Warum Honig für Kleinkinder tabu ist: Eine umfassende Betrachtung

Honig ist ein beliebtes und natürliches Süßungsmittel, das in vielen Haushalten zu finden ist. Er wird oft als Hausmittel bei Erkältungen eingesetzt und gilt allgemein als gesund. Doch für Babys im ersten Lebensjahr kann Honig eine ernsthafte Gefahr darstellen. Dieser Artikel beleuchtet die Gründe, warum Honig für Kleinkinder schädlich sein kann, und räumt mit einigen Mythen auf.

Botulismus: Die unsichtbare Gefahr im Honig

Der Hauptgrund, warum Honig für Babys unter einem Jahr gefährlich ist, liegt im potenziellen Vorhandensein von Sporen des Bakteriums Clostridium botulinum. Dieses Bakterium kann Botulismus auslösen, eine seltene, aber potenziell lebensbedrohliche Krankheit, die durch das Botulinumtoxin (Botox) verursacht wird.

Botulismus ist eine seltene Krankheit, die durch das Bakteriengift Botulinumtoxin ausgelöst wird. Es kann zu lebensbedrohlichen Lähmungen führen. Ausgelöst wird der Botulismus durch Botulinum-Neurotoxin (BoNT/Botox). Dieses Nervengift, das in der Kosmetikindustrie auch gegen Faltenbildung eingesetzt wird, hemmt die Signalübertragung zwischen Muskel und Nerven. Damit Muskeln funktionieren, benötigen sie einen Reiz vom Nerv. Diesen bekommen sie unter anderem durch den Botenstoff Acetylcholin. Das Botulinumtoxin blockiert die Ausschüttung dieses Botenstoffs an der Schnittstelle zwischen Muskel und Nerv. Das kann zu Muskelschwäche und Lähmungen führen.

Säuglingsbotulismus: Eine besondere Form der Erkrankung

Selten kommt in Deutschland der Säuglingsbotulismus vor. Weil die Darmflora bei Säuglingen bis zu einem Jahr noch nicht vollständig ausgereift ist, sind sie besonders gefährdet. Die Darmflora ist bei einem Baby noch nicht so weit entwickelt, als dass sie krank machende Keime wie Clostridien in Schach halten könnte. Im Gegensatz zum Lebensmittelbotulismus bei Erwachsenen, bei dem das fertige Toxin durch verdorbene Nahrungsmittel aufgenommen wird, infiziert sich der Säuglingsdarm mit dem Bakterium Clostridium botulinum. Hierbei werden Clostridium-Sporen aufgenommen, die erst im Säuglingsdarm auskeimen und dort das hochgiftige Toxin bilden.

Symptome und Diagnose

Nach zwölf bis 36 Stunden (bei geringer Giftmenge können es auch bis zu acht Tage sein) treten die ersten Symptome auf. Die Erkrankung verläuft dann als fieberlose, absteigende Lähmung, die am Kopf beginnt. Oft treten die Lähmungen als erstes am Auge auf. Betroffene sehen dann Doppelbilder und können ihre Lider nicht mehr bewegen. Sie werden außerdem lichtscheu. Typische Symptome sind die "4Ds": Neben Diplopie (Doppelbilder sehen) gehört dazu auch Dysphagie (Schluckstörungen), Dysphonie (Stimmstörung) und Dysarthrie (Sprachstörung). Eine Lähmung der Hände lassen sich an einem veränderten Schriftbild erkennen. Bei Säuglingen beträgt die Inkubationszeit etwa zehn Tage. Bei Babys können Trinkschwäche, Schluck- und Sprachstörungen, Verstopfung oder Muskelschwäche die ersten Anzeichen der Erkrankung sein. Da die Symptome zu Beginn sehr unspezifisch sind, ist es für den behandelnden Arzt oder die Ärztin oft schwer, anhand der Beschwerden Botulismus zu diagnostizieren. Die Diagnose kann durch einen Erreger- oder Giftnachweis in einer Probe gestellt werden. Sowohl im Serum als auch in einer Stuhlprobe kann sich Säuglingsbotulismus daher nachweisen lassen.

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Behandlung und Prävention

Da bei Botulismus die Atemlähmung droht, müssen Menschen mit Botoxvergiftung auf der Intensivstation überwacht und behandelt werden. Bei Verdacht und nach Abwägen von Nutzen und Risiko kann ein Antitoxin verabreicht werden. Diese Antitoxine wirken allerdings nur gegen das Gift im Blut. Die Therapie besteht daher vor allem aus lebenserhaltenden und unterstützenden Maßnahmen. Bestimmte Medikamente (Cholinesterase-Hemmer) können die Symptome lindern. Die Wirkung des Botulismustoxins kann bis zu zwölf Wochen anhalten.

