Die Geschichte der Alten Herren Schokolade: Eine Reise durch Zeit und Geschmack
Die Geschichte der Schokolade ist eine faszinierende Reise, die von den alten Kulturen Mesoamerikas bis zu den modernen Schokoladenfabriken der Welt führt. Im Zentrum dieser Geschichte steht oft der Name Philippe Suchard, ein Schweizer Schokoladenpionier, der im 19. Jahrhundert mit seiner Leidenschaft und seinen Innovationen die Welt der Schokolade revolutionierte.
Philippe Suchard: Der Pionier aus der Schweiz
Philippe Suchard wurde im Oktober 1797 in Boudry im Kanton Neuenburg geboren. Seine Reise in die Welt der Süßigkeiten begann früh, als er 1814 eine Lehre als Zuckerbäcker in der Berner Confiserie seines Bruders Frédéric absolvierte. Nach seiner Ausbildung versuchte Suchard 1824 sein Glück in Amerika, kehrte aber ernüchtert in die Schweiz zurück. Doch statt aufzugeben, verfolgte er seine Vision weiter.
Die Gründung der ersten Fabrik in Serrières
Im Jahr 1825 eröffnete Philippe Suchard in Neuenburg seine eigene Confiserie-Chocolaterie. Doch schon bald merkte er, dass die Räumlichkeiten nicht ausreichten, um die steigende Nachfrage zu bedienen. Bereits ein Jahr später, 1826, verlagerte er die Produktion in eine leerstehende Mühle im Vorort Serrières. Hier legte er den Grundstein für eines der größten Schokoladenimperien. Die erste Fabrik von Suchard entstand in einer leerstehenden Mühle in Serrières. Ein Reklameplakat aus den 1860er Jahren zeugt von dieser frühen Phase.
Der "Mélangeur": Eine Revolution in der Schokoladenherstellung
Einer der größten Beiträge von Philippe Suchard zur Schokoladenherstellung war seine Erfindung des "Mélangeurs". Diese Maschine revolutionierte die Schokoladenherstellung, indem sie das Vermengen von Kakaopulver und Zucker erleichterte und verbesserte. Das Gerät war nicht nur ein technisches Hilfsmittel, sondern markierte auch den Beginn der modernen Schokoladenproduktion. Die feinere Konsistenz, die durch den "Mélangeur" erzielt wurde, machte die Schokolade schmackhafter und trug zur wachsenden Beliebtheit bei. Bis heute kommt der "Mélangeur" bei der Schokoladenproduktion weltweit zum Einsatz.
Expansion und Wachstum
Mit dem Erfolg in Serrières wuchs auch das Unternehmen rasant. Ab den 1880er Jahren expandierte Suchard ins Ausland, darunter nach Lörrach in Deutschland (1880) und Bludenz in Österreich (1888). Philippe Suchard, gefolgt von seinem Sohn Philippe Suchard Jr. und Schwiegersohn Carl Russ-Suchard, führte das Unternehmen durch eine Phase schnellen Wachstums. Die Tagesproduktion stieg von bescheidenen 30 Kilogramm im Jahr 1826 auf beeindruckende 60 Tonnen bis 1924.
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Milka: Eine Marke schreibt Geschichte
Ein Meilenstein in der Geschichte des Unternehmens war die Einführung der Milchschokolade unter dem Namen "Milka" im Jahr 1901. Der Name, eine Wortschöpfung aus "Milch" und "Kakao", wurde zur weltweit bekannten Marke. Heute ist die Milka-Kuh nicht nur ein Markenzeichen, sondern ein Stück Schweizer Kulturgut, das in der Schokoladenwelt einzigartig ist. Die ikonische lila Verpackung und später auch die lila Kuh wurden zu unverkennbaren Symbolen.
