichtspflichtverletzung widerlegt.
  • §§ 836 ff. BGB: Diese Spezialvorschriften gelten für Schäden durch Gebäudeeinstürze u.ä.

Besondere Konzepte im Deliktsrecht

Im Deliktsrecht gibt es einige Konzepte des Verschuldens und der Gefahrenübernahme, die für dieses Rechtsgebiet typisch sind und einer näheren Erläuterung bedürfen.

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Organisationsverschulden

Es ergeben sich regelmäßig Probleme, wenn der Gegner eines Schadensersatzanspruches eine Organisation ist, in deren Bereich sich das schädigende Ereignis abgespielt hat. Dies gilt ganz besonders für große Körperschaften wie Konzerne und Unternehmen, aber auch für Betriebe. Die heute weitestgehend akzeptierte Lösung des Problems ist das Konzept des Organisationsverschuldens. Dabei wird verlangt, dass die Organisationsstruktur des Unternehmens so beschaffen sein muss, dass eine ständige Kontrolle der Abläufe und Überwachung der Mitarbeiter in einem Maße gewährleistet ist, dass die im Verkehr erforderliche Sorgfalt eingehalten ist. Entscheidend ist dabei die sorgfältige Auswahl der Mittelspersonen, an welche das Führen der Aufsicht delegiert wird; man spricht hier vom sogenannten dezentralisierten Entlastungsbeweis - der Geschäftsherr ist exkulpiert, wenn er die Mittelsperson und diese ihrerseits den schädigenden Angestellten sorgfältig ausgewählt, angeleitet und überwacht hat. Falls das nicht der Fall ist, haftet der Inhaber grundsätzlich ohne die Möglichkeit einer Entlastung. Beim Organisationsverschulden kann es - wie auch bei § 831 BGB und bei der Produzentenhaftung (s.u.) - zu einer Umkehr der Beweislast kommen.

Verkehrssicherungspflichten

Verkehrssicherungspflichten können sowohl durch Gesetz entstehen als auch aus allgemeinen Rechtsgedanken entspringen. Verkehrseröffnung (z.B. Verkehrssicherungspflichten sind grundsätzlich auf geeignete Aufsichtspersonen übertragbar.

Produzentenhaftung

Früher war die Haftung des Produzenten von Gütern, durch die Schäden entstanden, nur über § 823 I BGB möglich. Das Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) erfordert kein Verschulden.

  1. Fehler: Die Definition für einen Fehler findet sich in § 3 ProdHaftG.
  2. Produzent: Der Begriff des Produzenten ist in § 4 ProdHaftG definiert. Neben dem tatsächlichen Hersteller kommen andere in ähnlicher Stellung in Betracht, z.B. ggf.
  3. Geschützte Rechtsgüter: Geschützte Rechtsgüter sind Leben, Körper und Gesundheit. Sachbeeinträchtigungen sind nur relevant, wenn sie an anderen Dingen als dem fehlerhaften Produkt entstehen.
  4. Schadensumfang: Der Schadensumfang ist in §§ 7-11 ProdHaftG geregelt. Ansprüche aus unerlaubter Handlung aus dem BGB bleiben unberührt, § 10 ProdHaftG regelt Höchstbeträge. Für Sachschäden sieht § 15 ProdHaftG eine Selbstbeteiligung von 500 € vor.
  5. Ausschluss: Ein Ausschluss kommt - neben der Selbstbeteiligung nach § 11 ProdHaftG - aus § 1 II und III ProdHaftG in Frage.
  6. Verletzendes Verhalten: Das verletzende Verhalten kann im Inverkehrbringen oder unzureichenden Sichern der fehlerhaften Produkte liegen, meist also in einem positiven Tun oder im Verstoß gegen eine Verkehrssicherungspflicht durch Unterlassen. Fabrikationsfehler sind regelmäßig nicht durch das Verschulden des Herstellers, sondern eines einzelnen Mitarbeiters entstanden, so dass lediglich eine Haftung nach § 831 BGB in Frage kommt. Da ein Entlastungsbeweis in diesem Fall meist leicht fällt, würden die Rechte des Verbrauchers stark eingeschränkt, weswegen die Beweislast in diesem Fall nach den Regeln des Organisationsverschuldens umgekehrt wird.

Gefährdungshaftung im Straßenverkehrsrecht

Das wichtigste Anwendungsgebiet der Gefährdungshaftung ist unzweifelhaft das Straßenverkehrsrecht. Halter ist, wer die tatsächliche Verfügungsgewalt in Händen hält und das Fahrzeug auf eigene Rechnung gebraucht. Ausnahmen von der Haftung des § 7 StVG sind in § 8 StVG vorgesehen. Ein vollständiger Ausschluss der Haftung ist sonst nur nach § 7 II StVG bei höherer Gewalt möglich. Dieses betriebsfremde Ereignis kommt grundsätzlich von außen und konnte vom Halter auch bei größtmöglicher Sorgfalt nicht verhindert werden.

