Agavendicksaft: Vor- und Nachteile im Vergleich zu Zucker

Agavendicksaft hat sich als eine beliebte Alternative zu Zucker und Honig etabliert. Er wird in Tee, Obstsalaten, Backwaren, Pfannkuchen, Desserts und Waffeln verwendet und ist neben Honig, Ahornsirup, Stevia und Birkenzucker ein beliebter Zuckerersatz. Viele Verbraucher halten Agavendicksaft für natürlich und gesund, da er aus Pflanzen gewonnen wird. Doch ist es wirklich besser, anstelle von Zucker einen Löffel Agavendicksaft in den Tee zu geben oder den Sirup auf Pfannkuchen zu träufeln? Die Antwort ist komplizierter als es scheint.

Was ist Agavendicksaft?

Agaven sind Sukkulenten mit dicken, stacheligen Blättern, die Wärme und Trockenheit lieben. Sie sind hierzulande vor allem als Zierpflanzen bekannt. In Mexiko und den USA wachsen etwa 200 bis 300 verschiedene Arten wild. Aus Agaven kann nicht nur Tequila gebrannt, sondern auch Sirup gewonnen werden.

Schon die Azteken sollen vor Jahrhunderten ihre Speisen mit Agavendicksaft gesüßt haben. Bei der traditionellen Herstellung wurde das Innere der Agave entfernt, bevor die Pflanze zu blühen begann. Über mehrere Wochen lief dann süßer Saft in die ausgehöhlte Mitte. Dieser Saft wurde gefiltert und eingekocht, wodurch ein klebriger, zähflüssiger, bernsteinfarbener Dicksaft entstand, dessen Geschmack dem von Karamell nahekommt, aber dennoch relativ neutral ist.

Für die industrielle Herstellung werden heute die sogenannten Agavenherzen, die einer Ananas ähneln und bis zu 68 Kilogramm schwer sind, nach fünf bis sieben Jahren Pflanzenwachstum geerntet. Durch Zerkleinern erhält man die saftigen Fasern, aus denen durch Waschen und Filtern der Saft gewonnen wird. Dieser Saft wird dann energieaufwendig eingekocht, bis der Wassergehalt nur noch bei 25 Prozent liegt.

Kalorien und Süßkraft

Agavendicksaft enthält etwa 300 Kilokalorien pro 100 Gramm, während Haushaltszucker etwa 400 Kilokalorien pro 100 Gramm aufweist. Wer also Haushaltszucker 1:1 durch Agavendicksaft ersetzt, spart je 100 Gramm etwa 100 Kilokalorien. Allerdings ist die Süßkraft von Agavendicksaft höher als die von Haushaltszucker (1,2- bis 1,5-mal höher). Daher kann man tendenziell weniger Agavendicksaft verwenden, um die gleiche Süße zu erzielen.

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Hoher Fruktosegehalt als Problem

Anders als Haushaltszucker besteht Agavendicksaft hauptsächlich aus Fruktose, also Fruchtzucker. Der Fruktoseanteil im Agavendicksaft, der in Deutschland gehandelt wird, liegt zwischen 70 und 75 Prozent. Für Personen mit einer Fruktose-Unverträglichkeit kommt Agavendicksaft deshalb nicht als Zuckerersatz infrage. Diese Menschen reagieren auf zu große Mengen Fruktose in der Nahrung oder in Getränken mit Blähungen, Bauchkrämpfen und Durchfall, weil der Darm den Fruchtzucker nicht richtig aufnehmen kann. Ungeeignet ist Agavendicksaft auch für Personen mit einer sogenannten Fruktose-Intoleranz, einem angeborenen Enzymdefekt, durch den die Leber den Fruchtzucker nicht vollständig abbauen kann.

Generell ist Fruktose nicht gesünder als Saccharose aus Haushaltszucker. Jede Art von Zucker ist in größeren Mengen ungesund. Tiermodelle zeigen, dass Fruktose die Gewichtszunahme und die Bildung einer Fettleber stärker fördert als Glukose. Beobachtungsstudien bei Menschen haben gezeigt, dass zu viel Fruktose ebenfalls zur Entwicklung einer Fettleber, aber auch zu Gicht oder Bluthochdruck führen kann. "Randomisiert-kontrollierte Studien sehen solche Nachteile nur bei hyperkalorischer Ernährung, nicht bei gleichbleibendem Körpergewicht", ergänzt Forscher Stefan Kabisch. Fest steht: Von Vorteil ist Fruktose ziemlich sicher nicht.