Werbung und Marketing
Die Werbung spielte schon früh eine zentrale Rolle im Erfolg der Marke. Zu einer Zeit, als moderne Medien wie Radio oder Fernsehen noch nicht existierten, waren Plakate, Postkarten und Schilder das wichtigste Mittel zur Werbung. Suchard setzte früh auf kunstvoll gestaltete Werbematerialien, um seine Schokolade in den Köpfen der Menschen zu verankern. Die Plakate zeigten oft Szenen, die Genuss und Luxus vermittelten - zum Beispiel elegante Damen und Herren, die Schokolade in feinen Salons genossen. Diese Art von Werbung zielte darauf ab, ein gehobenes Publikum anzusprechen und den Konsum von Schokolade als erstrebenswertes Vergnügen darzustellen. Philippe Suchard erkannte auch schnell die Bedeutung einer ansprechenden Verpackung. Die Schokolade und der Kakao wurden in elegant gestalteten Dosen, Boxen oder mit aufwendigen Banderolen angeboten, die die Exklusivität des Produkts unterstrichen. Auszeichnungen und Medaillen wurden im 19. Jahrhundert massiv eingesetzt. Solche Ehrungen wurden in der Werbung gezielt hervorgehoben, um die hohe Qualität der Produkte zu betonen. Ein rezentes Beispiel erfolgreicher Produktwerbung von Suchard aus der rezenteren Vergangenheit sind Werbeslogans wie „Die zarteste Versuchung, seit es Schokolade gibt“, komponiert von Christian Bruhn, ein in Radio und TV eingesetztes Jingle mit Ohrwurmcharakter. Bekannt dürfte Ihnen auch Peter Steiner sein, auch wenn der Name Ihnen nicht gleich etwas sagt: Er ist der bärtige, ältere Herr, der in den 1990er Jahren den charmanten "Alm-Öhi" verkörperte.
Herausforderungen und Veränderungen
Die Geschichte von Suchard war nicht nur eine von Wachstum, sondern auch von Veränderungen. 1970 fusionierte das Unternehmen mit Tobler zur Interfood, und 1982 übernahm der Unternehmer Klaus J. Jacobs die Aktienmehrheit, was zur Gründung von Jacobs Suchard führte. Doch die Globalisierung machte auch vor der Schokoladenbranche nicht Halt: 1990 übernahm Philip Morris das Unternehmen, und die traditionsreiche Marke wurde in Kraft Jacobs Suchard umbenannt, bevor 2012 eine erneute Umstrukturierung zu Mondelēz International stattfand.
Das Erbe von Suchard
Heute, mehr als 150 Jahre nach der Gründung, ist die Schokolade aus dem Hause Suchard noch immer auf der ganzen Welt bekannt. Der Erfindungsgeist von Philippe Suchard und seine Beharrlichkeit schufen ein Unternehmen, das Generationen überdauerte und den Genuss von Schokolade für immer veränderte. Von der bescheidenen Confiserie in Neuenburg bis hin zu den riesigen Produktionsstätten in Lörrach und Bludenz: Suchards Einfluss auf die Schokoladenindustrie ist nicht zu leugnen - und seine Geschichte bleibt eine Inspiration für angehende Unternehmer weltweit.
Ein Blick auf andere Schokoladenhersteller in Deutschland
Während Suchard in der Schweiz seinen Siegeszug antrat, gab es auch in Deutschland bedeutende Schokoladenhersteller, die die Branche prägten. Sprengel, Sarotti, Trumpf und Stollwerck waren bis weit in die sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts bekannte Namen im deutschen Schokoladen-Kosmos. Die Auswahl beschränkte sich meist auf Vollmilch oder Zartbitter, allenfalls mit Nuss als Option. Später kamen dann jugendliche Marken wie Milka und Ritter Sport hinzu. Auch der Versuch der Firma Stollwerck, mit einer Kampagne für die "Schwarze Herrenschokolade" dem altbackenen Etikett "Zartbitter" etwas Leidenschaft und Strenge einzuhauchen, brachte noch keine Wende. Erst viel später brachten Johnny Depp und Juliette Binoche im Film "Chocolat" den Kakao wieder zum Kochen und befeuerten die alte Liebe zum exotischen Süßgenuss mit scharfem Chili neu.