Schadensersatz und seine Bemessung

Der Schadensersatz bei Sachschäden wird durch §§ 848 - 851 BGB geregelt. Der Umfang der Ersatzpflicht ergibt sich aus §§ 842 und 843 BGB. Dem Geschädigten kann außerdem ggf. ein Anspruch auf Schmerzensgeld nach § 253 II BGB zustehen. Letztere Vorschrift stellt eine Ausnahme vom allgemeinen Grundsatz des § 253 BGB dar, dass immaterielle Schäden grundsätzlich nicht ersatzfähig sind, außer in besonders geregelten Fällen. Umstritten ist dabei lediglich die Ersatzfähigkeit von Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes, die im Gesetz nicht vorgesehen, aber durch die Mehrheit der Rechtsprechung und des Schrifttums anerkannt wird. Lediglich mittelbar geschädigte Personen können durch § 844 BGB Ersatzansprüche erheben, wenn eine Person getötet wurde.

Deliktsrecht: Fälle

Um die verschiedenen Haftungsgründe noch einmal näherzubringen, haben wir drei Beispielfälle zu den verschiedenen Haftungsgründen vorbereitet:

HaftungsgründeBeispiel einer NormTypische Fälle des Deliktsrechts
Verschuldenshaftung§ 823 Abs. 1 BGBBruno Baumeister schlägt deinen Bruder Emil zusammen, sodass er mehrere Knochenbrüche erleidet und zwei Wochen im Krankenhaus verbringen muss. Hier hat Emil aufgrund der Schmerzen und des Krankenhausaufenthaltes Schadensersatzansprüche gegen Bruno.
Vermutete Verschuldenshaftung§ 833 BGBDu spielst mit deinem Bruder Ben auf einem öffentlichen Sportplatz Fußball. Zeitgleich geht Karla Böller mit ihrem Bullterrier, der weder angeleint ist, noch einen Maulkorb trägt, Gassi. Plötzlich rennt der Bullterrier auf Ben los und beißt sich an dessen Oberschenkel fest. Ben erleidet eine tiefe Fleischwunde, die mit mehreren Stichen genäht werden muss. Karla ist als Halterin des Bullterriers verpflichtet, etwaigen Schadensersatzforderungen von Ben nachzukommen.
Gefährdungshaftung§ 1 Abs. 1 S. 1 ProdHaftGDeine Oma Elise hat aufgrund ihrer kaputten Hüfte starke Schmerzen, sodass sie eine Hüftendoprothese bekommen soll. Die Operation verläuft soweit reibungslos, bis sie nach 3 Wochen erneut mit massiven Schmerzen ins Krankenhaus eingeliefert wird. Hier stellt sich nun heraus, dass die eingesetzte Prothese, wie bei einigen anderen Patienten auch, fehlerhaft war. Daher hat deine Oma Schadensersatzansprüche gegen den Hersteller der Prothese.

Das letzte Beispiel basiert auf einem Urteil des Kammergerichts Berlin. Wenn du das Urteil einmal lesen möchtest, findest du dies unter: KG Berlin, Urteil vom 28. August 2015 - Az. 4 U 189/11.

Die historische Entwicklung des Deliktsrechts

Das Deliktsrecht hat eine lange und wechselvolle Geschichte. Seine Wurzeln liegen im römischen Recht, wo bereits im Zwölftafelgesetz Regelungen zu unerlaubten Handlungen und deren Sanktionierung existierten. Im Laufe der Jahrhunderte wurde das Deliktsrecht weiterentwickelt und an die jeweiligen gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse angepasst.

Im Jahr 286 v. Chr. wurde das Schadensersatzrecht durch die Einführung der Lex Aquilia erweitert. Sie enthielt zahlreiche Anspruchsgrundlagen in Bezug auf deliktisches Handeln. Hier war bereits der Grundsatz verankert, dass das unerlaubte Verhalten auch rechtswidrig gewesen sein muss. Demzufolge musste derjenige, der sich im Zuge einer Notwehrhandlung verteidigte, keine Schadensersatzansprüche fürchten.

Das aus dem römischen Reich übernommene Deliktsrecht galt in seinen Grundzügen noch bis weit ins 18. Jahrhundert hinein und wurde erst durch die Ideen der Aufklärung zunehmend in Frage gestellt. So sollten Gesetze vermehrt kodifiziert, das heißt in Gesetzessammlungen und Gesetzesbüchern festgeschrieben werden. Auf diesem Grundsatz basiert auch das Bürgerliche Gesetzbuch, welches am 1. Januar 1900 in Deutschland in Kraft trat.

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