Ein übermäßiger und regelmäßiger Verzehr von Fruktose, etwa in Form von Agavendicksaft, kann zu einer Fettleber führen, da Fruktose die Fettproduktion in der Leber ankurbelt. Ebenso können Stoffwechselerkrankungen wie Gicht entstehen, weil der Abbau von Fruktose Harnsäure im Körper entstehen lässt. Auch bei Menschen, die keine diagnostizierte Fruktose-Unverträglichkeit haben, kann ein übermäßiger Verzehr von Fruchtzucker zu Blähungen und Durchfall führen. Mit Agavendicksaft, der zum Großteil aus Fruchtzucker besteht, sollte man also immer sparsam umgehen.

Auswirkungen auf die Süßpräferenz bei Kindern

Ein weiteres Problem ist die bereits beschriebene Süßkraft des Sirups. Durch die hohe Süßkraft kann sich die Süßpräferenz bei Kindern steigern.

Glykämische Last und Mineralstoffe

Aufgrund des hohen Fruktosegehalts hat Agavendicksaft eine geringe glykämische Last, das heißt, er lässt den Blutzucker langsamer ansteigen als etwa normaler raffinierter Zucker. Im Vergleich zu diesem weist Agavendicksaft - wie alle unraffinierten Zuckersorten - zudem einen höheren Gehalt an beispielsweise Mineralstoffen oder Spurenelementen auf. Die Mengen der im Agavendicksaft enthaltenen Mineralstoffe und sekundären Pflanzenstoffe, die Befürworter anpreisen, sind jedoch sehr gering und damit nicht relevant. Auch die Vitamine, die zwar zum Teil in größeren Mengen vorkommen als etwa in Honig, sind aufgrund der geringen Verzehrmengen vernachlässigbar - zumal viele der enthaltenen Nährstoffe beim Einkochen zerstört werden.

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Inulin: Ein möglicher Ausgleich?

Es gibt außerdem Stimmen, die behaupten, die negativen Wirkungen der Fruktose würden durch die positiven Eigenschaften von Inulin ausgeglichen. Inulin ist ein Mehrfachzucker aus Fruktose. Von Menschen kann Inulin nicht verdaut werden und die Fructose des Inulins wird entsprechend nicht aufgenommen. “Kurzkettige Fettsäuren sind für uns Menschen eigentlich ziemlich gut, sie verbessern die Darmschleimhaut und fördern eine gesunde Darmbarriere.” Außerdem verbesserten sie die Insulinsensitivität, erklärt Kabisch. Inulin hat unter anderem aufbauende Eigenschaften in verschiedenen Geweben, beispielsweise Leber, Fettgewebe und Muskulatur. Es bestimmt also, stark vereinfacht gesagt, wo ankommende Kalorien hingehen.

Allerdings hat Inulin nicht nur Vorteile. Da es eine vermehrte Gasbildung bewirkt, kann es bei größeren Mengen zu Blähungen oder Durchfall kommen. “Daher ist es ratsam, Inulin nur in moderaten Mengen aufzunehmen”, sagt die Münsteraner Ökotrophologin Kraatz. Auch zu der Frage, ob sich Inulin günstig auf die Leber auswirkt, fehlt es aktuell noch an aussagekräftigen Daten.

Doch der Anteil von Inulin spielt im Agavendicksaft ohnehin nur eine untergeordnete Rolle. Wenn man bedenkt, dass der Ballaststoffanteil von Agavendicksaft nur mit 0,5 Gramm auf 100 Gramm angegeben wird, wird auch der Inulinanteil gering sein, so Kraatz. “Das heißt, dass der Anteil an Inulin maximal 0,5 Prozent betragen kann”, weil Inulin im Ballaststoffanteil stecken muss. Insgesamt gesehen nützt Inulin trotzdem mehr, als dass es schadet. Jedoch sind wir nicht auf hochkalorischen Sirup angewiesen, um es aufzunehmen. Es kommt auch in anderen Wurzel- und Lauchgemüsen vor, etwa in Artischocken, Chicoree, Lauch, Knoblauch, Zwiebeln oder in Schwarzwurzeln.

