Die Geschichte des Prager Trdelník: Von Siebenbürgen in die Goldene Stadt
Der Duft von frisch gebackenem Trdelník liegt in den Gassen der Prager Altstadt fast überall in der Luft. Dieses spiralförmige Gebäck ist untrennbar mit dem Streetfood-Erlebnis in Prag verbunden und erfreut sich großer Beliebtheit bei Touristen. Doch woher stammt diese Leckerei und was verbirgt sich hinter ihrer Geschichte?
Die Ursprünge in Siebenbürgen und Ungarn
Die ältesten Wurzeln des Trdelník lassen sich bis ins 18. Jahrhundert zurückverfolgen, und zwar in die Region Siebenbürgen im heutigen Rumänien. Dort war ein ähnliches Gebäck unter dem Namen "Kürtőskalács" bekannt. Ungarische Adelige ließen diese Spezialität von ihren Köchen zubereiten: spiralförmig gewickelter Teig, der über glühenden Kohlen gebacken und mit Zucker karamellisiert wurde.
Der Kürtőskalács, auch Kürtöschkalatsch genannt, erhielt am 3. Dezember 2015 die Auszeichnung "Hungarikum" von einem ungarischen Gremium. Damit wurde er in den Rang eines Kulturgutes und nationalen kulturellen Erbes erhoben und reiht sich in die Gesellschaft von berühmten Produkten wie der ungarischen Salami oder dem Porzellan aus Herend ein.
Kürtőskalács ist ein traditionelles Gebäck, dessen Name von seiner rohrähnlichen Form abgeleitet ist. "Kürt" bedeutet im Ungarischen "Horn" und "kalács" ist das Wort für ein Gebäck. Für die Zubereitung wird ein süßer Hefeteig um Holzrollen gewickelt und über offenem Holzkohlefeuer gebacken. Oft werden noch Zucker und Zutaten wie Walnüsse hinzugefügt. Mittlerweile ist Kürtőskalács von ungarischen Volksfesten und Weihnachtsmärkten nicht mehr wegzudenken.
Eines der ersten wichtigen und offiziellen Rezepte findet sich im Rezeptbuch der Gräfin Mária Mikes Zabolai aus dem Jahr 1784. Ende des 18. Jahrhunderts war dieses Gebäck im gesamten ungarischen Sprachraum populär und wurde vor allem für Feste und Hochzeiten zubereitet. Die Anfänge reichen jedoch noch weiter zurück. Erste Hinweise auf ähnliche Backmethoden finden sich bereits 1450 in einer Handschrift in Heidelberg. Die Entwicklung zur heutigen Form erfolgte hauptsächlich in Siebenbürgen. Anstelle von Holzrollen wurden früher teilweise sogar Maiskolben verwendet, um den Teig aufzuwickeln.
Die Verbreitung in der Slowakei und Tschechien
Von Ungarn aus verbreitete sich die Idee des Kürtőskalács in die heutige Slowakei, insbesondere in die Stadt Skalica, wo der sogenannte "Skalický trdelník" zu einer regionalen Spezialität wurde. Anders als in Prag wird dort großer Wert auf die handwerkliche Zubereitung gelegt. Im Jahr 2007 wurde der "Skalický trdelník" von der EU als geschützte geografische Angabe anerkannt, ähnlich wie Parmaschinken oder Champagner.
Ende des 18. Jahrhunderts kam der ungarische General, Dichter und Graf Jószef Gvadányi nach Skalica und lebte dort von 1783 bis 1801. Sein Koch aus Siebenbürgen brachte das Rezept des Kürtőskalács mit, woraus in Skalica der Trdelník entstand. Die Stadt feiert jedes Jahr ein Trdlo-Fest.
Auch in Tschechien hat sich das Gebäck schnell verbreitet und ist zum Beispiel in Prag sehr beliebt.
Trdelník in Prag: Ein moderner Streetfood-Kult
Die heute in Prag verbreitete Form des Trdelník hat mit dem geschützten slowakischen Original allerdings nur noch wenig zu tun. Die Rezeptur wurde vereinfacht, aufwendige Zutaten durch günstigere ersetzt, und es tauchten immer mehr Varianten mit Eis, Nutella oder Früchten auf. Interessanterweise hat der Trdelník in Prag keine lange kulinarische Verwurzelung. Er ist nicht Teil der böhmischen oder mährischen Küche und wird in traditionellen Restaurants so gut wie nie auf der Karte stehen.
Beim Schlendern durch die Gassen der Prager Altstadt liegt der süße, warme Duft von frisch gebackenem Trdelník fast überall in der Luft. Außen knusprig und innen weich - ein echter Touristenliebling.
Verschiedene Namen, ähnliche Konzepte
Für Kürtőskalács gibt es in verschiedenen Sprachen viele verschiedene Bezeichnungen, die oft synonym verwendet werden, aber nicht immer dasselbe bedeuten: Kürtőskalács, Trdelník, Baumstriezel, Baumkuchen, Prügelkrapfen und viele mehr. Es ist jedoch ratsam, bei der Originalbezeichnung zu bleiben.
