Kaum in Torte zu fassen: Herkunft und kulturelle Bedeutung des Pumpernickels

Der Pumpernickel, eine ursprünglich westfälische Brotspezialität, hat sich im Laufe der Jahrhunderte einen festen Platz in der deutschen und österreichischen Esskultur erobert. Seine Geschichte ist reich an Anekdoten, sprachlichen Kuriositäten und kulturellen Bezügen, die weit über seine Rolle als Nahrungsmittel hinausgehen. Dieser Artikel beleuchtet die Herkunft des Pumpernickels, seine sprachlichen Wurzeln, seine Bedeutung in Kunst und Kultur sowie seine Herstellung und lebensmittelrechtliche Einordnung.

Die Brotvielfalt Deutschlands und die Rolle des Roggens

Deutschland gilt mit über 3.000 Brotspezialitäten als "Brotweltmeister". Dabei hat der Roggen, begünstigt durch seinen Anbau im Norden, maßgeblich zu diesem Ruf beigetragen. Das "Schwarzbrot", hergestellt aus Roggen, erfreut sich aufgrund seiner gesundheitlichen Vorteile großer Beliebtheit und ist in vielen Regionen Deutschlands unter verschiedenen geografischen Bezeichnungen bekannt, wie beispielsweise Holsteiner, Friesisches oder Rheinisches Schwarzbrot. Im Bergischen Land wird unter der Bezeichnung "Schwarzbrot" oft Pumpernickel verstanden.

Frühe Erwähnungen des Pumpernickels

Bereits im 16. Jahrhundert finden sich Hinweise auf ein typisch westfälisches Schwarzbrot, das dem heutigen Pumpernickel ähnelt. 1571 befasste sich der italienische Humanist Aeneas Silvius, der spätere Papst Pius II., mit dieser Brotspezialität. Auch im Jahr 1695 erschien im Titel einer wissenschaftlichen Abhandlung (=Propemticon Inaugurale) „De Pane Grossiori Westphalorum, Vulgo Bonpournickel“ des deutschen Mediziners Fridericus Hoffmann10, Erfinder des früher häufig verwendeten Hausmittels „Hoffmannstropfen“, der allerdings etwas verballhornte Name des Brotes, über den später noch ausführlich gesprochen werden soll. Diese frühen Erwähnungen deuten darauf hin, dass der Pumpernickel bereits seit Jahrhunderten ein fester Bestandteil der westfälischen Esskultur ist.

Voltaire und seine wenig schmeichelhafte Meinung

Der französische Philosoph Voltaire äußerte sich im 18. Jahrhundert wenig schmeichelhaft über Westfalen und den Pumpernickel. In einem Brief an seine Nichte bezeichnete er das Brot als "harten Stein, schwarz und klebrig", eine klare Verleumdung. Dennoch erwähnte er in seiner satirischen Novelle "Candide oder l'optimisme" indirekt die Ernährung der Westfalen, indem er das französische Wort für Brot, "pain", verwendete. In der deutschen Übersetzung dieser Novelle wurde "pain" sogar explizit mit Pumpernickel übersetzt.

Johann Georg Krünitz und die Ordnung der Namen

Johann Georg Krünitz brachte im Jahr 1775 Ordnung in die Vielzahl von Namen für den Pumpernickel. In seiner Enzyklopädie erwähnte er sechs mögliche Bezeichnungen für das Brot und beschrieb es detailliert.

