Parkinson Ernährung und Zucker: Ein umfassender Leitfaden
"Regelmäßig bewegen und gesund essen" ist ein Ratschlag, den jeder Mensch beherzigen sollte. Für Parkinson-Patienten ist eine ausgewogene Ernährung jedoch noch wichtiger. Neue Studien zeigen, dass die richtige Ernährung einer Parkinson-Erkrankung vorbeugen und ihren Verlauf möglicherweise sogar verlangsamen kann. Das Thema Ernährung bildet auch den Schwerpunkt des diesjährigen Welt-Parkinson-Tags am 11. April. Viele Parkinson-Gesellschaften bieten rund um diesen Tag Vorträge oder digitale Informationstage an.
Die Bedeutung der Ernährung bei Parkinson
Morbus Parkinson ist eine bisher unheilbare Erkrankung, bei der Nervenzellen im Gehirn fortschreitend zugrunde gehen. Parkinson gilt als unheilbar. Die Parkinson-Krankheit beginnt still und langsam, lauert viele Jahre bereits im Körper, bevor sie mit Zittern oder erstarrender Mimik sichtbar wird. Gerade in dieser Phase ist eine gesunde Ernährung von entscheidender Bedeutung.
Forschende gehen mittlerweile davon aus, dass Parkinson zumindest bei einem Teil der Menschen mit Veränderungen im Darm beginnt. Eine Erklärung könnte sein, dass Stoffe aus dem Darm ins Gehirn wandern und dort eine schädliche Wirkung entfalten können. Auch wenn vieles noch unklar ist, gilt der Austausch von Botenstoffen zwischen Darm und Gehirn als sicher. Sie können über das Blut oder Nervenbahnen aus dem Darm bis ins Gehirn wandern.
Bisher ist bekannt: Der Darm von Parkinsonpatienten ist verändert. Auch die Zusammensetzung des Mikrobioms, also der Gemeinschaft der Darmbakterien, ist bei Menschen mit Morbus Parkinson verändert, zeigen Studien. Normalerweise verwandeln die nützlichen Darmbewohner unser Essen in Nährstoffe, aber es gibt auch Darmbakterien, die krank machen können, wenn das Gleichgewicht gestört ist. Bei Menschen mit Parkinson überwiegen zum Beispiel oft Bakterien, die die Darmwand durchlässig machen.
Ein möglicher Behandlungsansatz ist, den Darm mit einer bestimmten Ernährung so früh wie möglich wieder ins Lot zu bringen und so das Darmmikrobiom gewissermaßen umzuprogrammieren. Aber nicht nur das, was man isst, ist wichtig. Auch der Zeitpunkt ist von Bedeutung, denn einige Parkinson-Medikamente dürfen nicht mit bestimmten Lebensmitteln zusammen eingenommen werden.
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Allgemeine Ernährungsempfehlungen für Parkinson-Patienten
Eine ausgewogene Ernährung ist das A und O. Eine gesunde Balance aus Gemüse, Obst und tierischen Produkten liefert nicht nur die notwendige Energie, sondern schmeckt auch noch. Also viel Obst, Gemüse und andere komplexe Kohlenhydrate wie Getreide und bestimmte Proteine. Natürlich müssen Sie auch genug trinken.
Flüssigkeitszufuhr
Trinken Sie mehr, nehmen Sie oft kleine Schlückchen Wasser, lutschen Sie einen Eiswürfel oder benutzen Sie ein Mundspray oder Mundwasser. Trinken Sie heiße Getränke aus einem isolierten Becher - so vermeiden Sie, dass das Getränk schnell abkühlt. Schenken Sie Tassen und Becher nicht zu voll. Ein Trinkhalm kann nützlich sein.
Regelmäßige Mahlzeiten
Essen Sie zu festen Zeiten und sorgen Sie für eine ausgewogene Ernährung. Eine tägliche Proteinzufuhr von ca. drei ausgewogenen Mahlzeiten am Tag wird empfohlen. Doch manche Parkinson-Patienten essen lieber öfter kleinere Mahlzeiten.
Mediterrane Ernährung als idealer Ansatz
Die eine und damit richtige Form der Ernährung gibt es bei Parkinson nicht - Genuss und Freude bei Essen und Ernährung sollten im Vordergrund stehen. Eine gute Basis für eine ausgewogene Ernährung bietet die mediterrane Küche. Hierbei handelt es sich um eine traditionell in Mittelmeerländern verbreitete Art der Auswahl und Zubereitung von Speisen, die v. a. durch einen hohen Anteil an pflanzlichen Lebensmitteln gekennzeichnet ist. Diese werden schonend zubereitet, um Geschmack, Farbe und wertvolle Inhaltsstoffe zu erhalten. Aus den Studien geht hervor, dass insbesondere die mediterrane Küche den Krankheitsverlauf mildern kann. Sie enthält besonders viel frisches Gemüse, Obst, Ballaststoffe und andere gesunde Zutaten wie naturbelassene kaltgepresste Öle mit ungesättigten Fettsäuren, Fisch, Hülsenfrüchte und wenig Fleisch. Polyphenolhaltige Lebensmittel, zum Beispiel Rapsöl, grüner Tee oder dunkelrote Beeren, scheinen darüber hinaus besonders nervenzellschützend für Erkrankte zu sein.
