Schokolade stellt keine Fragen, Schokolade versteht: Der Hype um die "Dubai-Schokolade" und seine juristischen Konsequenzen

Der aktuelle Hype um die sogenannte "Dubai-Schokolade" hat nicht nur die Herzen von Schokoladenliebhabern erobert, sondern auch die Aufmerksamkeit von Juristen auf sich gezogen. Diese mit Pistaziencreme und Engelshaar (Kadaifi-Teigfäden) gefüllte Schokolade, die ihren Ursprung in den sozialen Medien hat, wirft Fragen im Markenrecht auf, insbesondere im Hinblick auf geografische Herkunftsangaben.

Geografische Herkunftsangaben im Markenrecht

Bei der Verwendung geografischer Bezeichnungen in Produktnamen ist im Markenrecht besondere Vorsicht geboten. Gemäß deutschem Recht (§ 127 MarkenG) ist die Verwendung geografischer Herkunftsangaben für Produkte, die nicht aus der angegebenen Region stammen, unzulässig. Es stellt sich jedoch die Frage, wie Verbraucher solche Angaben tatsächlich wahrnehmen. Dies ist der entscheidende Punkt.

Der "Dubai-Schokolade"-Konflikt

Der Konflikt um die "Dubai-Schokolade" nahm Fahrt auf, als ein deutscher Importeur, der ausschließlich in Dubai produzierte Schokolade vertreibt, einen großen Hersteller (Lindt) abmahnte. Der Vorwurf: Lindt verkaufe unter der Bezeichnung "Dubai-Schokolade" ein Produkt, das nicht in Dubai hergestellt wird. Lindt weist die Vorwürfe zurück.

Wikipedia definiert "Dubai-Schokolade" als eine mit Kadaifi und Pistazien gefüllte Tafelschokolade, die 2024 einen Hype in den deutschsprachigen sozialen Medien erlebte.

Interpretationsspielraum im Markenrecht

Im Markenrecht werden geografische Angaben nicht immer wörtlich interpretiert. Die Begriffe "Wiener Schnitzel", "Russisches Brot" und "Schwarzwälder Torte" sind etablierte Beispiele. Sie dienen als Hinweis auf eine Zubereitungsart oder typische Zutaten, nicht zwangsläufig auf die geografische Herkunft. Der Begriff "Kölner Wasser" (Eau de Cologne) steht ähnlich symbolisch für einen bestimmten Produkttyp und nicht ausschließlich für eine Herstellung in Köln.

Lesen Sie auch: Hype, Inhaltsstoffe und Qualität: Dubai-Schokolade im Vergleich

Lässt sich diese Überlegung auch auf "Dubai-Schokolade" übertragen? Nach Ansicht des abmahnenden Importeurs suggeriert "Dubai-Schokolade" klar, dass das Produkt in Dubai hergestellt wurde. Das sei bei Lindt nicht der Fall, was Verbraucher in die Irre führen könnte. Lindt hingegen sieht in "Dubai-Schokolade" eine Beschreibung der besonderen Zutaten und Zubereitungsart. Pistaziencreme und Engelshaar seien charakteristisch für die orientalische Küche und stünden im Mittelpunkt des Produkts.

Die Rolle der Verbraucherwahrnehmung

Für den Fall, dass der Streit vor Gericht landet, wird maßgeblich sein, wie die angesprochene Zielgruppe die Bezeichnung versteht. Hier könnten Verbraucherumfragen für die notwendige Klarheit sorgen. Es stellt sich die Frage, ob der Kunde tatsächlich eine Schokolade aus Dubai erwartet, oder ob der Begriff als Synonym für eine bestimmte Art von Schokolade wahrgenommen wird.

Gerichtliche Entscheidungen zur "Dubai-Schokolade"

Das Landgericht Köln hat sich in zwei einstweiligen Verfügungsverfahren mit der Frage auseinandergesetzt, was unter dem Begriff "Dubai-Schokolade" zu verstehen ist (LG Köln, Beschluss vom 20. Dezember 2024 - 33 O 513/24 und LG Köln, Beschluss vom 6. Januar 2025 - 33 O 525/24). Anspruchsteller war ein Unternehmen, welches unter anderem einen "Habibi-Riegel" aus Dubai importiert. Es richtete Unterlassungsansprüche gegen zwei andere Unternehmen, welche "Dubai Schokolade" bzw. "Dubai Chocolate" anbieten. Die Produkte waren allerdings nicht in Dubai hergestellt.

Nach einstweiliger Einschätzung der Kammer stellt die angegriffene Bezeichnung, Produktaufmachung und die angegriffene Werbung einen Verstoß gegen § 127 Abs. 1 MarkenG dar. Danach dürfen geografische Herkunftsangaben im geschäftlichen Verkehr nicht für Waren oder Dienstleistungen benutzt werden, die nicht aus dem Ort, der Gegend, dem Gebiet oder dem Land stammen, das durch die geografische Herkunftsangabe bezeichnet wird, wenn bei der Benutzung solcher Namen, Angaben oder Zeichen für Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft eine Gefahr der Irreführung über die geografische Herkunft besteht. Von der Gefahr einer Irreführung ist auszugehen, wenn die angegriffene Bezeichnung bei einem nicht unwesentlichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise eine unrichtige Vorstellung über die geografische Herkunft der Produkte hervorruft.

