Gift, das nach Marzipan schmeckt: Blausäure und ihre Vorkommen

Blausäure, auch bekannt als Cyanwasserstoff, ist eine hochgiftige Substanz, die natürlicherweise in einigen pflanzlichen Lebensmitteln vorkommt. Ihr charakteristischer Geruch erinnert an Bittermandeln, was zu Verwechslungen mit Marzipan führen kann. Dieser Artikel beleuchtet die Gefahren von Blausäure, ihre Vorkommen in Lebensmitteln und gibt Hinweise zum sicheren Umgang mit potenziell belasteten Produkten.

Was ist Blausäure?

Blausäure (Cyanid) ist eine farblose bis leicht gelbliche, brennbare und wasserlösliche Flüssigkeit. Sie hat einen Siedepunkt von 26 °C und verdunstet bei Raumtemperatur schnell. Schon in geringen Mengen ist Blausäure äußerst giftig. Bereits 1-2 mg pro kg Körpergewicht können tödlich wirken.

Wie wirkt Blausäure?

Die primäre Giftwirkung der Blausäure besteht in der Blockade der Sauerstoffbindung. Cyanid bindet sich irreversibel an das Eisen(III)-Ion in der Cytochrom c Oxidase, einem Schlüsselenzym der Atmungskette in den Mitochondrien der Zelle. Dadurch wird die Zellatmung unterbunden, die Zelle kann Sauerstoff nicht mehr zur Energiegewinnung nutzen, was zum Zelltod führt.

Symptome einer Blausäurevergiftung

Bei einer Vergiftung mit sehr hohen Blausäurekonzentrationen kommt es innerhalb von Sekunden zu Hyperventilation, Atemstillstand, Bewusstlosigkeit und schließlich Herzstillstand. Ein typisches Anzeichen einer Cyanidvergiftung ist eine hellrote Färbung der Haut, da das venöse Blut noch mit Sauerstoff angereichert ist, der aber von den Zellen nicht verwertet werden kann. Auch Leichenflecke können leuchtend rot sein und zusammen mit dem Bittermandelgeruch einen Hinweis auf einen unnatürlichen Tod geben.

Behandlung einer Blausäurevergiftung

Bei Cyanid-Vergiftungen wird als Antidot 4-Dimethylaminophenol (4-DMAP) eingesetzt. Es wandelt Eisen(II) in Eisen(III) um, was zur Bildung von Methämoglobin führt, das die Cyanidionen bindet. In bestimmten Fällen, insbesondere bei gleichzeitiger Kohlenmonoxidvergiftung, wird Hydroxycobalamin (Cyanokit®) verwendet.

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Vorkommen von Blausäure in Lebensmitteln

Blausäure kommt in der Natur in gebundener Form als cyanogene Glykoside in verschiedenen Pflanzen vor. Besonders hohe Gehalte finden sich in:

  • Bitteren Aprikosenkernen: Hier kann der Blausäuregehalt sehr hoch sein, weshalb vom Verzehr größerer Mengen abgeraten wird. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) empfiehlt, nicht mehr als zwei bittere Aprikosenkerne pro Tag zu verzehren oder ganz darauf zu verzichten.
  • Bitteren Mandeln: Ähnlich wie bei Aprikosenkernen enthalten bittere Mandeln Amygdalin, eine Vorstufe der Blausäure.
  • Leinsamen: Auch Leinsamen enthalten cyanogene Glykoside, jedoch in geringeren Mengen als bittere Aprikosenkerne und bittere Mandeln.

Weitere Lebensmittel mit relevanten Blausäuregehalten sind Maniok, Yamswurzel, Süßkartoffel, Zuckerhirse, Bambus und Limabohnen.