Zu vermeidende Lebensmittel
Meiden sollten Parkinsonerkrankte Fertiggerichte, gesättigte Fettsäuren und zu viel Zucker.
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Spezifische Ernährungstipps für Parkinson-Patienten
Dyskinesie und Kohlenhydrate/Zucker
Eine Dyskinesie verschlimmert sich nach dem Essen von Nahrungsmitteln, die reich an Kohlenhydraten und Zucker sind.
Schluckbeschwerden
Erleichtern Sie sich das Schlucken, indem Sie vor dem Essen einige Male gähnen, um den Hals zu entspannen (sofern dieser verspannt ist). Halten Sie das Kinn nah an die Brust und nehmen Sie eine gute und bequeme Haltung ein. Servieren Sie das Essen auf einem etwas höheren Niveau. Stellen Sie den Teller zum Beispiel auf einen kleinen Karton oder Ständer.
L-Dopa und Eiweiß
Wer das Standardmedikament gegen Morbus Parkinson, L-Dopa, einnimmt, darf das nicht zusammen mit eiweißhaltigen Speisen tun, denn dann wirkt das Medikament schlechter. L-Dopa und Eiweiß sind sich in ihrer chemischen Struktur so ähnlich, dass sie an der gleichen Stelle im Dünndarm ins Blut übertreten. Kommt also L-Dopa gleichzeitig mit einer großen, eiweißreichen Mahlzeit im Dünndarm an, verzögert sich der Übertritt von L-Dopa ins Blut und die Wirkung auf die Parkinson-Symptome tritt dann erst verzögert oder gar nicht ein. Bei sonst unerklärlichen Schwankungen der Medikamentenwirkung oder ausbleibender Wirkung der Tabletten zu bestimmten Tageszeiten sollten die Mahlzeiten immer als mögliche Einflussfaktoren in Betracht gezogen werden. Durch Veränderung der „problematischen“ Mahlzeit (z. B. ein bis zwei Obst- und Gemüsetage statt eiweißreicher Gerichte) über einige Tage klärt sich der Zusammenhang meist auf. Manchmal kann es auch hilfreich sein, eiweißreiche Mahlzeiten vorwiegend auf den Abend zu legen.
Unabhängig von der Einnahmezeit ist zu beachten, dass L-Dopa auch nicht mit eiweißhaltigen Getränken (z. B. Molke, Kefir, Buttermilch) eingenommen werden sollte und dass auch einige vermeintlich „unverdächtige“ Nahrungsmittel hohe Mengen an Eiweiß enthalten können (z. B.
Verzögerte Magenentleerung
Sowohl eine Schluckstörung als auch eine Störung der Magenentleerung können dazu beitragen, dass die Medikamente gar nicht oder nur sehr verzögert im Dünndarm ankommen und damit auch die Wirkung nur mit großer Verzögerung eintreten kann. Zeichen einer verzögerten Magenentleerung können Völlegefühl, Übelkeit oder sogar Erbrechen sein. Große fettreiche Mahlzeiten können das Problem verstärken. Alternativ kann es sinnvoll sein, mehrere kleine Mahlzeiten am Tag einzunehmen.
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Verstopfung
Bei den Themen Ernährung und Essen darf natürlich auch die Verdauung nicht vergessen werden. Dies gilt für die Parkinson-Erkrankung in ganz besonderem Maße, da etwa 90 % aller Betroffenen im Erkrankungsverlauf an Verstopfung leiden. Ein gesunder Darm ist wichtig, um etwa Verstopfungen vorzubeugen.
Intervallfasten
Eine Studie prüft derzeit, ob sich das Darmmikrobiom durch sogenanntes Intervallfasten normalisieren lässt. Eine Woche essen die Teilnehmer nur Gemüsebrühe, danach machen sie ein Jahr lang große Pausen zwischen den Mahlzeiten. Viele Teilnehmer berichten über vorübergehend nachlassende Symptome und eine bessere Lebensqualität. Längere Pausen zwischen den Mahlzeiten und Fasten können die Symptome lindern und damit die Lebensqualität Parkinsonerkrankter verbessern.
Nahrungsergänzungsmittel bei Parkinson
Von einigen Nahrungsmitteln, Vitaminpräparaten oder ungewöhnlichen Diäten wird in der Werbung behauptet, sie würden die Parkinson-Krankheit lindern. Probiotika und Vitamine können in Einzelfällen jedoch sinnvoll und erforderlich sein.