Das Landgericht Köln nahm jeweils einen Unterlassungsanspruch an. Bei der Bezeichnung "Dubai Schokolade" bzw. "Dubai Chocolate" würden die Verbraucher - insbesondere bei der konkreten Produktgestaltung - davon ausgehen, dass die Schokolade aus Dubai stamme. Ein bloßer Hinweis auf der Rückseite der Verpackung, dass die Schokolade aus der Türkei kommt, reiche nicht, so das Gericht. Denn auf der Rückseite befänden sich mehrere Sprachen. Somit gingen die Verbraucher davon aus, dass das Produkt nicht aus Deutschland stamme. Kaum wahrnehmbar sei hierbei die wahre Herkunft, nämlich die Türkei. Auch die weitere werbliche Anpreisung mit Formulierungen "Taste of Dubai", "diese Schokolade bringt den Zauber Dubais direkt zu Ihnen nach Hause" oder "mit einem Hauch Dubai" dürften den Eindruck noch verstärken. Eine (deutliche) Aufklärung, dass die Schokolade nicht aus Dubai stammt, fehlte offensichtlich.

Lesen Sie auch: Schnelle Schokoladenhärtung

Auch Aldi Süd wurde der Verkauf der Luxus-Schokolade vom Landgericht Köln untersagt (AZ: 33 O 544/24). Der Discounter hat aber Widerspruch gegen die Entscheidung eingelegt. Noch ist offen, wie es mit dem Verkauf bei Aldi weitergeht.

Das Landgericht Frankfurt sah es anders: Die Richter:innen wiesen einen Antrag zurück, der sich gegen den Verkauf der Dubai-Schokolade beim Discounter Lidl gerichtet hatte (AZ: 2-06 O 18/25). Der Zusatz "Dubai" habe sich zu einem Gattungsbegriff gewandelt, heißt es in dem Beschluss. Kund:innen gingen bei der Lidl-Schokolade nicht zwingend davon aus, dass die Einzelbestandteile aus Dubai stammten oder das Gesamtprodukt dort hergestellt worden sei.

In einer aktuellen Entscheidung vom Juli 2025 (Az. 6 U 65/25) hat das Oberlandesgericht Köln einem deutschen Lebensmittelhändler untersagt, ein Schokoladenprodukt unter der Bezeichnung „Dubai Schokolade“ in Deutschland zu vertreiben oder zu bewerben, sofern dieses nicht tatsächlich in Dubai hergestellt wurde oder keinen sonstigen geografischen Bezug zu dem Emirat aufweist. Damit stellt das Gericht klar, dass die Angabe „Dubai Schokolade“ eine geografische Herkunftsangabe darstellt - und keine bloße Fantasiebezeichnung oder Hinweis auf eine bestimmte Rezeptur.

Was bedeuten die Entscheidungen für andere "Dubai-Schokoladen"-Produkte?

Zunächst ist festzuhalten, dass es sich um konkrete Einzelfallentscheidungen handelt. Man wird bei anderen Produkten die genaue Ausgestaltung und Werbung in den Blick nehmen müssen. Womöglich käme man - auch mit den Argumenten des Landgerichts Köln - zu einem anderen Ergebnis. Auch wird man sehen müssen, ob andere Gerichte (oder im konkreten Fall womöglich das OLG Köln) die Auffassung des LG Köln bestätigt. Denkbar ist es nämlich auch, dass ein anderes Gericht davon ausgeht, dass der Verbraucher unter dem Begriff "Dubai-Schokolade" eine Schokoladensorte versteht und keinen Herkunftshinweis.

Luxusprodukt oder Irreführung?

Mit Preisen von 10 bis 20 Euro pro 100 Gramm sorgt die Dubai-Schokolade für Gesprächsstoff - und spaltet die Meinungen. Handgemacht, aber oft nicht aus Dubai - aber dürfen sie die Hersteller dann dennoch so nennen? Ein Blick hinter die süße Fassade.

Lesen Sie auch: Alles über Camondas Dubai Schokolade

Die Zutaten der Dubai-Schokolade sind weder besonders teuer noch außergewöhnlich. Sie besteht aus Schokolade, Pistaziencreme, Butter und Kadayif-Teigfäden. Trotzdem ist sie mit 10 bis 20 Euro pro 100 Gramm extrem teuer, was durch Handarbeit, Transportkosten und geschicktes Marketing bedingt ist.

Andreas Wilmers, der Importeur der Dubai-Schokolade, erklärt den hohen Preis so: „Die originale Dubai-Schokolade kostet umgerechnet 17 Euro, sie ist handgemacht."

