Fairtrade Schokolade: Vom Anbau bis zum Genuss – Ein umfassender Blick auf den Herstellungsprozess
Schokolade ist in Deutschland die unangefochtene Nummer eins der Lieblingssüßigkeiten. Der durchschnittliche Pro-Kopf-Verbrauch liegt bei etwa 9,2 Kilogramm pro Jahr. Ob zu Ostern, Weihnachten, als erfrischendes Eis im Sommer oder als Trost bei Liebeskummer - Anlässe, Schokolade zu genießen, gibt es viele. Kein Wunder also, dass Kakao einer der meistgehandelten Agrarrohstoffe weltweit ist. Doch dieser große Schokoladenhunger hat Folgen für Mensch und Umwelt.
Die Reise des Kakaos: Vom Amazonas in die Welt
Die Kakaopflanze hat ihren Ursprung im Amazonasgebiet. Schon die Maya kultivierten und schätzten sie. Heute wird Kakao weltweit in tropischen Gebieten angebaut. Dabei stammen etwa 65 Prozent der globalen Ernte aus Westafrika, vor allem aus der Elfenbeinküste und Ghana. Weitere wichtige Anbauländer sind Ecuador, Kamerun und Indonesien.
Der Kakaoanbau wird hauptsächlich von Kleinbauern betrieben. Weltweit sind es mehr als 5 Millionen. Nach der Ernte werden die Kakaobohnen aus dem Fruchtfleisch gelöst, fermentiert und getrocknet. Anschließend werden sie zu Kakaomasse, -butter und -pulver weiterverarbeitet. Die Lieferkette dieses beliebten Rohstoffes ist komplex. Einige wenige große Unternehmen kontrollieren einen Großteil des weltweiten Kakaohandels, was die Position der Kakaobauern weiter schwächt.
Die Schattenseiten des Kakaoanbaus
Die globale Nachfrage nach Kakao hat negative Folgen für Mensch und Umwelt. Kakao gehört weltweit zu den größten landwirtschaftlichen Entwaldungstreibern. In der Elfenbeinküste und Ghana sind bereits bis zu 90 Prozent des Waldes unter anderem durch den Kakaoanbau verloren gegangen.
Ursache dafür ist ein Teufelskreis: Plantagen sind oft sehr alt, die Erträge gering. Der Großteil des Kakaos wird in Monokultur angebaut. Oft haben die Bauern keine gesicherten Landrechte, weshalb es sich nicht lohnt, in einen nachhaltigeren Anbau zu investieren. Wenn die Bäume kaum noch Früchte tragen, roden die Kleinbauern neue Flächen. So wird immer mehr Wald für den Kakaoanbau zerstört.
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Auch soziale Probleme befeuern die Naturzerstörung. Die Preise, die die Bauern erhalten, sind oft nicht existenzsichernd und unterliegen starken Schwankungen. Von dem Preis einer Tafel Schokolade erhalten die Bauern nur wenige Cent. Oft sind sie darauf angewiesen, dass ihre Kinder auf den Plantagen mithelfen, was zu schwerer Kinderarbeit führt. Durch den Anbau in Monokultur ist Kakao meist die einzige Einkommensquelle. Sind die Preise niedrig oder fällt die Ernte schlecht aus, verlieren sie ihre gesamte Lebensgrundlage. Hinzu kommt, dass die Bohnen zur Weiterverarbeitung größtenteils exportiert werden, wodurch nur wenig Geld in den Anbauländern verbleibt.
Klimakrise als Kakaokiller
Forscher warnen seit Jahren, dass die Kakaoproduktion in Zukunft einbrechen könnte. Der Klimawandel macht landwirtschaftliche Flächen unbrauchbar. Klimaextreme wie Dürren, Starkregen und Überflutungen vernichten Ernten. Neue Pflanzenkrankheiten treten auf. Zudem schadet der globale Temperaturanstieg dem Gleichgewicht der empfindlichen Kakaopflanze. Verbraucher spüren die Folgen bereits an der Supermarktkasse: Schokolade wird teurer.