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Die Renaissance der Schokolade
Mit der neuen Schokolade war es wie mit der Medizin: Bitter musste sie schmecken, sonst nützt sie nichts. Wer hip sein wollte, brauchte Prozente. Wo bei deutschen Konsumenten früher mit 70 Prozent Kakao-Anteil Schluss war, stieg nun der Anteil schnell auf 80, 90, gar 99 Prozent. Und als die Schweizer Firma Lindt im Supermarkt mit den Spitzenwerten das Schokoladenregal übernommen hatte und überall sichtbar die Bitterfahne wehte, wusste es auch der letzte Pralinenfreak: Schokolade war wieder in, durfte verschenkt werden, vermittelte Sozialprestige und Party-Gesprächsstoff. Und es macht auch Spaß, sich in den meist hübsch eingerichteten neuen Tempeln der Schokolust von enthusiastischen Jungunternehmern mit leuchtenden Augen beraten zu lassen. Duft, Farbe, Herkunft, richtiger Umgang: Wer dieses Probieren vom Wein kennt, fühlt sich meist rasch zu Hause zwischen den Tafeln, Tüten, Schachteln und Dosen. Lutschen, nicht kauen! Auf das Bruchgeräusch achten! Wurde die Schokomasse lange genug "conchiert" (gerührt)? Schnell lernte man dazu und achtete auch darauf, nur ja eine teure Miniplatte mit der seltenen Kakaosorte Criollo zu erwischen, ausgesucht je nach gewünschtem Säuregehalt.
Regionale Spezialitäten und Handwerkskunst
Und doch sollte man sich nicht zu schnell und ausschließlich von den meist recht teuren Produkten der bekannten Häuser aus Belgien, Frankreich, der Schweiz oder Italien verführen lassen. Lange bevor es in trendbewussten Kreisen wieder um Kakao ging, pflegten kleine und größere deutsche Firmen und Konditoren spezielle Kreationen mit stiller Hingabe und schönsten Ergebnissen. Gönnen Sie sich den Spaß und suchen Sie! Sicher gibt es auch in Ihrer Stadt einen guten Wochenmarkt. Prüfen Sie den Süßwarenstand auf Angebot und Qualität und sprechen Sie mit dem Personal - oft findet sich hier ein Fachmann oder eine Fachfrau, die Sie an ihrer meist ansehnlichen Erfahrung gern teilhaben lässt. So gab mir mein Markt-Experte zu Ostern den Tipp mit der Berliner Firma Sawade, deren Schokoladen-Eier eher billiger als gängige Supermarktware von großen Namen waren, nur unvergleichlich delikater. Fast noch besser: Gehen Sie zu einem Konditor, so Sie denn noch einen in der Nähe finden. Vielleicht macht er seine Pralinen noch selbst - dann sind sie allemal einen Test wert, auch wenn solche Handwerksware inzwischen locker sechs Euro pro 100 Gramm kostet. Derzeit scheinen ambitionierte Süß-Designer einen Kreativitätsschub auszuleben, denn man findet so launige Produkte wie saure Pralinen mit exotischen Fruchtaromen oder auch Gorgonzola-Kakao-Kombination. Alles in kleinen Portionen zu genießen, versteht sich. Aber Pralinen stopft man ja auch nicht - wie guten Käse - achtlos in sich hinein. Im Gegenteil: Versuchen Sie einmal die Verbindung von markantem Rotwein (Shiraz, Cabernet Sauvignon) mit nicht allzu "hochprozentiger" Schokolade. Das kann überraschend harmonisch munden. Vorsicht allerdings vor Schärfe: Die sehr intensiven Schoko-Chili-Kombinationen blühen nur als Solisten richtig auf.
Hachez: Ein Bremer Beispiel
Ein weiteres Beispiel für einen traditionsreichen deutschen Schokoladenhersteller ist Hachez in Bremen. Anlässlich des 100jährigen Firmenjubiläums erklärte der Geschäftsführer Hasso Nauck das unkonventionelle Qualitätsprinzip des Bremer Edel-Schokolade -Herstellers: Ein ausgesuchtes Spezialitäten-Sortiment statt schnöder Massenware, altes Pralinen-Handwerk mit moderner Technik, erlesene Rohstoffe.