Die Rolle des Marketings

Dubai, das Emirat, wird weltweit mit Reichtum und Luxus assoziiert. Genau dieses Bild wird von der Schokolade transportiert. Sie verspricht, ein kleines Stück Exklusivität, das sich jeder leisten kann - für den Preis einer guten Flasche Wein.

Tatsächlich wird die Schokolade oftmals nicht einmal dort hergestellt. Es gibt Beispiele, in denen die Schokolade in Deutschland produziert wird, aber dennoch als "Dubai-Schokolade" verkauft wird.

Schutzregelungen für Herkunftsangaben

Laut EU-Recht gibt es für bestimmte Herkunftsangaben und traditionelle Spezialitäten Schutzregelungen, die verhindern, dass Produkte mit falschen Herkunftsbezeichnungen versehen werden. Dann dürfen die Waren nur so bezeichnet werden, wenn sie tatsächlich aus dem genannten Herkunftsland oder der Region stammen oder entsprechende Zutaten von dort kommen. Doch gelten diese Regelungen auch für die Dubai-Schokolade?

Wucher oder fairer Preis?

Eine andere rechtliche Frage, die sich stellt: Ist der hohe Preis Wucher? Nach deutschem Strafrecht liegt Wucher vor, wenn jemand die finanzielle Notlage einer anderen Person ausnutzt, um sich einen unangemessen hohen Vermögensvorteil zu verschaffen (§ 291 Strafgesetzbuch).

Bei der Dubai-Schokolade trifft dies jedoch nicht zu. Niemand wird gezwungen, diese exklusive Schokolade zu kaufen, und wer sich dafür entscheidet, tut dies freiwillig. Niemand wird in seiner Notlage ausgenutzt - es ist einfach eine bewusste Entscheidung, mehr für ein Produkt zu zahlen, das mit Luxus und Exklusivität verbunden wird.

Fazit: Ein Hauch von Luxus für den kleinen Geldbeutel?

Die Auseinandersetzung um "Dubai-Schokolade" zeigt eindrucksvoll, wie vielschichtig und aktuell Markenrecht sein kann. Es geht nicht nur um die Herkunft eines Produkts, sondern auch um die Interpretation durch Verbraucher. Ob "Dubai-Schokolade" wirklich aus Dubai stammen muss, bleibt abzuwarten. Es steht jedoch fest, dass der Streit reichlich Stoff für Diskussionen bietet und möglicherweise auch eine ordentliche Portion Publicity für alle Beteiligten generiert.

Ob der Preis für die Dubai-Schokolade gerechtfertigt ist oder nicht, bleibt letztlich jedem selbst überlassen. Die Zutaten sind nicht außergewöhnlich, die Herstellung nicht unvorstellbar teuer. Doch der Name "Dubai" weckt Assoziationen von Luxus, Exklusivität und Wohlstand - und das lässt die Schokolade in einem anderen Licht erscheinen. Am Ende ist es vor allem das Marketing, das den Preis rechtfertigt. Wer sich für die Schokolade entscheidet, bekommt nicht nur einen süßen Genuss, sondern auch ein kleines Stück "Dubai" für die Zunge - und das zu einem Preis, der so manchen in Staunen versetzen dürfte.

Kinderarbeit in der Schokoladenindustrie

Es ist wichtig, im Zusammenhang mit Schokolade auch auf das Thema Kinderarbeit hinzuweisen. Kinderarbeit umfasst laut Definition Arbeiten, für die Kinder zu jung sind, die gefährlich oder ausbeuterisch sind, die die körperliche oder seelische Entwicklung schädigen oder die Kinder vom Schulbesuch abhalten. Kinderarbeit beraubt Kinder ihrer Kindheit und verstößt gegen die weltweit gültigen Kinderrechte, die in der UN-Kinderrechtskonvention festgeschrieben sind.

Die schlimmsten Formen der Kinderarbeit umfassen Sklaverei und sklavenähnliche Abhängigkeiten, Zwangsarbeit einschließlich des Einsatzes von Kindersoldat*innen, Kinderprostitution und Kinderpornographie, kriminelle Tätigkeiten wie den Missbrauch von Kindern als Drogenkuriere sowie andere Formen der Arbeit, die die Sicherheit und Gesundheit der Kinder gefährden können.

Viele der arbeitenden Kinder leiden unter Arbeitsbedingungen, die gefährlich oder gesundheitsschädlich sind - zum Beispiel in Goldminen in Burkina Faso, auf den Baumwollfeldern in Indien, in Steinbrüchen im Benin, auf Kakaoplantagen in der Elfenbeinküste oder auf Farmen in Lateinamerika.

Es ist wichtig, beim Kauf von Schokolade auf fair gehandelte Produkte zu achten, um Kinderarbeit zu vermeiden.

tags: #schokolade #stellt #keine #fragen #schokolade #versteht

Populäre Artikel: