Der feine Unterschied: Lübecker und Königsberger Marzipan
Marzipan ist längst zu einer ganzjährigen Köstlichkeit geworden, die in unzähligen Variationen angeboten wird. Doch Marzipan ist nicht gleich Marzipan. Die Qualität und der Geschmack variieren je nach Herstellungsart und Zutaten. Besonders bekannt und geschätzt sind das Lübecker und das Königsberger Marzipan, die sich in ihrer Rezeptur und ihrem Geschmacksprofil deutlich unterscheiden.
Was ist Marzipan?
Marzipan besteht im Wesentlichen aus Marzipanrohmasse und Zucker, wobei der Zuckeranteil maximal der gleichen Gewichtsmenge der Rohmasse entsprechen darf. Die Qualität des Marzipans wird maßgeblich durch den Zuckergehalt bestimmt: Je geringer der Zuckeranteil, desto hochwertiger das Produkt. Das sogenannte „100:0“- oder „100-Prozent-Marzipan“ stellt die höchste Qualitätsstufe dar, bei der der Marzipanrohmasse kein zusätzlicher Zucker beigemischt wird.
Die Marzipanrohmasse
Nach deutschem Verfahren setzt sich Marzipanrohmasse aus zwei Teilen süßen Mandeln und einem Teil Zucker zusammen. Dabei darf der Zuckeranteil nicht mehr als 35 Prozent betragen. Die Rohmasse muss einen Mandelölgehalt von mindestens 28 Prozent aufweisen und darf maximal 17 Prozent Feuchtigkeit enthalten.
Qualitätseinstufungen von Marzipan
Neben dem bereits erwähnten „100-Prozent-Marzipan“ gibt es weitere Qualitätsstufen:
- Lübecker Marzipan: Darf ausschließlich in Lübeck hergestellt werden und ist ein „90:10-Marzipan“, das zu 90 Prozent aus Rohmasse und zu 10 Prozent aus Zucker besteht.
- Edelmarzipan: Besteht aus 70 Prozent Rohmasse und 30 Prozent Zucker.
- Handelsübliches Marzipan: Oftmals nach Rezepturen hergestellt, die zur Hälfte aus Marzipanrohmasse und zur anderen Hälfte aus Zucker bestehen. Diese Produkte enthalten häufig fast 70 Prozent Zucker und schmecken entsprechend süß und wenig nach Mandel.
Die Qualität lässt sich auch an der Farbe erkennen: Hochwertiges Marzipan ist leicht gelblich, während Marzipan mit hohem Zuckeranteil fast weiß erscheint.
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Marzipan zeichnet sich durch seine leichte Formbarkeit aus und lässt sich gut färben und bemalen. Deshalb wird es gerne zur Herstellung von Marzipanfiguren, Obst- und Gemüseminiaturen sowie zur Dekoration von Kuchen und Torten verwendet.
Königsberger Marzipan: Eine ostpreußische Spezialität
Königsberger Marzipan erfreut sich seit einiger Zeit wieder größerer Beliebtheit, nachdem es nach dem Zweiten Weltkrieg fast in Vergessenheit geraten war. Einige Zuckerbäcker haben sich der raren Spezialität verschrieben und fertigen sie nach alten Rezepten.
Was macht Königsberger Marzipan besonders?
Die Besonderheit liegt in der Herstellung und den Zutaten. Im Gegensatz zum Lübecker Marzipan werden dem Königsberger Marzipan neben Süßmandeln auch ein geringer Anteil Bittermandeln und ein Hauch Rosenwasser hinzugefügt. Jede Manufaktur hatte dabei ihre eigene Rezeptur. Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass Königsberger Marzipan leicht geröstet wird, wodurch die Oberfläche eine zarte Knusprigkeit und eine charakteristische Bräunung erhält. Dadurch schmeckt es kräftiger als die Lübecker Variante, die oft mit Schokolade überzogen ist.
Klassischerweise wird Königsberger Marzipan als Teekonfekt, in Brotform oder als Herz, gefüllt mit Zuckerguss und kandierten Früchten, angeboten.
Geschichte und Tradition
Die berühmten Marzipan-Manufakturen in Königsberg wie Gehlhaar, Liedtke, Zappa, Schwermer, Siegel und Plouda wurden im Krieg zerstört. Nach dem Krieg siedelten sich einige Betriebe in Westdeutschland an und führten die Tradition fort.
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Die Marke Ewald Liedtke Königsberger Marzipan beispielsweise steht in der Tradition des Schweizer Zuckerbäckers Wilhelm Pomatti, der 1809 in Königsberg die erste Marzipanfabrik eröffnete und zum Hofkonditor der Hohenzollern aufstieg.