Mauxion: Eine Reise von Berlin nach Aachen
Die Geschichte der Firma Mauxion ist ebenfalls bemerkenswert. Gegründet 1855 in Berlin, verlagerte das Unternehmen seinen Sitz später nach Aachen. Die Gründung der Firma geht auf das Jahr 1855 zurück. Am 3.6.1855 eröffnete der fünfundzwanzig jährige Franzose André Mauxion eine Confiserie in Berlin. 1872 entschloss er sich in die Schokoladenproduktion einzusteigen. Altersbedingt übertrug er 1895 die Geschäftsleitung an seine Söhne Alfred und Felix. Da in Berlin Expansionsraum für eine Erweiterung der Fabrik fehlte, erwarben die Brüder 1900/1901 ein Grundstück in Saalfeld, Thüringen, das erhebliche Standortvorteile für die Energieversorgung der Fabrik besaß. Eine neue Ära von Mauxion begann 1911 mit dem Einstieg von Ernst Hüther (1880-1944) und der Umwandlung der offenen Handelsgesellschaft am 5. September 1911 in die „Chocoladenfabrik Mauxion GmbH“. Zu Beginn war dieser als einer von fünf Gesellschaftern mit nur 25.000 Reichsmark am Stammkapital beteiligt. Nachdem er sich zunächst die Geschäftsführung mit Alfred Mauxion geteilt hatte, übernahm er am 28.6.1913 die alleinige Leitung und prägte seitdem die Geschichte von Mauxion.
Mauxion im Ersten und Zweiten Weltkrieg
Mauxion gehörte zu den Schokoladenfabriken, die von der Bohne bis zur Schokoladentafel produzierten. Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs und der Seeblockade der Engländer kämpfte die Firma mit Lieferengpässen, da kein Rohkakao mehr zu bekommen war. Da Hüther noch unmittelbar vor Kriegsbeginn erhebliche Mengen an Rohstoffen eingekauft hatte, konnte er dennoch eine Zeit lang weiterproduzieren. Die noch vorhandenen Schokoladen- und Kakaobestände wurden im Zuge der Kriegsernährungswirtschaft schon bald für die Heerverpflegung bestimmt. Wie andere Schokoladenfabriken sah sich Mauxion zur Produktion von Nährmitteln, Suppenmehlen und anderen Surrogaten, gezwungen. Nach Ende des Krieges modernisierte und erweiterte Hüther die Fabrikanlage. Schon 1916 hatte der Bau der Saalbrücke, die das Werk mit der Stadt am gegenüberliegenden Ufer der Saale verband, die wirtschaftliche Bedeutung des Unternehmens verdeutlicht. Zwischen 1921 und 1928 wurde der größte Teil der alten Anlagen abgerissen und durch einen neuen Industriebau ersetzt. Wie andere Unternehmer strebte Hüther eine gewisse Autarkie des Betriebes an. Aus diesem Grund erwarb er eine Hausdruckerei, eine Buchbinderei, eine Kistenfabrik und eine Autohalle. Zur Deckung des steigenden Strombedarfs ließ er auch auf dem Fabrikgelände ein neues Dampfkraftwerk bauen. Am Saalfelder Bahnhof entstanden außerdem mehrere Gleisanlagen, die nur für den Versand von Mauxion-Ware bestimmt waren. Täglich wurden hier bis zu 25 Waggons abgefertigt. Für seine Mitarbeiter stiftete er außerdem ein Erholungsheim in Garmisch-Partenkirchen. Der Zweite Weltkrieg traf das Unternehmen wiederum schwer. Die Einfuhr von Rohkakao nahm zunächst rapide ab, bis sie 1942 schließlich ganz zum Erliegen kam. Produktion und Verbrauch unterlagen erneut der staatlich gelenkten Kriegswirtschaft. Neben Süßwaren begann Mauxion Nährmittel wie Malzkost, Haferkakao, Melakost, Trockengemüse, Trockenobst zu produzieren. Um eine Schließung des Werkes abzuwenden, stellte Hüther BMW Räume für die Produktion von kriegswichtigen Rüstungsgütern, für Flugzeuge und andere Fahrzeuge, bereit. Im August 1944 starb Ernst Hüther und sein Sohn Werner (1908-1962) übernahm die Leitung. Bereits am 16.7.1945 wurde er jedoch enteignet und floh zwei Jahre später über die Grenze nach Westdeutschland.