Probiotika
Probiotika sind Mikroorganismen / Bakterien, welche in zugesetzter Form z. B. in Joghurt oder auch in Tabletten-/Kapselform erhältlich sind. Joghurt mit zugesetzten Probiotika kann die Darmflora unterstützen.
Vitamin D
Da Vitamin D in der Nahrung nur in geringem Maße vorhanden ist, muss etwa 70 - 80 % der Vitamin-D-Zufuhr über ausreichende Sonnenzufuhr erfolgen. Der Zusammenhang mit der Sonne entsteht durch ein kompliziertes Zusammenspiel aus UV-Strahlung und Wärme in der Haut, durch welche Vorstufen von Vitamin D gebildet werden. Menschen mit Parkinson haben oft niedrigere Vitamin-D-Spiegel als gleichaltrige Gesunde, da sie aufgrund der Bewegungseinschränkungen weniger mobil sind und deshalb seltener direkter Sonneneinstrahlung ausgesetzt sind. Ein Vitamin-D-Mangel kann u. a. zu einer Osteoporose und damit zu einem erhöhten Risiko für Knochenbrüche führen. Aufgrund der vor allem in späteren Krankheitsstadien erhöhten Sturzneigung kann also ein Ersatz von Vitamin D bei Menschen mit Parkinson sinnvoll sein.
Vitamin B12
Vitamin B 12 ist für Zellteilung, Blutbildung und Nervenfunktion wichtig. Besonders Innereien, z. B. Leber, sowie Fleisch und Fisch, Milchprodukte und Eier enthalten viel Vitamin B 12. Ein Vitamin B 12-Mangel kann eine ganze Reihe von unspezifischen Symptomen wie Müdigkeit, Konzentrationsstörungen, gedrückter Stimmungslage und Reizbarkeit auslösen. Besonders relevant ist außerdem die Rolle eines Vitamin B12-Mangels bei einer Schädigung der kleinen Nervenendigungen in Füßen und Händen. Diese sogenannte Polyneuropathie führt zu Taubheitsgefühl, Kribbeln, Schmerzen und Gleichgewichtsstörungen. Mangelzustände an Vitamin B12 und auch Vitamin B6 treten bei Menschen mit Parkinson möglicherweise häufiger auf als in der gesunden Bevölkerung. Dies könnte durch eine Wechselwirkung zwischen L-Dopa (dem am häufigsten eingesetzten Parkinson-Medikament) und dem Vitamin B-Stoffwechsel bedingt sein.
Mangelernährung bei Parkinson
Verzögerte Magenentleerung, Appetitlosigkeit, Völlegefühl nach dem Essen, Einschränkungen bei Geruch und Geschmack, Verstopfung, Schluckstörungen, Störungen der Feinmotorik und Depression sind häufige Probleme bei der Parkinson-Erkrankung und mit hohem Risiko für eine Mangelernährung verbunden. Eine Mangelernährung zeigt sich unter anderem durch einen Verlust von Gewicht, Kraft und Antrieb. Hierdurch wird die Lebensqualität beeinträchtigt aber auch das Risiko für einen schwereren Verlauf der Parkinson-Erkrankung und Komplikationen steigt deutlich. Gerade bei älteren Betroffenen, die aufgrund des Alters bereits ein erhöhtes Risiko für eine Mangelernährung haben, sollte der Ernährungszustand besonders gut beobachtet werden. Auch der entgegengesetzte Fall einer deutlichen Gewichtszunahme sollte im ärztlichen Gespräch thematisiert werden - diese kann z. B.
Bewegung und Sport
Die Kombination von Sport und gesunder Ernährung beeinflusst den Verlauf der Erkrankung insgesamt positiv. Alle Sportarten, die große Bewegungsabläufe und gleichmäßige Rhythmen verlangen, sind dabei besonders förderlich. Regelmäßig bewegen ist ein Ratschlag, den sich jeder Mensch zu Herzen nehmen sollte.
Kochen als Therapie
Von der Auswahl der Speisen über Einkauf, Vor- und Zubereitung bis zum gemeinsamen Genuss des fertigen Gerichts im Familien- oder Freundeskreis kann sich jeder Schritt des Kochens positiv auf die Parkinson-Erkrankung und ihre Symptome auswirken - und dabei sogar noch Spaß machen. Verwenden Sie ausreichend Zeit und Sorgfalt auf die Zubereitung der Speisen, essen Sie bewusst, vermeiden Sie Hektik und Ablenkung beim Essen und vor allem: genießen Sie Ihre Mahlzeiten und den Spaß beim Kochen. In diesem Sinne: Guten Appetit! Spaß bei Kochen und Essen hatten Jeanette Obereisenbuchner, Markus Maria Profitlich und Torsten Römer am Weltparkinsontag 2023 bei einer gemeinsamen Mahlzeit.
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