Das Forschungszentrum International Center for Tropical Agriculture (CIAT) prognostiziert, dass diese Ausfälle zunehmen werden. Wissenschaftler berechneten, dass im Jahr 2050 90 Prozent der Anbauflächen in Ghana und der Elfenbeinküste für den Kakaoanbau deutlich weniger geeignet sein werden.
Die Zukunft des Kakaoanbaus
Wir werden auch in Zukunft Schokolade genießen können - wenn jetzt die nötigen Maßnahmen zur Anpassung an die Klimakrise ergriffen werden. Entscheidend ist ein vielfältiges Anbausystem in naturnahen Agroforstsystemen. Diese bieten im Gegensatz zur Monokultur zahlreiche Vorteile.
Anstatt dass sich ausschließlich Kakaobäume auf einer Fläche befinden, wächst der Kakao in Agroforstsystemen im Schatten von Bananenbäumen, Edelhölzern oder Palmen. Auf dem Boden werden medizinische Kräuter oder anderes Obst und Gemüse angebaut. Das positive Zusammenspiel von Landwirtschaft und Wald kann zu einer erhöhten Produktivität der Pflanzen beitragen, denn die Bäume und Pflanzen profitieren voneinander, spenden sich gegenseitig Schatten oder reichern den Boden mit Nährstoffen an. Zudem werden weniger Pestizide benötigt, was Tiere und Insekten anzieht und die biologische Vielfalt erhält. Agrofrostsysteme sind zudem widerstandsfähiger gegenüber dem Klimawandel.
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Auch für die Bauern hat dies Vorteile. Durch den Anbau verschiedener Produkte sind sie nicht nur von Kakao als einziger Ernte abhängig, sondern können auch viele weitere Produkte für den eigenen Bedarf oder für lokale und internationale Märkte produzieren und so ihr Einkommen diversifizieren.
Das Engagement des WWF für nachhaltigen Kakao
Der WWF setzt sich in seinen Projekten dafür ein, dass für den Kakaoanbau kein weiterer Wald zerstört wird. Gemeinsam mit lokalen Kooperativen sollen vielfältige Agroforstsysteme gefördert werden, die widerstandsfähig sind und den Bauern vielfältige Einkommensmöglichkeiten bieten. Die Bauern erhalten Schulungen und Unterstützung zu guten landwirtschaftlichen und ökologischen Praktiken, wie beispielsweise zur Erhöhung der Bodenfruchtbarkeit, Kompostierung, ökologischer Schädlingsbekämpfung und nachhaltigen Bewässerungsmethoden. Ein wichtiger Aspekt ist auch die Sicherung der Qualität und eine gesteigerte Wertschöpfung vor Ort. Der WWF unterstützt die Bauern bei den richtigen Trocknungsmethoden und schult sie in der Herstellung von Produkten wie Kakaomasse, -butter oder Schokolade. Aktuell ist der WWF in den Anbauländern Ecuador und Kolumbien aktiv.
Der WWF im Austausch mit Unternehmen
Der WWF engagiert sich in der Multi-Akteurs-Plattform Forum Nachhaltiger Kakao, um wertvolle Ökosysteme zu schützen. Da der Anbau von Kakao und die steigende weltweite Nachfrage nicht ohne Auswirkungen auf die Umwelt bleiben und teilweise zur Rodung tropischer Regenwälder beitragen, setzt sich der WWF im Forum für die nachhaltigere Ausgestaltung des Kakaoanbaus und der Lieferkette ein, um Transparenz, Rückverfolgbarkeit und die Lebensbedingungen in den Anbauländern zu verbessern und weitere Entwaldung zu verhindern. Eine Transformation kann nur gemeinsam mit allen beteiligten Akteuren der globalen Lieferkette gelingen. Daher hält der WWF das Forum Nachhaltiger Kakao für eine wichtige Plattform für den gemeinsamen Austausch.