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Mauxion nach dem Zweiten Weltkrieg
1948 wurde die Enteignung rechtskräftig vollstreckt und das Unternehmen zum „VEB (Volkseigener Betrieb) Mauxion“ erklärt. Ab 1949 war wieder Rohkakao verfügbar. Dieser wurde unter den Fabrikanten quotiert. Fabrikanten, die keine einsatzfähigen Maschinen besaßen, war es dann möglich den Rohkakao entweder an andere Fabrikanten zu verkaufen oder Produktionsaufträge zu erteilen. Davon machte auch der neue Geschäftsführer des Mauxion-Unternehmens Werner Hüther Gebrauch. Er erteilte der Firma „Schoko-Buck“ in Stuttgart einen Produktionsauftrag. Schon bald konnten wieder Produkte unter dem Namen Mauxion vertrieben werden. Auch die „Ph. Kneisl Kakao-, Schokoladen- und Zuckerwarenfabrik“ in Geretsried und die Schokoladenfabrik „Harry Trüller“ in Celle wurden von Hüther mit der Produktion von Tafelschokolade beauftragt. Schließlich wurde auch ein Teil des ehemaligen Erholungsheimes in Garmisch-Partenkirchen zur Produktionsstätte umgebaut. Durch die jahrzehntelangen, guten Beziehungen mit Kunden im ganzen Reich, war es schnell wieder möglich in den Direktvertrieb einzusteigen. Es folgten gerichtliche Auseinandersetzungen bezüglich der Nutzung des Markennamens „Mauxion“ und 1954 wurden der Familie Hüther die Nutzungsrechte offiziell zugesprochen. Der „Volkseigene Betrieb“ in Saalfeld durfte sich nicht länger Mauxion nennen oder Produkte mit diesem Namen vertreiben. Der Firmensitz der „Mauxion GmbH“ wurde dann offiziell nach Aachen verlegt. Nachdem die Leonhard Monheim AG 1986 verkauft wurde, ging die Marke Mauxion schließlich an die Ludwig Schokolade GmbH über.
Mauxion in der DDR und nach der Wiedervereinigung
Bis 1991 wurde in den Saalfelder Anlagen unter der VEB Thüringer Schokoladenwerke weiterhin Schokolade produziert. Nach der Wiedervereinigung übernahm das Kölner Unternehmen Stollwerck die Fabrikanlagen. Stollwerck unter Hans Imhoff hatte schon vor der Wende seine Fühler nach Saalfeld ausgestreckt, indem er in den 1980er Jahren dort einige Schokoladenprodukte für den Westmarkt hatte produzieren lassen. Imhoff erwarb den Saalfelder Betrieb für 3,5 Mio. Mark. In die Modernisierung des Werkes flossen erhebliche Investitionen. Als Dank für den Erhalt und Ausbau des Werkes erhielt Hans Imhoff die Ehrenbürgerwürde der Stadt Saalfeld. Da Imhoff keinen Nachfolger hatte, ging Stollwerck mit dem Werk in Saalfeld 2002 an die Schweizer Barry Callebaut. 2010 verkaufte Callebaut Stollwerck an das belgische Unternehmen Baronie.
Dresden: Eine Schokoladenhauptstadt
Ein weiterer wichtiger Standort für die Schokoladenproduktion in Deutschland war Dresden. Bereits Friedrich August I. von Sachsen (August der Starke) schätzte den Genuss von Schokolade. Schokolade avancierte zum Modegetränk höfischer Gesellschaften. Ende des 19. Jahrhunderts entstand die Mehrzahl an Dresdner Schokoladen- und Süßwarenfabriken. Die Stadt entwickelte sich im Kaiserreich zu dem Hauptstandort der Branche und war ein wesentlicher Teil der Dresdner Genussmittelindustrie. Die Produkte wurden weltweit exportiert. Vor dem ersten Weltkrieg waren in Dresden nahezu 7.000 Menschen in der Schokoladen- und Süßwarenindustrie tätig, was mehr als einem Fünftel der Beschäftigten im gesamten Reich entsprach. 28 Fabriken verarbeiteten ca. 550 Tonnen Kakao pro Jahr. Deutschlandweit wurden pro Jahr 1.700 Tonnen verarbeitet. Allein die verarbeitete Menge unterstreicht die Position Dresdens, sich Schokoladenhauptstadt nennen zu dürfen. Die Dresdner Unternehmer Jordan & Timaeus haben nachweislich die erste Milchschokolade erfunden und verkauft. Im Jahr 1839 inserierten Jordan & Timaeus im Dresdner Anzeiger eine “Schokolade mit Eselsmilch”.
