Was darf als Marmelade bezeichnet werden? Eine Klärung der Begriffe
Umgangssprachlich wird der Begriff "Marmelade" oft für alle möglichen süßen Brotaufstriche aus Früchten verwendet. Doch was viele nicht wissen: Es gibt feine, rechtlich festgelegte Unterschiede zwischen Marmelade, Konfitüre, Gelee und Fruchtaufstrich. Dieser Artikel soll Licht ins Dunkel bringen und die verschiedenen Bezeichnungen erläutern.
Ursprung und Bedeutung der Begriffe
Das Wort „Marmelade“ leitet sich vom portugiesischen Wort „marmelada“ für „Quittenmus“ ab. Quittenkonfitüre war also eine sehr frühe Form des Fruchtaufstrichs. Das Wort „Konfitüre“ hingegen stammt vom französischen „confiture“, was so viel wie „Eingemachtes“ bedeutet. Es kam im 17. Jahrhundert zusammen mit anderen französischen Wörtern nach Deutschland, als neben der französischen Mode auch die entsprechenden Bezeichnungen übernommen wurden.
Die Konfitürenverordnung der EU
Die Europäische Gemeinschaft erließ 1982 eine Konfitürenverordnung, die später durch die EU-Richtlinie 2001/113/EG und die deutsche Konfitürenverordnung (KonfV) von 2003 präzisiert wurde. Diese Verordnung legt strenge Kriterien für die verschiedenen Arten von Fruchtaufstrichen fest.
Marmelade: Ausschließlich aus Zitrusfrüchten
Demnach darf ein Brotaufstrich nur dann als „Marmelade“ bezeichnet werden, wenn er ausschließlich aus Zitrusfrüchten hergestellt wurde. Zu den zulässigen Zitrusfrüchten zählen unter anderem Orangen, Zitronen und Grapefruits. Verwendet werden dürfen sowohl die Schale, der Saft, das Fruchtmark als auch wässrige Auszüge und die Pülpe (zerdrückte oder in Stücke geteilte genießbare Fruchtanteile). Pro Kilogramm des Endprodukts muss der Anteil der Zitrusfrüchte mindestens 200 Gramm betragen. Wurden alle unlöslichen Bestandteile entfernt, spricht man von „Gelee-Marmelade“, die nur kleinste Anteile fein geschnittener Schale enthalten darf.
Konfitüre und Konfitüre Extra: Vielfalt aus anderen Früchten
Eine Konfitüre ist eine streichfähige Zubereitung aus Wasser, Zuckerarten, Fruchtmark oder Pülpe. Der Fruchtanteil muss grundsätzlich bei 350 Gramm je Kilogramm des Endprodukts liegen. Für bestimmte Sorten wie Schwarze Johannisbeeren, Sanddorn, Quitten und Passionsfrüchte gelten niedrigere Grenzwerte.
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Die Bezeichnung „Konfitüre extra“ ist für Aufstriche reserviert, die aus nicht konzentriertem Fruchtmark von schwarzen oder roten Johannisbeeren, Heidelbeeren, Himbeeren oder Brombeeren hergestellt werden. Hier gelten höhere Mindestgehalte.
Gelee und Gelee Extra: Klare Angelegenheit aus Saft
Zubereitungen aus Zuckerarten und wässrigen Auszügen oder Saft werden als Gelee behandelt. Die Menge der enthaltenen Säfte oder Auszüge muss den für die Zubereitung von Konfitüre geltenden Anforderungen entsprechen. Werden die für die Herstellung von Konfitüre extra festgelegten Grenzwerte erreicht, wird der Aufstrich als Gelee extra bezeichnet. Gelee wird also nur aus Fruchtsaft und nicht aus der ganzen Frucht hergestellt. Als Gelee Extra darf nur bezeichnet werden, wenn mindestens 45% Fruchtsaft, für Gelee 35% Frucht eingekocht wurden. Auch hier gibt es Ausnahmen, z.B. für Johannisbeeren, Hagebutten und Quitten mit 35% bzw. 25% Mindestfruchtgehalt.
Fruchtaufstrich: Die flexible Alternative
Fruchtaufstriche unterscheiden sich von Konfitüren dadurch, dass sie weniger Zucker oder andere Süßungsstoffe enthalten dürfen. Es gibt jedoch keine spezielle Rechtsvorschrift, die die genaue Zusammensetzung regelt. Dies ermöglicht eine freiere Gestaltung der Rezeptur. Aus Sicht der Konsumenten sind Fruchtaufstriche oft höherwertig, da sie meist mehr Früchte und weniger Zucker enthalten. Statt Zucker werden auch andere Süßungsmittel wie Agavendicksaft oder Honig verwendet.