Gesetzliche Regelungen

Die Europäische Union hat Höchstgehalte für Blausäure in bestimmten Lebensmitteln festgelegt. Im Jahr 2017 wurde ein Höchstgehalt für Aprikosenkerne eingeführt, 2022 folgten Höchstgehalte für Leinsamen, Mandeln und Maniok. Diese Höchstgehalte gelten jedoch nicht für unverarbeitete ganze, geriebene, gemahlene, geknackte oder gehackte Leinsamen und bittere Mandeln, die in kleinen Mengen für den Endverbraucher in Verkehr gebracht werden, sofern ein Warnhinweis auf der Verpackung angebracht ist, der auf die Notwendigkeit des Kochens oder Backens hinweist.

Blausäure und Marzipan

Der charakteristische Bittermandelgeruch der Blausäure kann leicht mit dem Geruch von Marzipan verwechselt werden. Marzipan wird jedoch aus Süßmandeln hergestellt, die keine Blausäure enthalten. Bittermandeln werden hauptsächlich zur Herstellung von Aromastoffen verwendet, wobei die Blausäure bei der industriellen Verarbeitung entfernt wird.

Unterschied zwischen süßen und bitteren Mandeln

Süße Mandeln können bedenkenlos im unbehandelten Zustand verzehrt werden. Sie werden als Snack, in Nussmischungen, für Gebäck und Süßwaren verwendet. Auch Marzipan und Mandelnougat werden aus Süßmandeln hergestellt. Bittermandeln hingegen enthalten Amygdalin, das beim Verdauungsprozess in Blausäure umgewandelt wird. Daher müssen bittere Mandeln vor dem Verzehr unbedingt gekocht werden.

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Bittermandelaroma als sichere Alternative

Eine sichere Alternative zu Bittermandeln ist Bittermandelaroma, das keinen Blausäuregehalt mehr aufweist.

Wie man sich vor Blausäurevergiftungen schützt

  • Bittere Aprikosenkerne und Mandeln: Verzehren Sie diese nur in sehr geringen Mengen oder verzichten Sie ganz darauf. Beachten Sie die Warnhinweise auf den Verpackungen.
  • Maniok: Bereiten Sie Maniok immer richtig zu, um die Blausäure zu entfernen.
  • Andere Lebensmittel: Achten Sie auf eine ausgewogene Ernährung und informieren Sie sich über potenzielle Blausäuregehalte in bestimmten Lebensmitteln.
  • Kochen: Durch Erhitzen blausäurehaltiger Lebensmittel verflüchtigt sich die Blausäure.
  • Lagerung: Lagern Sie Kartoffeln kühl und dunkel, um die Bildung von Solanin zu verhindern.

Weitere giftige Inhaltsstoffe in Lebensmitteln

Neben Blausäure gibt es noch weitere natürliche Giftstoffe in Lebensmitteln, die bei falscher Zubereitung oder übermäßigem Verzehr schädlich sein können:

  • Solanin in Kartoffeln: Besonders in grünen und keimenden Stellen enthalten. Durch Schälen und Kochen kann der Solaningehalt reduziert werden.
  • Phasin in grünen Bohnen: Wird durch Kochen zerstört.
  • Myristicin in Muskatnuss: Kann in größeren Mengen Halluzinationen und Rauschzustände verursachen.
  • Oxalsäure in Rhabarber und Spinat: Kann die Aufnahme von Mineralstoffen beeinträchtigen.
  • Cucurbitacine in Kürbisgewächsen: Bitter schmeckende Kürbisse sollten nicht gegessen werden, da sie giftige Bitterstoffe enthalten können.

Fallbeispiele

  • Stockholm, 1920: Der schwedische Schriftsteller Dan Andersson stirbt zusammen mit einem Handlungsreisenden in einem Hotel an einer Blausäurevergiftung, nachdem das Hotelpersonal die Zimmer begast und nicht ausreichend gelüftet hatte.
  • Waldenburg, Schweiz, 2007: Bei einem Produktionsprozess in einer Firma entstehen versehentlich Blausäure, wodurch 15 Menschen hospitalisiert werden müssen.

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