Ist Milka Schokolade Fairtrade? Eine Untersuchung der ethischen Aspekte
Schokolade ist eine der beliebtesten Süßigkeiten weltweit, aber hinter dem süßen Geschmack verbirgt sich oft eine bittere Wahrheit: Kinderarbeit und unfaire Bedingungen für Kakaobauern. Dieser Artikel beleuchtet die ethischen Aspekte der Schokoladenproduktion, insbesondere im Hinblick auf Marken wie Milka, und untersucht, ob und inwieweit Fairtrade-Standards eingehalten werden.
Die dunkle Seite der Schokolade: Kinderarbeit und Ausbeutung
Es ist eine unbequeme Wahrheit: Ein Großteil der Schokolade stammt aus Kakao, an dessen Anbau und Ernte Kinder beteiligt sind. Allein in der Elfenbeinküste und Ghana, den Hauptlieferanten für Schoko-Zutaten, sind es rund 1,6 Millionen Kinder. Diese Kinder kommen bei der Ernte nicht nur durch das Schleppen von schweren Säcken zu Schaden oder indem sie Pestizide einatmen, sondern auch durch das Hantieren mit scharfen Macheten, was zu Verletzungen und Verstümmelungen führen kann.
Um einer gesetzlichen Regulierung zu entgehen, haben sich die großen Schokoladenhersteller im sogenannten Harkin-Engel-Protokoll dazu verpflichtet, die schlimmsten Formen der Kinderarbeit bis zum Jahr 2005 auszumerzen. Doch bis dahin passierte kaum etwas. Im Jahr 2016 rief Barry Callebaut, der weltweit größte Verarbeiter von Kakao, ein ehrgeiziges Nachhaltigkeitsprogramm mit dem Titel „Forever Chocolate“ aus. Dazu gehörte das Ziel, Kinderarbeit in der eigenen Lieferkette bis zum Jahr 2025 auszumerzen. Doch dieses Ziel ist nicht zu schaffen.
Barry Callebaut gesteht Scheitern ein
Entsprechend hohe Aufmerksamkeit hatte 2016 die Ankündigung erregt, dass die Schweizer bis 2025 auf Kinderarbeit verzichten wollen. Und ähnlich laut ist nun das Echo, als Barry Callebaut bekannt gab, dieses Ziel nicht erreichen zu können. Ein Armutszeugnis auf Kosten der Ärmsten: „Wir wollen ehrlich sein und anerkennen, dass Kinderarbeit bis 2025 nicht beseitigt werden kann“, sagte Nicolas Mounard, Nachhaltigkeitsmanager von Barry Callebaut, in einer Pressekonferenz.
Für Hersteller liegt die erste Herausforderung darin, herauszufinden, welche ihrer Lieferanten in all den afrikanischen Dörfern Kinder beschäftigen. Dass die Zahl der entdeckten Fälle von Kinderarbeit 2021 und 2022 um 19 Prozent auf mehr als 25.000 stieg, dürfte damit zu tun haben, dass schlichtweg stärker kontrolliert wurde. Wer besser hinschaut, sieht auch mehr. Nun kaufen einige Hersteller ihre Kakaobohnen direkt ein, bei Barry Callebaut trifft das nur auf ein Drittel der benötigten Menge zu. Zwei Drittel stammen von Drittlieferanten. Und bei denen sind die ethischen Standards deutlich niedriger, wie sich inzwischen herausstellte: Nur ein Viertel der Drittlieferanten hat ein hinreichendes Überwachungssystem. Es geht dabei vor allem um Kakaobohnen, aber auch um Palmöl, Nüsse, Rohrzucker und Milchprodukte.
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Die Bauern vor Ort brauchen höhere Einkommen. Wer es sich nicht leisten kann, Arbeitskräfte einzustellen, muss auf die Hilfe der Kinder bei der Ernte zurückgreifen. Das Schweizer Unternehmen hat eine Studie in Auftrag gegeben und herausgefunden, dass nicht einmal zehn Prozent der Kakaobauern in der Elfenbeinküste ein existenzsicherndes Einkommen erwirtschaften können, wenn sie den Nachhaltigkeitsstandards von Fairtrade International gerecht werden wollen. „Infolgedessen bleiben viele ivorische Kakaobauern in der Armut gefangen und sind nicht in der Lage, in Produktivitätsverbesserungen zu investieren, die ihnen helfen könnten, ihre Erträge zu steigern und die Einkommenslücke zu schließen“, heißt es in der Studie.