Qualitätsunterschiede bei Königsberger Marzipan
Auch beim Königsberger Marzipan gibt es Qualitätsunterschiede. Einige Hersteller, die sich mit dem Etikett „Königsberger Marzipan“ schmücken, verwenden nicht das Originalrezept. Stattdessen wird Alkohol beigemischt oder auf Rosenwasser verzichtet. Geschmacklich ist dieses Marzipan oft sehr süß und weist kaum Röstnoten auf.
Bekannte Hersteller von Königsberger Marzipan
- Wald Königsberger Marzipan: Die Marzipanmanufaktur Wald in Berlin wird seit 1947 in Familienhand betrieben. Das Rezept von Paul Wald, dem Gründer des Unternehmens, wird unverändert verwendet. Wald-Marzipan ist angenehm unsüß, mit dezenter Karamell- und Rosenwassernote.
- Gehlhaar: Das Unternehmen wurde 1912 in Königsberg gegründet und wird heute in Wiesbaden von Stefani und Michael Peißker geführt. Gehlhaar-Marzipan enthält 52 Prozent Mandeln und zeichnet sich durch eine deutliche Rosenwassernote aus.
- Ewald Liedtke Königsberger Marzipan: Die Marke wurde 1998 von Andreas Bellem übernommen. Besonders die gerösteten Ein-Pfund-Marzipanbrote sind Verkaufsschlager.
Lübecker Marzipan: Der Klassiker aus der Hansestadt
Lübecker Marzipan ist eine geschützte geografische Angabe und darf nur in Lübeck und den Nachbarorten Stockelsdorf und Bad Schwartau hergestellt werden. Es zeichnet sich durch einen hohen Anteil an Marzipanrohmasse (mindestens 70 Prozent) und einen geringen Zuckeranteil (höchstens 30 Prozent) aus. Lübecker Edelmarzipan enthält sogar mindestens 90 Prozent Rohmasse und höchstens 10 Prozent Zucker.
Herstellung und Zutaten
Die Herstellung von Lübecker Marzipan erfolgt nach traditionellen Rezepten. Die Mandeln werden blanchiert, geschält und mit Zucker zu einer feinen Masse vermahlen. Einige Hersteller rösten die Masse während der Produktion ab, um das Aroma zu intensivieren.
Qualitätsmerkmale
Lübecker Marzipan von hoher Qualität zeichnet sich durch einen intensiven Mandelgeschmack und eine feine Textur aus. Es ist weniger süß als Marzipan mit einem höheren Zuckeranteil.
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Bekannte Hersteller von Lübecker Marzipan
Der bekannteste Hersteller von Lübecker Marzipan ist zweifellos Niederegger. Das Unternehmen bietet eine Vielzahl von Marzipanprodukten an, darunter Marzipanbrote, Pralinen und Figuren.
Die Unterschiede auf einen Blick
| Merkmal | Lübecker Marzipan | Königsberger Marzipan |
|---|---|---|
| Herstellungsort | Lübeck und Umgebung | Ursprünglich Königsberg, heute verschiedene Standorte |
| Zutaten | Süße Mandeln, Zucker | Süße Mandeln, Bittermandeln, Rosenwasser |
| Zuckeranteil | Max. 30 Prozent (Edelmarzipan max. 10 Prozent) | Variiert je nach Hersteller |
| Besonderheiten | Hoher Mandelanteil, feine Textur | Geröstete Oberfläche, kräftiger Geschmack |
| Typische Darreichungsformen | Marzipanbrote, Pralinen, Figuren | Teekonfekt, Brotform, Herzen |
Weitere Marzipanvarianten
Neben Lübecker und Königsberger Marzipan gibt es noch weitere interessante Varianten:
- Pistazienmarzipan: Bereits im Barock bekannt, wird es mit Pistazien hergestellt.
- Mexikanisches Marzipan: Enthält Kürbiskerne.
- Biomarzipan: Die Mandeln stammen aus kontrolliert biologischem Anbau.
- Diabetikermarzipan: Enthält anstelle von Zucker Süßstoffe oder Zuckeraustauschstoffe.
- Persipan: Wird aus Aprikosen- oder Pfirsichkernen hergestellt.
Marzipan selbst herstellen
Wer Marzipan selbst herstellen möchte, benötigt süße und bittere Mandeln, Puderzucker, Zitronenschale und Rosenwasser. Die Mandeln werden geschält, fein gemahlen und mit den übrigen Zutaten zu einer glatten Masse verarbeitet. Nach einer Ruhezeit von etwa 12 Stunden kann das Marzipan nach Belieben geformt und im Ofen leicht überbräunt werden.
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