Tipps für Verbraucher
Nachhaltigkeitssiegel
Nachhaltigkeitssiegel sind mittlerweile auf vielen Supermarktprodukten zu finden, sollten jedoch immer kritisch hinterfragt werden. Zertifizierungen und Standards können zwar eine Orientierung bieten und einen Beitrag zur Rückverfolgbarkeit des Kakaos und Verbesserung von Nachhaltigkeitsaspekten leisten, aber sie können die Einhaltung oft nicht garantieren. Sie sind daher nicht die einzige Lösung für die Probleme des Kakaosektors, sondern nur ein kleiner Baustein. Bei Siegeln am besten auf den Kauf von Bio-Schokolade in Kombination mit anderen Siegeln wie Fairtrade und Rainforest Alliance achten. Anders als die Rainforest Alliance garantiert das Fairtrade-Siegel den Bauern einen Mindestpreis pro Tonne Kakao - also eine Art Absicherung in Zeiten niedriger Weltmarktpreise. Rainforest Alliance hat dafür ein Kriterium zum Schutz der Wälder.
Wertschöpfung vor Ort
Achte beim Kauf von Schokolade auf Initiativen, bei denen der Großteil der Wertschöpfung vor Ort stattfindet, das heißt, die Schokolade wird in den Anbauländern selbst hergestellt, zum Beispiel Fairafric in Ghana oder Paccari in Ecuador.
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In Maßen genießen
Schokolade ist ein besonderes Luxusgut: Genieße Schokolade in Maßen und schätze sie wert.
In den Austausch gehen
Frage bei deinem Lieblingsschokoladenhersteller nach, ob die Schokolade fair ist. Fairhandelsorganisationen wie zum Beispiel GEPA gehen über die Fairtrade-Standards hinaus und zahlen teilweise deutlich höhere Preise als den Fairtrade-Mindestpreis. Informiere dich, teile dein Wissen und informiere andere über den nachhaltigen Genuss von Schokolade.
Der Herstellungsprozess von Schokolade: Vom Baum zur Tafel
Der Herstellungsprozess von Schokolade ist komplex und umfasst viele Schritte, von der Ernte der Kakaobohnen bis zur fertigen Tafel.
Die Ernte und Fermentation
Auf der Plantage schüttelt der Kakaobauer die gelben bis rotbraunen Früchte, um zu testen, ob sich die Samen - die Kakaobohnen - in den Kakaofrüchten lösen. Jede Frucht enthält 40 bis 50 Bohnen - etwa so viele, wie man für die Herstellung einer Tafel Schokolade benötigt. Allerdings schmecken die Bohnen direkt nach der Ernte noch nicht im Geringsten nach Schokolade. Sie sind sehr bitter, da sie viele Gerbstoffe (Polyphenole) enthalten.
Meist noch am Tag der Ernte werden die Früchte geteilt und für den ersten wichtigen Prozess der Herstellung vorbereitet - die Gärmung (Fermentation). Dafür werden die Kakaobohnen samt Fruchtfleisch in Kästen oder auf Bananenblättern ausgebreitet und zugedeckt. Der hohe Zuckeranteil im Fruchtfleisch sorgt dafür, dass es in der tropischen Hitze schnell anfängt zu gären. Hefen und Bakterien zersetzen das Fruchtfleisch, wobei Essigsäure entsteht.
Die Essigsäure dringt ins Innere der Bohne vor, der Keim stirbt ab. Dadurch werden bei den Bohnen verschiedene chemische Prozesse ausgelöst. Einige der bitteren Stoffe verflüchtigen sich durch die nun durchlässigen Häute. Außerdem werden Enzyme aktiv, die Proteasen. Sie zerlegen ein bestimmtes Eiweiß der Bohne in die Grundbausteine, die Aminosäuren. Diese spielen später eine besondere Rolle: Beim Rösten sorgen sie dafür, dass sich die typischen Kakaoaromen bilden.
Trocknung, Sortierung und Transport
Nachdem die Bohnen getrocknet sind, werden sie je nach Größe sortiert. Dafür werden meist Maschinen benutzt, die wie alte Trommeln aussehen. In Jutesäcke verpackt werden die sortierten Bohnen in die Länder verschifft, in denen sie zu Schokolade verarbeitet werden - überwiegend nach Europa und in die USA.
Reinigung, Röstung und Mahlen
Wenn die Bohnen in der Fabrik ankommen, werden sie als erstes maschinell gereinigt. Direkt anschließend geht es in riesige Röstmaschinen. Die Temperatur und die Zeit im Röster hängen vom Bohnentyp und dem gewünschten Effekt ab. Bei bis zu 150 Grad werden den Kakaobohnen die Aromastoffe entlockt, die später den Geschmack der fertigen Schokolade ausmachen.
