Zuckerzusatz im Wein: Eine umfassende Betrachtung

Der Zusatz von Zucker bei der Weinherstellung ist ein Thema, das sowohl bei Hobbywinzern als auch bei professionellen Weinproduzenten von Bedeutung ist. Es gibt verschiedene Gründe für die Verwendung von Zucker, aber es ist wichtig, die Auswirkungen auf den Wein und die rechtlichen Rahmenbedingungen zu verstehen.

Gründe für den Zuckerzusatz

Zucker wird in der Weinherstellung hauptsächlich aus folgenden Gründen eingesetzt:

  • Erhöhung des Alkoholgehalts: Durch Zugabe von Zucker vor oder während der Gärung (Anreicherung) kann der Alkoholgehalt des Weins erhöht werden. Dies ist besonders in Jahren mit ungünstigen Witterungsbedingungen von Bedeutung, in denen die Trauben nicht ausreichend Zucker bilden.
  • Stabilisierung des Weins: Ein gewisser Restzuckergehalt kann dazu beitragen, den Wein zu stabilisieren und Nachgärungen zu verhindern.
  • Einstellung der Restsüße: Nach der Gärung kann Zucker zugesetzt werden, um die gewünschte Restsüße des Weins einzustellen (z. B. bei lieblichen, halbtrockenen oder Dessertweinen).

Die Anreicherung (Chaptalisation)

Die Anreicherung, auch Chaptalisation genannt (nach dem französischen Chemiker Jean-Antoine Chaptal), ist die legale Zugabe von Zucker zum Traubensaft oder Most vor oder während der Gärung, um den Alkoholgehalt des späteren Weins zu erhöhen. In Österreich wird dies als "Aufbessern" bezeichnet, in Deutschland hieß es früher "Verbessern".

Rechtliche Rahmenbedingungen

Die EU regelt die zulässigen Zuckermengen für die Anreicherung. In Deutschland dürfen Moste in bestimmten Weinbaugebieten (mit Ausnahme Badens) mit bis zu 60 g Zucker pro Liter Wein angereichert werden, was maximal 24 g Alkohol oder 3 Vol.% mehr entspricht. Baden darf nur um maximal 20 g Alkohol pro Liter anreichern. Prädikatsweine (ab Qualitätsstufe Kabinett) dürfen nicht aufgezuckert werden.

Kritik an der Anreicherung

Die Anreicherung wird von einigen Weinkritikern kritisiert, da sie als Methode zur Verbesserung "schwacher" Jahrgänge angesehen wird und das Mundgefühl von Rotweinen, insbesondere von Pinot Noir, negativ verändern kann. Einige Winzer, vor allem in Kalifornien, arbeiten daher daran, möglichst niedrige natürliche Alkoholgehalte durch entsprechende Arbeit im Weinberg zu realisieren, ohne dass Geschmacksreichtum und Mundgefühl darunter leiden.

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Praktische Aspekte des Zuckerzusatzes

Berechnung der benötigten Zuckermenge

Die Berechnung der benötigten Zuckermenge ist ein wichtiger Schritt bei der Weinherstellung. Im bereitgestellten Beispiel wird die Herstellung von 10 Litern Johannisbeerwein erläutert. Die verwendete Heferasse "Tokaier" hat eine Alkoholtoleranzgrenze von 15 Vol.%. Um diese zu erreichen, ist ein Mostgewicht von 120°Oe erforderlich, was einer Zuckermenge von 312 g/l entspricht.

Probleme bei der Berechnung

Die Berechnung der benötigten Zuckermenge ist jedoch nicht immer einfach. Einige Probleme können auftreten:

  • Umrechnungsfaktor: Der Umrechnungsfaktor "20,5 g/l Zucker bilden 1 Volumenprozent Alkohol" ist nicht immer verlässlich und kann variieren.
  • Zuckergehalt der Früchte: Der Zuckergehalt der Früchte kann nicht exakt bestimmt werden, da der Fruchtsaft viele andere Substanzen und Trübstoffe enthält, die das Mostgewicht beeinflussen.
  • Maischegärung: Bei der Maischegärung ist die Zuckerbestimmung noch problematischer, da die Oechslewaage aufgrund des dickflüssigen Breis oft nicht eingesetzt werden kann.