Bereits im 16. Jahrhundert begannen sich drei verschiedene Entwicklungsrichtungen herauszubilden. Die erste Richtung umfasste den Hefeteig, der streifenförmig um eine Holzrolle gewickelt wurde. Daraus entwickelten sich der Kürtőskalács und der tschechisch-slowakische Trdelník, die daher eng miteinander verwandt sind. Die zweite Richtung umfasst verschiedene Varianten aus einem relativ flüssigen Teig, wie Ragoulis, Šakotis und Gâteau à la broche in Litauen und Frankreich. In Polen gibt es ein ähnliches Gebäck namens Sękacz und in Schweden Spettekaka. Die dritte Richtung sind die Baumstriezel, die vermutlich von den Siebenbürger Sachsen abstammen. Daher sollte man Kürtőskalács nicht einfach als Baumstriezel übersetzen, da die erstere Form eher aus dem östlichen Transsilvanien von der ungarischen Minderheit der Székler stammt, während der Baumstriezel eher auf die Siebenbürger Sachsen zurückgeht.
Übrigens waren die frühen Formen vor dem Backen noch nicht mit Zucker bestrichen.
Variationen des Trdelník in Prag
Ursprünglich wurde der Trdelník ganz klassisch mit Zucker und Zimt serviert: außen goldbraun karamellisiert, innen weich und luftig. Heute gibt es jedoch zahlreiche moderne Varianten:
- Trdelník mit Eis gefüllt: Diese Variante ist inzwischen ein echter Streetfood-Kult in Prag. Der warme, frisch gebackene Trdelník wird mit Vanille-, Schoko- oder Softeis gefüllt und anschließend mit Toppings wie frischen Erdbeeren, Waldfrüchten, Schokosoße, Karamell oder bunten Streuseln garniert.
- Trdelník mit Schokolade oder Nutella: Für alle, die es besonders süß lieben: Wenn sich der noch warme Teig mit flüssiger Schokolade oder cremigem Nutella verbindet, entsteht ein Dessert, das einfach unwiderstehlich ist.
- Trdelník mit Walnüssen oder Mandeln: Diese klassische Variante erinnert an die Ursprünge des Gebäcks im ungarisch-slowakischen Raum. Der Teig wird vor dem Backen mit gehackten Walnüssen, Mandeln oder Haselnüssen bestreut, wodurch eine feine Röstnote entsteht.
- Herzhaft gefüllt: Eine echte Überraschung: Einige wenige Läden in Prag experimentieren mit herzhaften Varianten. Hier wird der Trdelník mit Käse, Schinken oder sogar Ei gefüllt - eine ungewöhnliche, aber gelungene Kombination aus süßem Teig und würziger Füllung.
Wo man den besten Trdelník in Prag findet
Die Preise für Trdelník in Prag variieren je nach Standort, Füllung und Größe - von kleinen Straßenständen bis hin zu stylischen Dessertbars in der Altstadt. Nicht jeder Trdelník ist gleich. Einige Stände - vor allem an stark frequentierten Touristen-Hotspots - verwenden industriell vorbereiteten Teig oder backen die Rollen auf Vorrat, was sich deutlich auf Geschmack und Textur auswirkt.
Die beste Zeit, um einen frisch gebackenen Trdelník zu genießen, ist am Vormittag bis in die Mittagsstunden. Wenn man Wert auf Qualität legt, lohnt sich ein Besuch zu einer ruhigeren Tageszeit.
Einige empfohlene Orte für Trdelník in Prag sind:
- Café U Kajetána: Malerisch in der historischen Nerudova-Straße gelegen, die von der Kleinseite hinauf zur Prager Burg führt. Bekannt für seine hausgemachten Süßspeisen und den besonders knusprig gebackenen Trdelník, der direkt vor Ort frisch zubereitet wird.
- Trdelník & Coffee: Versteckt in den stillen Gassen des Jüdischen Viertels (Josefov). Der Teig wird direkt vor den Augen der Gäste um die Metallspieße gewickelt, über offener Flamme goldbraun gedreht und noch heiß serviert.
- Trdelník-Stand auf der Karlova-Straße: Zentral gelegen auf der belebten Karlova-Straße, dem historischen Weg zwischen Altstädter Ring und Karlsbrücke. Hier wird der süße Klassiker in seiner traditionellen Form mit Zimt und Zucker ebenso angeboten wie in modernen Varianten.
- Trdlo: An der belebten Straße Na Můstku gelegen. Hier wird der Trdelník nach traditionellem Rezept frisch von Hand zubereitet: über offener Flamme gebacken, außen knusprig und karamellisiert, innen weich und duftend.
- Staropražské Tradiční Trdlo: Direkt an der eleganten Einkaufsstraße Na Příkopě gelegen. Neben dem klassischen Trdelník mit Zimt und Zucker gibt es hier auch moderne Varianten mit Schokolade, Eis oder frischen Früchten.
- Sweet Dreams: Mitten in der belebten Celetná-Straße gelegen. Hier bekommt man den beliebten Kaminkuchen in zahlreichen Varianten, darunter auch vegane Optionen.
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