Hunger, Frust und Schokolade: Die Psychologie des Essens

Essen ist mehr als nur Nahrungsaufnahme. Es ist ein komplexes Zusammenspiel von physiologischen Bedürfnissen, psychologischen Faktoren und erlernten Verhaltensweisen. Michael Macht, Psychotherapeut und Professor für Psychologie, beleuchtet in seinem Buch "Hunger, Frust und Schokolade" die vielschichtigen Aspekte dieses Themas. Der Artikel fasst die wichtigsten Erkenntnisse zusammen und gibt Anregungen, das eigene Essverhalten zu überdenken.

Die Vielschichtigkeit des Hungers

Melanie Mühl, FAZ-Redakteurin und Sachbuchautorin, geht in ihrem Buch "Das Ernährungsgefühl" den unterschiedlichen Aspekten und Unteraspekten von Hunger auf den Grund. Sie unterscheidet zwischen Magen-, Zell-, Augen- und Nasenhunger bis hin zu Mund-, Herz- und Gedankenhunger. Diese Aufschlüsselung zeigt, dass Hunger nicht nur ein körperliches Bedürfnis ist, sondern auch von unseren Sinnen, Emotionen und Gedanken beeinflusst wird.

Die Frage, wann Sättigung eintritt, ist ebenso komplex. Sie wird sowohl von physiologischen als auch von psychologischen Faktoren bestimmt. Mühl analysiert, warum Diäten oft scheitern, weil sie ein Grundprinzip außer Acht lassen: die Achtsamkeit des individuellen Körperbewusstseins.

Das Gehirn des Essverhaltens

Michael Macht behandelt in seinem Buch das "Gehirn des Essverhaltens" und die innere Emotionsbalance, die zu gestörtem Essverhalten führen kann. Er erläutert, dass "Gefühlsessen" in erster Linie erlernt ist, um unangenehme Gefühle oder belastende Situationen zu bewältigen.

Die Rolle der Emotionen

Unsere Gefühle spielen eine entscheidende Rolle bei der Steuerung unseres Essverhaltens. Sie sind für die Nahrungsaufnahme ebenso wichtig wie Nährstoffe, Hormone und Neuro-Transmitter. Bei Stress und Frust greifen viele Menschen zu Chips, Schokolade & Co.

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Experimente von Psychologen der Uni Würzburg haben gezeigt, dass Schokolade traurig gestimmten Männern weniger gut schmeckte und dass deren Verlangen nach mehr Naschwerk geringer war als bei den fröhlichen Teilnehmern. Dies deutet darauf hin, dass unsere Emotionen nicht nur unser Essverhalten beeinflussen, sondern auch, wie wir Essen wahrnehmen.

Die Auswirkungen von Stress

Chronischer Stress kann zu einer verstärkten Nahrungsaufnahme und zu einer Vorliebe für süße, schmackhafte Lebensmittel führen, was wiederum Gewichtszunahme und Fettleibigkeit fördert. Gestresste Mäuse mit einer fettreichen Ernährung nahmen doppelt so viel Gewicht zu wie Mäuse mit derselben Nahrung, die nicht gestresst waren.

Psychologisch lässt sich der Griff zum Essen mit der besänftigenden Wirkung erklären. Bei emotionalem Stress wird diese Wirkung zweckentfremdend genutzt, um mit dem Stress besser zurechtzukommen.

Der Teufelskreis des Gefühlsessens

Zucker und andere kalorienreiche Lebensmittel sorgen für einen Ausstoß des Glückshormons Dopamin auch im gesättigten Zustand. Dies führt zu einer kurzfristigen Verbesserung, aber wenn man immer wieder negativen Stress hat und zu Süßem und Fettigem greift, kommt man in einen Teufelskreis, der zu Übergewicht und Insulinresistenz führt.

Gestörtes Essverhalten

Macht erläutert die verschiedenen Formen von gestörtem Essverhalten, wie Adipositas, Trost durch Kalorien, Binge-Eating und Bulimie. Er betont, dass "Gefühlsessen" in erster Linie erlernt ist, um unangenehme Gefühle oder belastende Situationen zu bewältigen.

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Essstörungen

Essstörungen wie Magersucht und Bulimie sind komplexe psychische Erkrankungen, die oft mit einer gestörten Körperwahrnehmung und einem starken Kontrollbedürfnis einhergehen. Die Gefühle spielen dabei eine zentrale Rolle.

Die Überwindung problematischer Essmuster

Um kalorienreiche Fehltritte zu vermeiden, ist es sinnvoll, den Stress langfristig zu reduzieren und abzubauen. Dem einen helfe Sport, dem anderen Meditation. Wichtig ist, mit Bedacht zu essen und in stressigen Situationen eher zu Obst und Gemüse zu greifen als zu Keksen und Schokolade.

Achtsamkeitstraining

Eine solche Hilfe - ein achtsamkeitsbasiertes Trainingsprogramm - wurde an der Universität Würzburg entwickelt. In dem Programm lernen die Teilnehmer, ihre Verhaltensmuster in Stresssituationen zu erkennen. Außerdem werden individuelle Möglichkeiten erarbeitet, negative Gefühle anders zu bewältigen als mit Essen. Und es geht um Impulskontrolle, also wie man mit dem Verlangen nach Nahrung umgeht.

Selbststeuerung des Essverhaltens

Macht gibt in seinem Buch eine kurze Anleitung zum Umgang mit Essgefühlen:

  1. Achten Sie auf Ihre Essgefühle.
  2. Handeln Sie seltener danach.
  3. Erlernen Sie neue Formen der Emotionsbewältigung.

Das Geheimnis des Genießens

Genießen ist ein wichtiger Bestandteil einer ausgewogenen Ernährung. Es geht darum, bewusst zu essen und die verschiedenen Aromen und Texturen der Lebensmittel wahrzunehmen.

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Die Anatomie der Genusserfahrung

Beim Genießen müssen wir denken. Es geht darum, die Erfahrung bewusst zu erleben und die positiven Aspekte des Essens zu würdigen. Genießen lässt sich lernen, indem man sich Zeit nimmt, achtsam isst und die Mahlzeit in vollen Zügen genießt.

Ernährung und Langlebigkeit

Ernährung spielt eine essenzielle Rolle für Gesundheit und Langlebigkeit. Okinawa in Japan gilt als "das Land der Unsterblichen", weil dort ausnehmend viele sehr alte, dabei exzeptionell gesunde Menschen leben. Neben dem Essen spielen noch drei weitere Faktoren eine Rolle: Stressminderung, regelmäßige Bewegung und Gemeinschaftseinbettung.

Können wir uns glücklich essen?

Nicht der Big Mac oder die Riesenschweinshaxe machen auf Dauer glücklich, sondern eben die dem Genussmoment enthobenen Langzeitfolgen ausgewogener ganzheitlicher Ernährung. Es geht darum, ein gesundes Verhältnis zum Essen zu entwickeln und die Nahrung als Quelle von Energie und Wohlbefinden zu nutzen.

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