Nach dem Rösten schmecken die Bohnen schon fast wie Schokolade. Die inzwischen aufgebrochenen Schalen werden durch einen Luftstrom endgültig entfernt. Anschließend werden die Kakaobohnen gemahlen. Dadurch wird das Fett in den Bohnen - die Kakaobutter - größtenteils freigesetzt. Nach dem ersten Mahlen sind die Kakaostückchen in der Masse aber noch längst nicht fein genug. Deshalb werden die Kakaostückchen in einem Walzwerk schrittweise zu winzig kleinen Kakaopartikeln gemahlen.
Conchieren
Nach der Feinvermahlung ist die Masse nicht mehr flüssig, sondern trocken und bröselig - was der Zunge wiederum gar nicht gefallen würde. Die Kakaopartikel sind zwar inzwischen klein genug, aber sie sind extrem zerfurcht und porös geworden. Das Fett, das sie umgeben hat, ist in den Furchen verschwunden. Rodolphe Lindt entdeckte, dass sich dieses Problem durch leichtes Erwärmen und langes Rühren beheben lässt. Er erfand 1879 eine Maschine, die die Stückchen in der Schokoladenmasse so durcheinanderwirbelt, dass das Fett wieder aus den Furchen herausläuft. Diesen Vorgang nennt man "conchieren".
Anfangs wurde die Schokoladenmasse bis zu 95 Stunden conchiert; heute bleibt die Masse einer guten Schokolade rund 24 Stunden in der Conche. Danach haben sich Fett und Kakaopartikel gleichmäßig innerhalb der Masse angeordnet, und das Fett umgibt die Stückchen wie ein feiner Film.
Formen und Verpacken
Fertig ist die Schokolade - nur ist sie noch flüssig und unverpackt. Sie wird nun in Formen gegossen und über ein Förderband geschickt, das vibriert, damit Luftblasen entweichen können. Anschließend geht es in einen Kühltunnel. Dabei kann allerdings etwas schiefgehen: Beim Abkühlen kristallisiert die Kakaobutter in der Schokolade aus, wodurch Kristalle unterschiedlicher Größe entstehen können. Sind diese sehr groß, durchstoßen sie die Oberfläche der Tafel und sind dann tatsächlich mit dem bloßen Auge als weißliche Punkte erkennbar. Dieses Phänomen nennt man Fettreif.
Bei der Herstellung wird verhindert, dass sich Fettreif bildet, indem man die Masse vor dem Abkühlen mit Musterkristallen impft. So bringt man das Fett dazu, die Kristalle beim Abkühlen in der vorgegebenen, gleichmäßigen Struktur anzubauen. Letzter Schritt in der Fabrik ist das Verpacken, was heute selbstverständlich von Maschinen erledigt wird.
Fairtrade Schokolade: Mehr als nur ein Genuss
Fairtrade Schokolade ist mehr als nur eine Süßigkeit. Sie ist das Ergebnis eines Prozesses, der auf fairen Bedingungen für die Kakaobauern basiert. Fairtrade-Organisationen wie GEPA garantieren den Kleinbauern einen festen Anteil am Erlös, was ihnen Planungssicherheit und bessere Bildungschancen ermöglicht. Zudem werden ihnen Fortbildungen zu technischen Fortschritten angeboten, damit sie modern wirtschaften können.
Viele Fairtrade-Produkte sind außerdem ökologisch hergestellt. Bei ihrer Produktion werden keine Pflanzenschutzmittel oder mineralischen Dünger verwendet. Das ist wichtig, weil in den armen Gegenden häufig das Geld für Schutzbekleidung der Plantagenarbeiter fehlt. So kommen sie in der Bio-Produktion nicht direkt in den Kontakt mit den Substanzen, die ihrer Gesundheit schaden.
Fairtrade bedeutet also gute Arbeitsbedingungen zu gerechten Löhnen, sowohl auf Plantagen für Lebensmittel als auch in Fabriken vor Ort.
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