Zuckergehalt und Konservierung
Der hohe Zuckergehalt in Konfitüren und Marmeladen hat eine konservierende Wirkung, da er das Wachstum von Schimmelpilzen hemmt. Fruchtaufstriche mit geringerem Zuckergehalt können leichter verderben und benötigen gegebenenfalls Konservierungsstoffe. Es ist wichtig zu beachten, dass ungenügend konservierte Fruchtaufstriche auch bei gekühlter Aufbewahrung leicht verschimmeln können. In diesem Fall sollte das komplette Glas entsorgt werden, da sich das Mycel des Schimmelpilzes bereits tief im Produkt ausgebreitet haben kann.
Kennzeichnung und Kontrolle
Amtliche Untersuchungen von Lebensmitteln prüfen, ob die Hersteller alle rechtlichen Vorgaben zur Zusammensetzung und Kennzeichnung einhalten. Die Proben müssen den Geruch und Geschmack der verwendeten Früchte aufweisen und die produkttypische Streichfähigkeit besitzen. Des Weiteren wird der Zuckergehalt und Fruchtanteil bestimmt. Mittels spezieller Laboranalysen werden Inhaltsstoffe der verwendeten Früchte untersucht, z. B. die Gehalte an Asche, Elementen und Fruchtsäuren. Auch die Kennzeichnung wird geprüft: Ist die angegebene Fruchtart zutreffend, sind alle Zutaten deklariert, sind die Informationen gut lesbar aufgedruckt?
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Ausnahmen und Sonderregelungen
Für Marmeladen, Konfitüren und Fruchtaufstriche, die nicht in den gewerblichen Verkehr gebracht werden sollen, gilt die Konfitürenverordnung nicht. Hier dürfen die bisher verwendeten Inhaltsstoffe und Bezeichnungen beibehalten werden. Selbstvermarkter auf Wochenmärkten, Bauernmärkten oder bei „Ab-Hof-Verkauf“ dürfen ihre selbstgemachten Fruchterzeugnisse ebenfalls als Marmelade bezeichnen, auch wenn sie nicht aus Zitrusfrüchten hergestellt wurden. Allerdings müssen auch hier die Angaben zum Gesamtzucker- und Fruchtgehalt angegeben werden.
Die neue EU-Richtlinie von 2024
Im Mai 2024 wurde eine Aktualisierung der EU-Richtlinie verabschiedet, die es den Mitgliedstaaten erlaubt, die Bezeichnung „Marmelade“ auch für andere Erzeugnisse zuzulassen. Dies könnte in Zukunft zu einer Aufweichung der bisherigen Regelungen führen.
Praktische Tipps für die eigene Herstellung
Wer seine Konfitüre oder Marmelade selbst herstellt, kann kreative Geschmackvarianten kreieren und den Zuckergehalt selbst bestimmen. Gelierzucker enthält bereits ein Geliermittel (meist Pektin) und oft auch ein Säuerungsmittel wie Zitronensäure. Je nach gewünschter Süße kann man zwischen verschiedenen Gelierzucker-Varianten wählen (z.B. 1:1, 2:1 oder 3:1).
Bei der heißen Zubereitung werden die zerkleinerten Früchte mit Gelierzucker vermischt, aufgekocht und sofort in saubere Gläser abgefüllt. Durch Erhitzen hergestellte Marmelade ist bis zu einem Jahr haltbar. Bei der kalten Zubereitung werden die pürierten Früchte mit Zucker vermischt und ohne Kochen in Gläschen abgefüllt. Diese sind jedoch nur etwa zwei Wochen im Kühlschrank haltbar.
Fazit
Die Welt der Fruchtaufstriche ist vielfältig und die rechtlichen Regelungen sind komplex. Während „Marmelade“ im eigentlichen Sinne nur aus Zitrusfrüchten hergestellt werden darf, gibt es zahlreiche Alternativen wie Konfitüre, Gelee und Fruchtaufstrich, die aus anderen Früchten hergestellt werden und sich in Zuckergehalt und Konsistenz unterscheiden. Wer es genau wissen will, sollte einen Blick auf die Zutatenliste und die Nährwertangaben werfen. Und wer seine Marmelade selbst macht, kann seiner Kreativität freien Lauf lassen und den Geschmack ganz nach seinen Vorlieben gestalten.
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