Nachhaltigkeit und Umweltaspekte

Während es viele inulinhaltige Lebensmittel auch bei uns gibt, kommt der Agavendicksaft oft von weit her. Agaven-Monokulturen gibt es vor allem in Zentralmexiko. "Wie jede Monokultur ist der Agavenanbau nicht unproblematisch", erläutert Buerkert. Wird ausschließlich auf die Agave gesetzt, werden andere Pflanzen verdrängt. Ein weiteres Problem: In Monokulturen verarmen die Böden, weil ihnen die immer gleichen Nährstoffe entzogen werden. Richtig problematisch ist es, wenn für den Agavenanbau Wälder in Mexiko abgehackt werden.

Nach einem Wachstum von etwa acht Jahren wird der süße Saft aus dem Herz der Agave entnommen. Die Erntezeit ist also sehr kurz. Nach diesem einmaligen Aderlass stirbt die Pflanze, so Buerkert. Schließlich muss das vegane Süßungsmittel mit großem Energieaufwand von Mexiko nach Europa transportiert werden. Von dort aus geht es dann weiter mit dem Laster in die Verteilerzentren der deutschen Super- und Drogeriemärkte. Der konventionelle Anbau von Agaven in Mexiko erfolgt in Monokulturen, zwischen denen keine anderen Pflanzen wachsen. Wenn dann noch Insektizide zum Einsatz kommen, wird es auch für die Tier- und Insektenwelt dort ungemütlich.

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Aus ökologischen Gesichtspunkten ist Agavendicksaft als Alternative zu Haushaltszucker ebenfalls nicht empfehlenswert, weil er aus Mexiko stammt und deswegen lange transportiert werden muss. Wem Nachhaltigkeit wichtig ist, der sollte besser keinen Agavendicksaft kaufen.

Agavendicksaft für Diabetiker?

Es heißt, Agavendicksaft sei für Menschen mit Diabetes eine gute Alternative zu Zucker, weil der glykämische Index des enthaltenen Fruchtzuckers niedriger ist als der von Haushaltszucker. Dass Agavendicksaft den Blutzuckerspiegel langsamer ansteigen lässt als Haushaltszucker, stimmt. Er liefert auch weniger Kalorien. Die Fachgesellschaft für Ernährungstherapie und Prävention warnt jedoch, dass ein erhöhter Fruchtzuckerkonsum das Risiko für das metabolische Syndrom - also Typ-2-Diabetes, Fettstoffwechselstörungen, Bluthochdruck und Gicht - erhöhen kann. Es kommt aber immer auf die Menge an Agavendicksaft an. Auch als Diabetiker sollte Agavensirup nur in Maßen genossen werden.

Agavendicksaft in der Schwangerschaft

Während der Schwangerschaft ist gegen den Konsum des Sirups in geringen Mengen nichts einzuwenden. Um Lebensmittelinfektionen vorzubeugen, sollten Frauen bei der Ernährung während der Schwangerschaft auf bestimmte Dinge verzichten, Agavendicksaft gehört nicht dazu.

Agavendicksaft zum Abnehmen?

Wer auf Diät ist und Zucker durch Agavendicksaft ersetzt, spart zwar Kalorien, wirklich entscheidend ist dies aber nicht. Durch den hohen Gehalt an Fruktose hat Agavendicksaft beim Abnehmen verglichen mit Haushaltszucker sogar einen Nachteil: Fruktose kann bei übermäßigem Verzehr das Sättigungsgefühl dämpfen, sodass im Zweifel noch mehr gegessen wird. Einen guten Einfluss hat es dennoch, über Alternativen zum Süßen nachzudenken: Ein bewussterer Umgang mit Zucker kann dabei helfen, überflüssige Pfunde loszuwerden.

Agavendicksaft beim Backen

Backen mit Agavendicksirup anstatt Zucker ist gar nicht so schwer, allerdings gibt es ein paar Dinge, die du beachten solltest. Wichtig ist hier vor allem, die höhere Süßkraft zu berücksichtigen. Beachte hierbei, dass 100 g Agavendicksaft etwa 125 g weißem Zucker entsprechen. Außerdem sorgt die Verwendung von Agavendicksaft dafür, dass deine Teige gegebenenfalls feuchter sind als du es beim Backen mit Zucker gewohnt bist. Um ein gewohntes Backergebnis zu erreichen, solltest du die anderen Flüssigkeiten wie Wasser oder Milch im Teig um etwa 20% reduzieren. Wenn du dir bei der Verwendung von Agavendicksaft als Zuckerersatz beim Backen etwas unsicher bist, dann kann der Agavenzucker als Streusüße eine willkommene Alternative sein.

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