Die Ursprünge des Kakaos
Die Ursprünge des Kakaos reichen Jahrtausende in die Geschichte zunächst vor allem Südamerikas zurück. Europäische Schokoladenmacher entwickelten die heute bekannten Tafelschokoladen erst ab ungefähr Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Olmeken nutzten eine Urform der Mixe-Zoque-Sprache. Das Wort „cacao“ (ausgesprochen „kakawa“) stammt aus dieser Sprache und wurde schon von den Olmeken verwendet. Auf Scherben eines alten Tongefäßes aus dieser Epoche wurden Spuren von Theobromin gefunden. Dieser Fund gilt als ältester Nachweis für Kakao. Für die Maya war die Kakaopflanze göttlichen Ursprungs. Dem Kakaogott Ek Chuak zu Ehren wurde jedes Jahr im April ein Fest veranstaltet. Schon die Maya tranken Kakao, ungesüßt aber gewürzt. Die Azteken betrachteten Kakao als ein Geschenk des Gottes Quetzalcoatl, des mächtigen Gottes des Windes und des Mondes. Während der Hochkultur der Azteken stieg der Stellenwert des Kakaos deutlich. Auch die Azteken nutzten Kakao als Zahlungsmittel und gaben ihm den Namen, der heute in aller Munde ist, Xocólatl. Das Wort setzt sich aus den beiden Begriffen „Xòcoc“ für bitter, sauer, würzig und aus „atl“ für Wasser zusammen.
Die Ankunft des Kakaos in Europa
Christoph Kolumbus landete auf seiner vierten Reise auf der Insel Guanaja im Golf von Honduras. Die Ureinwohner boten ihm Kakao zum Tausch an, jedoch interessierten sich sowohl seine Begleiter als auch Kolumbus selbst nur wenig für das heute so begehrte Naturprodukt. Es war unansehnlich und reichlich bitter. Die spanischen Conquistadores besetzten im Jahre 1517 das durch Mayas bevölkerte Yucatán und Hernán Cortés begann im Jahre 1519 mit der Eroberung des Aztekenreiches. Im Jahre 1521 war das gesamte Reich erobert und die Spanier erkannten die große Bedeutung des Kakaos bei den Azteken und auch das Potenzial, das in ihm steckt. Auch während der Herrschaft der Spanier wurde Kakao als Zahlungsmittel genutzt. In den Schatzkammern des letzten Aztekenkönigs, Montezuma II., fanden die Spanier 25.000 Zentner Kakao, gesammelt mittels Steuern. Montezuma schätzte das bittere und schäumende Getränk sehr und trank bis zu 50 Becher täglich. Durch die Annäherung beider Kulturen und die Veränderung der Zutaten und der Zubereitung des Schokoladengetränks wurde es immer beliebter. Die Spanier tranken es heiß und setzten ihm heimische Gewürze zu. Es dauerte noch mehr als zwei Jahrzehnte, bis die Kakaobohne nach Europa kam. Eine Gruppe von Dominikanermönchen reiste in Begleitung adliger Kekchi-Maya an den spanischen Königshof Prinz Philipps. Die älteste Aufzeichnung über eine Schiffsladung Kakaobohnen datiert auf das Jahr 1585. Von Veracruz brach ein voll beladenes Schiff in Richtung Sevilla auf. In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts setzte sich das Getränk bei der adeligen Gesellschaft Spaniens durch.