Auswirkungen hoher Zuckerkonzentrationen

Weinansätze mit hoher Zuckerkonzentration sind schwer zu vergären. Eine Zuckerkonzentration von über 25 % kann die Gärung verlangsamen und den Endalkoholgehalt senken. Dies liegt daran, dass hohe Konzentrationen gelöster Stoffe im umgebenden Milieu für die Hefe einen enormen Stressfaktor darstellen, was zu osmotischem Stress und einer langsameren Gärung führt.

Stabilisierung des Weins nach der Gärung

Nach der Gärung ist es wichtig, den Wein zu stabilisieren, um Nachgärungen und unerwünschte mikrobielle Stoffumsätze zu verhindern. Hierfür gibt es verschiedene Methoden:

  • Abziehen vom Bodensatz: Nach der Gärung wird der Wein vom Bodensatz abgezogen, um die Hefe zu entfernen.
  • Einstellung der Restsüße: Der Wein kann mit Zucker oder zurückgehaltenem Fruchtsaft versetzt werden, um die gewünschte Restsüße einzustellen.
  • Entfernung der Hefe: Um Nachgärungen zu verhindern, müssen alle Hefen sicher aus dem Wein entfernt werden. Dies ist durch Filtration oder Pasteurisierung möglich.
  • Schwefelung: Die Schwefelung des Weins kann die Gärung verlangsamen, aber nicht immer sicher stoppen.
  • Pasteurisierung: Eine kurze Hitzebehandlung (Pasteurisierung) kann die Hefen sicher abtöten.

Die Pasteurisierung

Die Pasteurisierung ist eine Methode zur Konservierung von flüssigen Lebensmitteln, bei der die Flüssigkeiten kurzzeitig auf Temperaturen von 60-90°C erhitzt werden. Dadurch werden viele Mikroorganismen abgetötet, wodurch das Lebensmittel nicht mehr so rasch verderben kann.

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Durchführung der Pasteurisierung

Bei der Pasteurisierung von Wein wird dieser nach der Gärung, dem Abziehen vom Hefebodensatz und der Schönung in Flaschen abgefüllt, die mit einem Stück Aluminiumfolie provisorisch verschlossen werden. Die Flaschen werden dann in einem Wasserbad erhitzt, wobei die Temperatur für etwa fünf Minuten bei 65°C liegen sollte. Nach der Pasteurisierung werden die Flaschen rasch abgekühlt und verschlossen.

Auswirkungen auf den Geschmack

Die Pasteurisierung kann das Weinaroma beeinträchtigen und einen "Kochgeschmack" verursachen. Dieser entsteht durch die Flüchtigkeit vieler Aromastoffe und komplexe stoffliche Veränderungen in den erhitzten Lebensmitteln. Ein Maß für die hitzebedingte Aromabildung ist das Auftreten von Hydroxymethylfurfural (HMF).

Alternative zur Pasteurisierung

Heutzutage ist der Hygienestandard und die Filtrationstechnik so weit fortgeschritten, dass auf die Pasteurisierung von Wein meist verzichtet werden kann. Für den Hobbywinzer, der nicht über einen Filter verfügt, ist die Pasteurisierung aber eine Möglichkeit, um Nachgärungen in der Flasche zu verhindern.

Die Bedeutung der korrekten Zuckeranalyse

Die korrekte Zuckeranalyse ist ein wichtiger Faktor bei der Weinherstellung. Der Zuckergehalt kann mit einem Refraktometer analysiert werden. Digitale Refraktometer sind besonders geeignet, da sie individuelle Ablesefehler vermeiden und eine höhere Genauigkeit aufweisen.

Messung des Zuckergehalts

Digitale Handrefraktometer können den Zuckergehalt von Trauben und Most einfach und schnell bestimmen. Sie basieren auf dem Prinzip der refraktiven Indexmessung und verfügen über eine automatische Temperaturkompensation.

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Restzuckergehalt

Der Restzuckergehalt in Wein soll bei trockenen Weinen um bis zu 2 g/l höher als die Gesamtsäure (maximal 9 g/l), bei halbtrockenen Weinen um bis zu 10 g/l höher als die Gesamtsäure (maximal 18 g/l) liegen. Der Restzucker kann dazu dienen, dem Endprodukt einen süßeren Charakter zu verleihen oder es stabil zu halten.

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