Das Dilemma der Nachhaltigkeitssiegel
Entsprechend kassierte Barry Callebaut nicht nur das Ziel, bis 2025 auf Kinderarbeit zu verzichten, sondern auch das Vorhaben, bis zum selben Zeitpunkt 100 Prozent der Rohwaren aus nachhaltigem Anbau zu verwenden. Bisher liegt der Anteil bei rund 50 Prozent. Die Schweizer geben sich dafür jetzt bis 2030 Zeit. Allerdings hat das Unternehmen das Wort „nachhaltig“ durch „zertifiziert und verifiziert“ ersetzt. Letzteres bedeutet lediglich, dass die Herkunft des Kakaos bekannt ist. „Nachhaltig“ würde bedeuten, dass ökologisch und sozial in der Lieferkette alles in Ordnung wäre.
Für Verbraucher ist es gerade bei Schokolade schwer, ethisch und ökologisch nachhaltige Produkte zu kaufen. Selbst eine renommierte Organisation wie die Rainforest Alliance musste zuletzt eingestehen, dass die von ihnen zertifizierten Produkte keineswegs zu 100 Prozent nachhaltig seien, weil das Zertifikat die ethische Komponente nicht hinreichend berücksichtigt. Das Label UTZ, das man häufig auf Discounter-Schokolade findet, ist etwas positiver zu bewerten nach dem Motto: besser als gar kein Siegel. Hier werden gewisse Nachhaltigkeitskriterien abgefragt, aber bei weitem nicht alle. Das bekannte Bio-EU-Siegel gibt es auch für Schokolade, überprüft aber keine sozialen Standards wie Kinderarbeit, sondern den Einsatz von Pestiziden und andere Öko-Kriterien.
Fairtrade als Ausweg?
Noch empfehlenswerter ist das Siegel von Fairtrade. Auch das Handelshaus Gepa setzt bei seinem Siegel sehr strenge Maßstäbe an. Produkte, die es tragen, sind aber schwer zu finden - entweder direkt im Gepa-Onlineshop oder in Weltläden. Manchmal ist die Kombination von Siegeln auch hilfreich: Rewe zertifiziert sich mit dem hauseigenen Siegel Pro Planet zwar selbst, aber auch hier gilt: besser als nichts. Wer keine Schokolade mit Fairtrade-Siegel findet, kann sich mit „Naturland Fair“ behelfen. Im Bio- und Naturkosthandel finden Konsumenten auch Produkte mit dem „Hand-in-Hand-Emblem“ des Bio-Pioniers Rapunzel, das eine hohe Glaubwürdigkeit genießt, obwohl es vor allem die eigenen Produkte zertifiziert. Ritter Sport hilft bei seinem Programm namens „Cacaonica“ nicaraguanischen Bauern, durch eine Professionalisierung des Kakaoanbaus die Qualität zu optimieren und so gute Preise für ihren Kakao zu erzielen.
Milka im Fokus: Nachhaltigkeit und Verbrauchertäuschung
Schokoladentafeln von Milka enthalten inzwischen 90 statt bisher 100 Gramm Schokolade - nun ziehen Verbraucherschützer vor Gericht. Die Verbraucherzentrale Hamburg reichte eine Klage gegen den Hersteller Mondelez beim Landgericht Bremen ein, wie das Gericht der Deutschen Presse-Agentur bestätigte. Der Vorwurf: unlauterer Wettbewerb - aus Sicht der Verbraucherschützer handelt es sich bei der neuen Tafel um eine "Mogelpackung". Im Juli hatte Milka bereits den Negativpreis "Goldener Windbeutel" von der Verbraucherorganisation Foodwatch zugesprochen bekommen. Bei einer Online-Abstimmung wählten 34 Prozent der mehr als 58.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Milka-Alpenmilch-Schokolade zur "dreistesten Werbelüge des Jahres", wie Foodwatch mitgeteilt hatte.
