Die Geschichte des Lebkuchens in Sachsen: Eine süße Tradition aus Pulsnitz

Pulsnitz, eine Kleinstadt in der Nähe von Dresden, ist vor allem zur Weihnachtszeit bekannt für ihre jahrhundertealte Pfefferkuchen-Tradition. Doch die Pulsnitzer Lebkuchen sind kein typisches Saisonprodukt. Sie werden das ganze Jahr über in den örtlichen Pfefferküchlereien gebacken und direkt vom Hersteller verkauft sowie auf regionalen Märkten angeboten. Pulsnitzer Lebkuchen bzw. Pfefferkuchen, wobei beide Begriffe synonym verwendet werden, sind ein traditionell hergestelltes feines Gebäck aus Weizen- und Roggenmehl. Seit 1998 sind die Pfefferküchler ein eigenes, regionaltypisches, anerkanntes Handwerk. Pulsnitzer Pfefferkuchen müssen in Pulsnitz hergestellt sein.

Ein Blick in die Vergangenheit: Von Ägypten bis Sachsen

Für viele Menschen sind Lebkuchen ein klassisches Weihnachtsgebäck. Beim Blick in die Geschichte spannt sich allerdings ein viel größerer Bogen: Schon 2000 v. Chr. wurden in Ägypten Honigkuchen gebacken, denen magische und lebensspendende Kräfte zugeschrieben wurden. Als Talismane nahm man sie mit in die Schlacht oder legte sie Verstorbenen in die Gräber. Seit jeher wird dem Lebkuchen nachgesagt, er heile Kranke und stärke die Gesunden.

Ende des 13. Jahrhunderts gibt es erste urkundliche Nachweise für das Handwerk des Pfefferküchlers. War Pfefferkuchen zunächst noch ein Luxusgut, das sich nur Wenige leisten konnten, zählt das würzige Gebäck seit dem 16. Jahrhundert in Mitteleuropa zum allgemeinen Volksgut.

Die Pulsnitzer Pfefferkuchen-Tradition: Eine regionale Besonderheit

In Pulsnitz hielt der Pfefferkuchen im 16. Jahrhundert Einzug. Den Pulsnitzer Bäckern wurde in einem Privileg derer von Schlieben ab 1558 gestattet, über ihren eigenen Bedarf hinaus Pfefferkuchen zu backen. Im Jahr 1654 wurde die Bezeichnung „Pfefferküchler“ erstmals urkundlich erwähnt.

Mit seinem unverwechselbaren Geschmack und seiner dichten, sättigenden Konsistenz diente er den Menschen das ganze Jahr über als schmackhaftes Backwerk. Zu Fest- und Feiertagen wurde er aufwendig verziert und zu Figuren gestaltet. Die Pulsnitzer Pfeffer­küchler waren sehr rege und waren bereits ab 1655 auf dem Dresdner Striezelmarkt und anderen Märkten vertreten. Dies führte zu Konflikten mit einhei­mischen Bäckern, da damals die Herstellung von Pfeffer­kuchen weit verbreitet war. 1745 erhielten die Pulsnitzer Pfeffer­kuchen neuen Aufschwung durch den Bäcker und Pfeffer­küchler Tobias Thomas. Er brachte von seiner Wander­schaft aus Thorn (heute Polen) neue Ideen und Rezepte mit. Die Qualität der Pfeffer­kuchen aus Pulsnitz verbesserte sich und es entwickelten sich typische Pfeffer­küch­lereien, die ausschließlich Pfeffer­kuchen produzierten.

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Noch heute ist Pulsnitz der einzige Ort der Welt, wo man die Pfefferküchlerei noch heute als Lehrberuf erlernen kann. Auf eine Sache sind die Pulsnitzer besonders stolz: dass ihr Pfefferküchler-Handwerk als regionale Besonderheit wieder anerkannt ist und als Ausbildungsberuf gilt.

Das Geheimnis des Geschmacks: Die Zutaten und die Herstellung

Den „Originalen Pulsnitzer Pfefferkuchen“ liegt eine feste Rezeptur zugrunde, die jeder Pfefferküchler mit eigenen Zutaten verfeinert. Der braune Pfefferkuchenteig reift in großen Holzfässern vier bis sechs Wochen. Dann erst werden die Gewürze hinzugefügt. Zimt, Nelken, Kardamom, Macisblüte, Muskatnuss, Koriander, Fenchel und Anis gehören dazu. Die genaue Lager- und Gärdauer der Grundteige ist geheim und wurde von den Lebkuchenbäckern immer streng gehütet. Die Meister gaben sie nur an ihre Erben weiter.

Pfeffer­kuchen enthalten übrigens keinen Pfeffer, sondern früher stand dieser Begriff insgesamt für exotische Gewürze. Als Backtriebmittel wird zumeist Pottasche (Asche von natürlichen Pflanzen) und Hirschhornsalz (früher: geraspeltes Hirschgeweih, heute: chemisch hergestellt) eingesetzt. An Mehlen verwenden die Pfefferkuchen-Bäcker Weizen- und Roggenmehl. Zucker darf nicht fehlen und je nach Sorte findet man Nüsse, Mandeln, Orangenschalen oder Fruchtsirup auf der Zutatenliste.

Das Rezept des Grundteigs

Das Rezept ist ziemlich simpel: Mehl und Zucker werden in einem Verhältnis von 1:1 gemischt. "Und dann findet im Teig eine Milchsäuregärung statt. Milchsäuregärung kennen Sie ja aus dem Sauerkraut. Und das jetzt in Kombination mit Zucker ist es halt wirklich so, dass der Teig sehr lange haltbar ist. Da der Teig so lange lagert, muss er vor der Verarbeitung in der Knetmaschine aufgelockert werden. Früher geschah das mit der Teigbreche, einer Art riesengroßem Käsemesser.