Die Verbreitung in Europa
Nachdem sich das Schokoladengetränk in Spanien etabliert hatte, begann sein Siegeszug quer durch Europa. Im Jahre 1644 fand die Schokolade in Italien zunehmend Verbreitung. Die Italiener begannen mit der Kakaobohne zu experimentieren und kreierten eine Reihe neuartiger Rezepte. Um den Genuss von Schokolade auch während des Fastens zu ermöglichen, entschieden alle Päpste, dass Schokolade ein Getränk sei. Nach Frankreich kam die Schokolade in etwa zur gleichen Zeit. Oft wird Anna von Österreich als diejenige erwähnt, die Schokolade in Frankreich einführte. Im Jahre 1654 brachte der italienische Kardinal Mazarin, im Namen der regierenden Königin Anne von Österreich amtierender Minister am französischen Hofe, italienische Köche nach Frankreich, die auf die Zubereitung von Schokolade spezialisiert waren. Im Jahre 1650 erreichte die Schokolade auch England. Die im Jahre 1655 eroberte Insel Jamaika wurde für England zum Hauptkakaolieferanten. Die Spanier hatten auf der Insel bereits erfolgreich Kakao angebaut. War der Handel mit Kakao und Schokolade in Frankreich stark monopolisiert, konnten in England viele kleine Händler mit den Gütern handeln. Dadurch wurde Schokolade schnell auch abseits des Adels populär und in allen Kaffeehäusern angeboten. Nach Deutschland kam die Schokolade relativ spät. Im Jahre 1673 gründete der Holländer Jan Jantz von Huesden in Bremen eine Kaffeestube mit der Möglichkeit, auch Schokolade zu genießen.
Die Erfindung des Konfekts/der Praline
Laut historischen Aufzeichnungen aus Frankreich erfindet der Offizierskoch des Duc de Praslin, Clément Jaluzot, durch Zufall das erste Konfekt. Die deutsche Version lautet wie folgt: Die Geburtsstunde des Konfekts/der Praline schlug 1663 - nicht etwa in Frankreich, wie man vermuten möchte, sondern in Regensburg, damals (bis 1806) Sitz des „Immerwährenden Reichstags“.
Weitere Meilensteine in der Schokoladengeschichte
Carl von Linné gab dem Kakao den Namen Theobroma (Gattungsname) cacao (Artname). Theobroma kommt aus dem Griechischen, „theos“ - Gott und „broma“ - Speise. Die erste deutsche Schokoladenfabrik wurde von Prinz Wilhelm von der Lippe in Steinhude gebaut. Ab dem Jahre 1789 setzt die Firma Fry Dampfkraft bei der Schokoladenherstellung ein. Es ist der Schweizer Philippe Suchard, der als Erster einen Mélangeur bei der Produktion von Schokolade einsetzt. Der Holländer van Houten setzt hydraulische Pressen zur Herstellung von Kakaopulver ein. Als erster Schokoladenhersteller setzt das Unternehmen Fry & Sons aus England der Schokolade zusätzlich Kakaobutter zu. M. Daniel Peter gelingt mithilfe von Trockenmilch 1875 die erste Milchschokolade. Zu dieser Zeit war die von Portugal beherrschte Inselgruppe größter Kakaoproduzent der Welt. Das belgische Unternehmen Neuhaus beansprucht für sich, der Erfinder der Praline zu sein.
Schokolade im 20. Jahrhundert
Unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg wird die Einfuhr von Rohkakao in Deutschland verboten, um den Abfluss von Devisen zu verhindern. Im Jahre 1925 gibt es in Deutschland mehr als 350 Schokoladenhersteller. Ab 1939/40 geht die gesamte Produktion an das Militär, für den zivilen Gebrauch gibt es Schokolade nur noch als Getränk. Scho-Ka-Kola wird als „Fliegerschokolade“ berühmt. Das Ende der Preisbindung bei Schokolade hat verheerende Auswirkungen. Der Markt konzentriert sich auf wenige große Hersteller. Schokolade wird zum Massenprodukt. Die Wertschätzung von Schokolade wird besonders in den 1970er und 1980er Jahren immer geringer. Im Osten gab es einen permanenten Mangel an Rohstoffen, insbesondere an Rohkakao. Ostdeutsche Fabriken werden von westdeutschen Unternehmen übernommen und größtenteils geschlossen.
Die Renaissance der Schokolade im 21. Jahrhundert
Seit dem Anfang des 21. Jahrhunderts erlebt gute Schokolade eine Renaissance. Zu Beginn des neuen Jahrtausends begann ein regelrechter Boom, ausgelöst durch viele kleine, unabhängige und junge Unternehmen. Mit der weltweiten Wirtschaftskrise und der Sättigung des Marktes ist auch der Konsum von hochpreisigen Schokoladen stark zurück gegangen. Geblieben ist dennoch eine wundervoll vielfältige und spannende Schokoladenszene. Innovationen werden immer rarer und eine richtige Revolution ist nahezu ausgeschlossen. Ein kleiner Lichtblick ist der Trend zu Raw Chocolate.
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