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"Viele Verbraucherinnen und Verbraucher kaufen die Schokolade von Milka seit vielen Jahren in der gewohnten Verpackung und gehen davon aus, dass sich die Füllmenge nicht verändert hat", meint Armin Valet, Lebensmittel-Experte bei der Verbraucherzentrale. "Doch sie werden getäuscht, weil etliche Sorten nur noch 90 Gramm zum gleichen oder gar höheren Preis enthalten." Aus Sicht der Verbraucherschützer ist der Unterschied zwischen den Schokoladentafeln nur im direkten Vergleich zu erkennen. Während die Verpackung und das Design den Angaben zufolge identisch sind, ist die Tafel selbst um rund einen Millimeter dünner geworden. Ein deutlicher Hinweis auf die Reduzierung des Inhalts fehle, kritisiert die Verbraucherzentrale. Sie stehe zwar klein auf der Vorderseite der Verpackung, sei aber leicht zu übersehen und werde häufig von den Verkaufskartons im Supermarktregal verdeckt.
Der Hersteller Mondelez Deutschland sieht das anders. Transparenz für die Verbraucher habe oberste Priorität, betonte eine Sprecherin des Unternehmens. Doch die Kosten für die Lieferkette und die Zutaten seien zuletzt stark gestiegen. "So haben sich beispielsweise die Kakaopreise in den letzten zwölf Monaten fast verdreifacht und ein Rekordniveau erreicht." Um wettbewerbsfähig zu bleiben und keine Kompromisse beim Geschmack und der Qualität eingehen zu müssen, habe der Hersteller das Gewicht der Milka-Tafel im Standard- und im Großformat angepasst.
Milka-Schokolade ist weder Fairtrade- noch Bio-zertifiziert. Die aktuelle Kampagne von Milka trägt den Namen „Milka schmeckt wie“ - Unter dem Hashtag #milkaschmecktwie lässt Mondelez sogenannte Influencer uninspirierte Fotos mit ihrer lila Schokolade posten. Milka „nur“ der Viertgrößte Schokoladenhersteller ist und mit cocoa life immerhin ein Programm ins Leben gerufen hat, um mehr für faire Schokolade zu tun, das klingt aber alles mehr wie Greenwashing. Zu viele schwammige Umschreibungen, zu wenig Transparenz.
Alternativen und Empfehlungen für ethischen Schokoladenkonsum
Es gibt also Wege, Schokolade mit gutem Gewissen zu konsumieren. Fairtrade-Schokolade ist jetzt wichtiger denn je, denn es geht in der Industrie schon ausbeuterisch genug zu. Beim Kauf von Schokolade sollte man auf Fairhandels-Siegel wie Fairtrade, Gepa oder Naturland Fair achten. Diese Siegel stehen für bessere Löhne und Produktionsbedingungen, verbieten Kinderarbeit und fördern die strukturelle Entwicklung vor Ort.
Unternehmen wie Tony's Chocoloney zeigen, dass die Produktion auch ohne Kinderarbeit geht. Tony’s Open Chain ist eine Initiative, der sich Schokoladen-Unternehmen anschließen können. Ziel der Tony’s Open Chain ist, dass 100 % der weltweit produzierten Schokolade sklavenfrei ist.
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Gerade jetzt ist es wichtig, auf faire und nachhaltige Aspekte zu achten. Im Zweifel lieber ein bisschen weniger einkaufen, dafür aber für gute Schokolade ein bisschen mehr Geld ausgeben.
Fairchain: Ein Schritt weiter in Richtung Fairness
Der Fairchain-Ansatz sieht vor, den gesamten Produktionsprozess im Herkunftsland der Rohstoffe zu belassen und so die Kontrolle in die Anbauländer zu bringen. Ein Fairchain-Unternehmen in Deutschland ist etwa Fairafric. Statt Kakao zu importieren und ihn erst in Deutschland zu verarbeiten, wird die Schokolade komplett in einer biozertifizierten Kooperative in Ghana produziert. Das schafft neue und langfristige Arbeitsplätze vor Ort und sorgt für mehr Kontrolle bei der Preispolitik.
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