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Etymologische Erklärungen des Namens

Um die bei Krünitz genannten Namen15 ranken sich die verschiedensten Geschichten und G’schichterln für die etymologische Erklärung des Ursprungs dieses eigenartigen Brotnamens. Die wohl aussagekräftigste Geschichte lieferte der deutsche Germanist Johann Christoph Adelung (1732-1806), der schon im Jahr 1793 in seinem Mundartwörterbuch die Herkunft des Namens Pumpernickel wie folgt beschrieb16: „Der Pumpernickel … eine Benennung des großen Brotes der Westphäliger … kann es seyn, daß diese Benennung einen scherzhaften Ursprung hat … und … daß sie von einem durchreisenden Franzosen herrühre, welcher in Westphalen Brot gefordert, bey dessen Erblickung aber gesagt habe, daß es ‚bon pour Nickel‘ sey (Anm.: Nickel war der Name seines Bediensteten oder eines kleinen Pferdes!) … Doch die ganze Ableitung siehet einem Mährchen sehr ähnlich … Brauchte man ja eine possierliche auf Muthmaßung gegründete Ableitung, so könnte man auf das in den niedrigen Sprecharten übliche pumpen, pedere, Pumper und Pumps, Peditum, Crepitus ventris (lat.

Pumpernickel in Kunst, Literatur und Musik

Der Pumpernickel hat nicht nur kulinarische Bedeutung, sondern auch seinen Weg in Kunst, Literatur und Musik gefunden.

  1. Westfälisches Abendmahl: In einem Kirchenfenster der Kirche St. Maria zur Wiese in Soest findet man das sogenannte Westfälische Abendmahl, auf dem um 1500 das letzte Abendmahl mit Jesus und seinen Jüngern dargestellt wird.
  2. Vanity Fair: In William Makepeace Thackerays satirischem Roman "Vanity Fair" aus dem Jahr 1847/1848 spielt die Handlung teilweise in Pumpernickel, der fiktiven Residenzstadt eines deutschen Kleinfürstentums.
  3. Rochus Pumpernickel: Die Wiener Komponist Ignaz Xaver Ritter von Seyfried und sein Librettist Matthäus Stegmayer schufen das musikalische Quodlibet "Rochus Pumpernickel", das 1809 uraufgeführt wurde. Es folgten zwei weitere Opern mit dem Namen Pumpernickel.
  4. Mr. Pumpernickel: Der Radiosprecher Chris Howland gab sich in seiner Radiosendung den Spitznamen "Mr. Pumpernickel".
  5. Pumpernickel Valley: In Nevada, USA, gibt es ein "Pumpernickel Valley".

Die Herstellung des Pumpernickels

Die Herstellung des Pumpernickels erfordert bestimmte Grundvoraussetzungen. Die älteste Pumpernickel-Bäckerei der Welt, die Bäckerei Haverland in Soest, besteht seit 1570.

  1. Versäuerung: Die für die Roggenverarbeitung notwendige Versäuerung zur Erreichung einer ausreichenden Krumenstabilität kann mit einem geringeren Sauerteiganteil von ca. 10 % als bei herkömmlichen Schrotbroten erreicht werden, da es bei dem üblichen langen Backprozess bei niedrigen Temperaturen von ungefähr 100 bis 120 °C zu einer deutlichen Nachsäuerung der Brote kommt.
  2. Backprozess: Pumpernickel werden heute vorwiegend in speziellen geschlossenen Dampfkammern (Heißdampfatmosphäre) bei circa 100 bis 120 °C über 16 bis 20 Stunden gebacken („gekocht“), wodurch sich auch der eher süßliche Geschmack dieser besonders krustenlosen Brote entwickelt, weil ein Teil der Stärke zu Zuckern abgebaut wird.

Lebensmittelrechtliche Bestimmungen

Der Pumpernickel ist in Deutschland und Österreich lebensmittelrechtlich genau geregelt. In Deutschland bestimmen die Leitsätze für Brot und Kleingebäck die Herstellung aus mindestens 90 Prozent Roggenbackschrot und/oder Roggenvollkornschrot mit Backzeiten von mindestens 16 Stunden. Der Begriff "Westfälischer Pumpernickel" ist seit 2014 als geschützte geografische Angabe (g.g.A.) eingetragen. Das Österreichische Lebensmittelbuch geht mit seiner Beschreibung des Pumpernickels stellenweise noch etwas mehr ins Detail.

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