Delitzsch Schokolade: Eine Reise durch die DDR-Geschichte
Die Geschichte der Schokoladenproduktion in Delitzsch ist eng mit der wirtschaftlichen und politischen Entwicklung Deutschlands, insbesondere der DDR, verbunden. Von den Anfängen als Familienunternehmen bis zur Verstaatlichung und schließlich zur Privatisierung spiegelt die Geschichte der Delitzsch Schokolade die Höhen und Tiefen der deutschen Industrie wider.
Die Anfänge: Böhme AG
Der Ursprung der Schokoladenproduktion in Delitzsch liegt im Jahr 1894, als Albert Böhme und sein Schwager Karl Hommel das Unternehmen Böhme AG gründeten. Die Firma, ansässig in der Eilenburger Straße 13, entwickelte sich schnell zu einem bekannten Namen für Süßwaren, deren Produkte zunächst auf Jahrmärkten und Volksfesten verkauft wurden. 1906 wurde die Firma in eine Aktiengesellschaft unter dem Namen Delitzscher Schokoladenfabrik AG umgewandelt, ab 1922 firmierte sie als Böhme AG.
Die strategisch günstige Lage von Delitzsch, mit ihren Rohstoffvorkommen, der zentralen Lage und den guten Böden, bot eine ideale Basis für die wirtschaftliche Entwicklung im Industriezeitalter. Der Bau wichtiger Eisenbahnstrecken Ende des 19. Jahrhunderts förderte zusätzlich die Entwicklung von Delitzsch zu einem Standort des Genusses, bekannt für Bier, Zucker und Schokolade.
Kriegswirtschaft und Enteignung
Die Zeit des Nationalsozialismus brachte auch für die Böhme AG Veränderungen. 1943 wurde die Produktion auf die Herstellung von Nahrungsmitteln für die Wehrmacht umgestellt. Im Jahr 1944 erfolgte sogar eine Umstellung auf Flugzeugteilfertigung für die Erla-Werke. Nach dem Krieg, im Jahr 1945, wurde ein Großteil des Vermögens durch Alfred Fiedler, einem Anteilseigner, in Schweden deponiert. Albert Böhme, der Gründer des Unternehmens, verstarb 1947.
VEB und Kombinat: Die sozialistische Ära
Im Jahr 1950 wurde die Firma unter Treuhandverwaltung gestellt, bevor sie am 1. Juni 1951 unter der Bezeichnung VEB Mitteldeutsche Süßwarenfabrik Delitzsch verstaatlicht wurde. Entsprechend der Tradition reichte die Produktpalette von Schokolade, Pralinen, Weinbrandbohnen bis zu Bonbons. In den folgenden Jahren gab es mehrere Namensänderungen und Betriebsangliederungen:
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- 1953: VEB Mitteldeutsche Süßwarenfabriken Delitzsch/Eilenburg
- 1955: VEB Sachar-, Kakao- und Schokoladenwerke Delitzsch
- 1960: VEB Delitzscher Schokoladenwerke "Delitzscher"
- 1966: VEB Vereinigte Süßwarenwerke Delitzsch/Eilenburg
- 1974: VEB Vereinigte Süßwarenwerke Delitzsch/Eilenburg/Bergwitz
Diese Umstrukturierungen waren typisch für die DDR-Wirtschaft, in der Betriebe verstaatlicht und zu größeren Einheiten zusammengefasst wurden.
1980 wurde das VEB Kombinat Süßwaren Delitzsch gegründet, das dem Ministerium für Bezirksgeleitete Industrie und Lebensmittelindustrie, Berlin, des Ministerrates der DDR unterstellt war. Zum Generaldirektor des Kombinates wurde der bisherige Direktor des VEB VSW berufen, der VEB VSW wurde Stammbetrieb des Kombinates. Die Beschäftigtenzahl des Stammbetriebes stieg von 1973 bis 1989 nur gering: von 1100 auf 1230 Mitarbeiter. Dem VEB Süßwarenkombinat waren 1980 insgesamt 21 volkseigene Betriebe mit Sitz im gesamten Territorium der DDR unterstellt, darunter namhafte Betriebe wie VEB Berliner Schokoladenwerk "Elfe", VEB Süßwarenfabrik Döbeln, VEB Schokoladenfabrik "Halloren" Halle und VEB Schokoladen- und Zuckerwaren "Zetti" Zeitz.
Neben den Produktionsbetrieben gehörten zum Kombinat auch Betriebe des Rationalisierungsmittelbaues, wie der VEB Forschung und Rationalisierung Leipzig und der VEB Ratiobau Pößneck. Der VEB Forschung und Rationalisierung Leipzig führte nicht nur die Planung, sondern auch die Realisierung der Rationalisierungsvorhaben der Süßwaren- und Dauerbackwarenindustrie der DDR durch.
Das Ende der DDR und die Privatisierung
Mit dem Fall der Mauer und der Wiedervereinigung Deutschlands im Jahr 1990 begann ein neues Kapitel für die Delitzsch Schokolade. Die Delitzscher Schokoladen GmbH i. G. wurde am 7. Mai 1991 an das Wilhelm Schmitz-Scholl Unternehmen (WISSOLL) verkauft. Seitdem trägt das Unternehmen wieder den Namen Böhme Schokoladen GmbH, Delitzsch.
Die Böhme AG nach der Wiedervereinigung
Nach der Übernahme durch Wissoll wurde der Standort Delitzsch zu einer der modernsten Pralinenfabriken Europas ausgebaut. Heute ist die Schokoladenfabrik in Delitzsch ein selbständiges Unternehmen, das an seine regionalen Wurzeln anknüpft und gleichzeitig international tätig ist.
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Die Schokoladenproduktion in der DDR
Die Schokoladenproduktion in der DDR war, wie die gesamte Wirtschaft, stark von den politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen geprägt. Rohstoffknappheit und Devisenmangel führten dazu, dass oft Ersatzprodukte hergestellt wurden. Ein bekanntes Beispiel ist die "Schlager Süßtafel" von Zetti, die ohne Kakao hergestellt wurde. Trotz dieser Herausforderungen gelang es der ostdeutschen Süßwarenindustrie, qualitativ hochwertige Produkte herzustellen, wenn ausreichend Rohstoffe vorhanden waren.
Das Schicksal anderer Süßwarenhersteller in der DDR
Die Geschichte der Delitzsch Schokolade ist beispielhaft für das Schicksal vieler Süßwarenhersteller in der DDR. Viele Betriebe wurden geschlossen, von westdeutschen Firmen aufgekauft oder privatisiert. Einige Marken verschwanden zunächst vom Markt, bevor sie im Zuge der "Ostalgie" wiederbelebt wurden.
Archivbestände zur Geschichte des VEB Süßwarenkombinat Delitzsch
Für die Erforschung der Geschichte des VEB Süßwarenkombinat Delitzsch sind Archivbestände von großer Bedeutung. Im Oktober 1990 wurden 17 laufende Meter betriebliches Schriftgut an das Staatsarchiv Leipzig übergeben. Der zusammengefaßte Bestand wurde 1997 auf der Grundlage der Ordnungs- und Verzeichnungsgrundsätze von 1964 erschlossen. Der Umfang des Bestandes beträgt 10 laufende Meter. Die Registaturbildner des zusammengefaßten Bestandes sind der VEB VSW Delitzsch/Eilenburg/Bennewitz (mit Vorgängern) und das VEB Kombinat Süßwaren Delitzsch und die gesellschaftlichen Organisationen.
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