Eltern sollten Säuglingen unter einem Jahr keinesfalls Honig geben, auch nicht in Getränken oder auf Schnullern. Weder sollten Getränke mit Honig gesüßt werden, noch sollten Brustwarzen, Schnuller oder Trinkflaschen mit Honig bestrichen werden, um Saughemmungen zu überwinden. Auch andere Naturprodukte wie beispielsweise Kräuter können befallen sein. Es ist wichtig zu wissen: Schon der Verdacht auf Botulismus muss dem Gesundheitsamt gemeldet werden.

Die Entwicklung der Darmflora im Säuglingsalter

Die Darmflora eines Babys ist in den ersten Lebensmonaten noch nicht vollständig entwickelt. Professor Dr. Dr. Berthold Koletzko, Stoffwechselspezialist der Universitätskinderklinik München und Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit, erläutert: „Im Magen-Darm-Trakt gesunder Kinder und Erwachsener leben rund 100 Billionen Bakterien. Diese sogenannte Darmflora bildet das größte Immunsystem im Organismus, das als Zentralorgan der Gesundheit über unser Wohl wacht. Die Darmflora eines Babys und auch die Immunabwehr sind jedoch in den ersten Lebensmonaten noch nicht vollständig entwickelt."

Diese unreife Darmflora kann krank machende Keime wie Clostridien nicht ausreichend in Schach halten. Daher können sich die Clostridium-Sporen im Darm des Babys vermehren und das gefährliche Botulinumtoxin produzieren. Bei älteren Kindern und gesunden Erwachsenen besteht diese Gefahr nicht mehr, da ihre Darmflora stabil genug ist, um die Vermehrung von Clostridien und ihrer giftigen Produkte zu verhindern.

Honig: Ein Naturprodukt mit Risiken

Honig ist ein Naturprodukt, dessen Zusammensetzung je nach Herkunft und Sorte stark variieren kann. Sporen des Bakteriums Clostridium botulinum können als natürliche Kontaminanten in Honig vorkommen - auch bei sorgfältigster Arbeit der Imker.

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Als Gegenargument wird gerne ins Feld geführt, im Honig könnten sich Keime nicht vermehren. Ohne Bedenken könnte man Säuglinge nur dann mit Honig füttern, wenn es gelänge, zuvor die Sporen darin abzutöten.

Gefährlich sind nur Bienenhonig, Ahorn- und Maissirup in ihrer Reinform

Babynahrung, Breie oder Kekse, die mit Honig, Ahorn- oder Maissirup gesüßt sind, sind ungefährlich. In diesen Produkten wird der Honig (bzw. Sirup) bei der Herstellung so hoch erhitzt, dass die Bakterien abgetötet werden.

Gesundheitsmythen vs. Realität

Deutsche verbrauchen jährlich über 78.000 Tonnen Honig. Doch während Honig als gesund gilt und sogar antike Heilpraktiken umfasst, bergen moderne Erkenntnisse über seine Zusammensetzung und potenzielle Gefahren neue Einsichten. Honig besteht hauptsächlich aus Zucker und Wasser. Die alten Überzeugungen über seine heilenden Eigenschaften werden heute kritischer betrachtet. Expert*innen warnen vor den gesundheitlichen Risiken eines hohen Honigkonsums, darunter Übergewicht, Karies und Diabetes.

Über die Giftgefahr hinaus, warnen Expert:innen auch davor, Kinder zu früh an Süßes zu gewöhnen. Das beeinflusst auch das spätere Essverhalten, zumal es die meisten Nahrungsmittel überhaupt noch nicht kennengelernt hat, bevor es schon an Süßes gewöhnt ist. Nach wie vor gilt Muttermilch im ersten Halbjahr als optimale Säuglingskost. Das Stillen ist die natürlichste Möglichkeit, Ihr Kind ausgewogen zu ernähren, optimal vor Krankheiten zu schützen und ihm von Anfang an Geborgenheit zu bieten. Zwar sind voll gestillte Säuglinge durch ihre Darmflora gegen sehr viele Infektionen geschützt, aber leider nicht vor diesem giftproduzierenden Keim.

Ab wann dürfen Kinder Honig essen?

Kinder über einem Jahr dürfen Honig, Ahornsirup und Maissirup deshalb bedenkenlos verzehren. Danach ist die Darmflora soweit ausgereift, dass die Sporen den Kindern nichts anhaben können.

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Weitere Risiken und Vorsichtsmaßnahmen

Neben dem Botulismus-Risiko gibt es noch weitere Gründe, bei der Ernährung von Säuglingen vorsichtig zu sein. So sollte der Inhalt von Konserven mit Verformungen insbesondere mit Ausbeulungen nicht verzehrt werden, da diese durch Gase des Botulismus-Erregers entstanden sein könnten. Darüber hinaus sollte man auch bei Selbsteingekochtem achtsam sein und dieses grundsätzlich zweimal erhitzen, um eventuell ausgekeimte Sporen zu zerstören. Auch in vakuumverpackten Lebensmitteln wie zum Beispiel Räucherfisch sollte die vorgeschriebene Kühlung unbedingt eingehalten werden.

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