Vielfalt der Formen und Variationen

Die Pfefferkuchen gibt es als runde Oblaten mit oder ohne Schokolade überzogen. Eine besondere Art sind die „Spitzen“, die es mit Schokoladenglasur gefüllt oder auch ungefüllt gibt. Ob rund oder als Stäbchen, pur, mit Zucker- oder Schokoladenüberzug. Inzwischen hat jeder der Pulsnitzer Pfefferküchler die verschiedensten Varianten im Angebot. Neben den Kirschbomben gibt es im Laden Schokobrezen, Herzen und natürlich die berühmten, mit Marmelade gefüllten Pulsnitzer Spitzen. Verschiedene Formen - aber es ist immer derselbe Grundteig.

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Der Pfefferkuchenmarkt in Pulsnitz: Ein jährliches Highlight

Pulsnitzer Pfeffer­kuchen haben ihren Hauptabsatz ab November. Start der Saison ist der Pulsnitzer Pfeffer­ku­chenmarkt, auf dem sich alle Hersteller und weiteres traditio­nelles Handwerk präsentiert. Er findet immer am 1. November­wochenende statt.

Am ersten Wochenende im November findet auf dem Marktplatz in Pulsnitz der Pfefferkuchenmarkt statt.

Pfefferkuchen in der DDR-Zeit und nach der Wende

Zu DDR-Zeiten geriet aber auch dieses Handwerk in die Mühle der Verstaatlichungsstrategie der SED, wie die Geschichte der von Erich Ritter 1884 gegründeten Pfefferküchlerei belegt. Sie wurde in den fünfziger Jahren in einen VEB umgewandelt. Dieter Frenzel arbeitete in diesem Betrieb als technologischer Leiter.

In der DDR waren die Pulsnitzer Pfefferkuchen konkurrenzlos. Wenn die Pfefferküchler mit ihren Verkaufswagen auftauchten, standen die Kunden Schlange. Nach der Wende standen neue Gewürzlieferanten vor der Tür, aber die Geschmacksnote stimmte nicht. In Pulsnitz setzte man lieber auf die Qualität der eigenen Produkte als auf Geschmackexperimente. Aber auch neue Produkte wurden auf den Markt gebracht, etwa die köstlichen gefüllten Pfefferkuchenspitzen.

Nach 1990 war das anders geworden, denn sie standen nun im Wettbewerb mit Lebkuchenfabrikanten aus Nürnberg und Aachen. Pfefferküchler Christian Hübler blieb dennoch optimistisch: "Die Nürnberger sind für uns eigentlich keine Konkurrenz. Das ist eine Fabrikware, und unsere Handwerksqualität schneidet da in jedem Falle besser ab.

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Das Pfefferkuchenmuseum Pulsnitz: Ein Einblick in die Geschichte

Immerhin ist der Pfefferkuchen aus Pulsnitz so bedeutend, dass man dem Thema gleich ein ganzes Museum gewidmet hat. Direkt am Markt befindet sich das Museum, das die Geschichte des Pfefferkuchens mit historischen Maschinen, Modeln, Ausstechformen, Dosen, Fotos und Dokumenten veranschaulicht. Nach Voranmeldung kann der Besucher ein Back-Event erleben und in der Backstube sich selbst an der Herstellung der traditionellen Lebkuchen versuchen.

Das Pfefferkuchenmuseum zeigt die Geschichte des Pfefferkuchens und seine Herstellung. Historische Maschinen, Model, Ausstechformen, Dosen und noch viel mehr zeugen vom Pfefferkuchenhandwerk, welches seit 1558 in Pulsnitz bestritten wird. Auch noch heute gehen 9 Küchlereien diesem traditionellen Handwerk nach.

Schlesien und seine Pfefferkuchen-Tradition

Auch Schlesien blickt auf eine über 700jährige Tradition des Pfefferküchlerhandwerks zurück. Die erste schriftliche Erwähnung eines solchen Lebkuchenbäckers findet man in Schweidnitz. Aus zahlreichen anderen schlesischen Städten, die entlang der alten Handelsrouten angesiedelt waren, ist die Pfefferküchlerei überliefert. Spezialitäten wie „Liegnitzer Bombe“ und „Neisser Konfekt“ sind bis heute in aller Munde.

Pulsnitz heute: Eine Stadt im Zeichen des Pfefferkuchens

Heute gibt es in der Stadt Pulsnitz 9 Betriebe mit teilweiser langer Famili­en­tra­dition, die Pulsnitzer Lebkuchen herstellen. Zu den Pulnitzer Produzenten der Pfefferkuchen zählen:

  • Pfefferküchlerei Max Schäfer
  • Georg Gräfe Pulsnitzer Pfefferkuchen
  • C. E.

Die Pfeffer­kuchen werden in vielen Variationen angeboten und schmecken auch außerhalb der Weihnachtszeit.

Pulsnitz liegt im Landkreis Bautzen am westlichen Rande des Oberlausitzer Berg- und Hügellandes, etwa 10km südlich von Kamenz und rund 25km nordöstlich der sächsischen Landeshauptstadt Dresden. Mit seinen Ortsteilen Oberlichtenau, Friedersdorf und Friedersdorfer Siedlung hat Pulsnitz knapp 8.000 Einwohner.

Neben dem Pfefferküchlerhandwerk haben vor allem die Töpferei und der Blaudruck einen langen geschichtlichen Hintergrund und auch heute noch einen wichtigen Stellenwert für Pulsnitz. Der Besuch des Stadt- und Pfefferkuchenmuseums mit seiner Pfefferkuchen-Schauwerkstatt bringt dem Interessierten Pulsnitz ein ganz großes Stück näher.

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