Rezept für Bitterorangenmarmelade: Ein Hochgenuss mit dem gewissen Etwas

Wenn Bitterorangen auf dem Markt angeboten werden, ruft alles in mir "haben will"! Mögen die Früchte auf den ersten Blick hübsch hässlich sein, hatte ich trotzdem schon im Geiste den Geschmack von superleckerer Orangenmarmelade auf der Zunge - marmalade! Nicht zu verwechseln mit unserer Marmelade, die aus jeder Frucht zusammengekocht werden kann, mit egal welchen Zusätzen. Englische Marmalade hat beinahe ein Reinheitsgebot wie das deutsche Bier.

Was sind Bitterorangen?

Bitterorangen, auch als Pomeranzen oder Sevilla-Orangen bekannt, sind wahrscheinlich Kreuzungen, Hybride, aus Pampelmusen und Mandarinen (Quelle) und nicht wirklich lecker. Wer sie schon einmal roh gekostet hat wird das sicherlich bestätigen. Charakteristisch für die Bitterorange ist natürlich der namensgebende Geschmack: Die kleinen Häutchen um das saure Fruchtfleisch sowie die üppig vorhandene weiße Schicht unter der Schale (Albedo) enthalten Bitterstoffe. Bitterstoffen begegnen wir heutzutage eher selten, da sie aus den meisten Gemüse- und Obstsorten mit viel Aufwand (und Erfolg!) herausgezüchtet wurden (Prominente Beispiele sind Zucchini, Chicorée oder Gurken). Ursprünglich hatte diese Veredelung das Ziel, die Lebensmittel bekömmlicher zu machen, da eine Überdosierung mancher Bitterstoffe Vergiftungserscheinungen hervorrufen kann. Doch in vernünftigen Mengen wirken sich Bitterstoffe nicht nur günstig auf unsere Verdauung aus, sie kitzeln auch unsere Geschmacksnerven wach und eröffnen uns so ein ganz anderes Level des gustativen Erlebens. So auch unsere Bitterorange. Klar, wie eine Mandarine oder eben süße Orange würde sie wohl niemand verputzen, allein wegen ihrer nur spärlich ausgeprägten Fruchtsegmente. Dafür lässt sie sich hervorragend zu einer ganzen Reihe an „orangigen“ Zubereitungen verarbeiten. Zum Beispiel wird Orangat aus der dicken Schale der Bitterorange hergestellt. Auch getrocknet lässt sich die Schale als vielseitiges Gewürz einsetzen. Ganz zu schweigen von allerlei Essenzen die in der Parfumerie oder Patisserie eingesetzt werden.

Warum Bitterorangenmarmelade selber machen?

Orangenmarmelade war mir als Kind richtig verhasst: Ich habe einfach nicht verstanden, warum um Himmels Willen da immer Schalen drin waren. Schalen, insbesondere von Zitrusfrüchten, isst man nicht. Dieses Prinzip war in meinem etwa 10-jährigen Kinderkopf fest verankert und hat dort auch noch zumindest weitere 10 Jahre als alleiniger Herrscher über meine Konfitürenpräferenzen regiert. Der Sinneswandel kam spät, dafür umso drastischer. Zufällig saß ich eines Tages vor einer Käseplatte, die mit Orangenmarmelade aus Bitterorangen serviert wurde. In Frankreich wird Käse meist mit Konfitüre und nicht etwa Senf oder Chutney verfeinert. Auf Korsika stehen dabei typischerweise zwei Varianten zur Wahl: Feige und eben Orange. Die mit den feinen Streifen Schale der Bitterorange. Und wie als wäre ein Schalter umgelegt worden, bemerkte ich plötzlich, was sich mir all die Jahre entzogen hatte: Karamellig-bittere Aromen mit tiefen Zitrusnoten, bissfesten Schalenzesten und cremiges Gelée. Ein Traum. Und für mich ein Erwachen, das mich heute zu diesem Rezept gebracht hat: Ausgestattet mit ein paar Kilo korsischer Bitterorangen habe ich das Experiment Orangenmarmelade gewagt. Ihr könnt mir glauben: Es lohnt sich wirklich!

Worauf es ankommt

Das Rezept für Bitterorangen-Marmelade von Alison Walker zeigt, worauf es bei Orangen-Marmelade ankommt. Um eine volle Aroma-Ausbeute zu erzielen, werden Schalen und sogar Fasern und Kerne verwendet, aber auch um alles Pektin herauszuholen. Für subtile Eleganz im Geschmack sorgen Zitrone, brauner Rohrzucker und Whiskey. Es ist ein Rezept ohne Gelierhilfe, aber vielleicht sollte man es für den Notfall da haben. Denn der für das Gelieren notwendige Pektingehalt ist auch sortenspezifisch, wie ich feststellen musste.

Die Zutaten - Qualität zählt

Jedes Jahr im Januar ist es wieder so weit - es gibt Bitterorangen. Und ich gestehe, ich fiebere der ganzen Angelegenheit etwas entgegen - ich habe ein Faible für Bitteres und Pomeranzen, die stehen ziemlich weit oben auf meiner Liste. Ich achte inzwischen doch arg darauf, dass ich immer ordentlich Marmelade im Vorrat habe. Meist fange ich schon im Dezember an, den Bestand an leeren Gläsern zu sichten und aufzustocken - sicher ist sicher. Die Orangen bestelle ich bei Fet a Sóller; das ist einfach die bequemste Möglichkeit. Dieses gab es für mich sagenhafte 5 kg Bitterorangen - genug Stoff für neue Ideen. Nur saubere, gewaschene und unverletzte Früchte verwenden und die Gläser und Deckel gut und heiss ausspülen oder sogar auskochen, damit die Haltbarkeit der Marmelade sichergestellt ist.

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Das Grundrezept

Hier ist ein umfassendes Rezept, das die verschiedenen Aspekte der Bitterorangenmarmeladenherstellung berücksichtigt:

Zutaten:

  • 9 Bitterorangen (ca. 1 kg)
  • Zucker (ca. 1 kg, je nach Süße der Orangen)
  • Zitronensaft (von 1-2 Zitronen)
  • Wasser (ca. 2 Liter)
  • Optional: Ein Schuss Whiskey für eine schottische Note

Zubereitung: Schritt für Schritt

  1. Vorbereitung der Orangen:
    • Orangen waschen, trocken tupfen und halbieren.
    • Aus den Orangen den Saft auspressen. Saft durch ein Sieb in eine Schüssel gießen, Schalen beiseitelegen. Bitte nicht wundern: Bitterorangen geben nicht soviel Saft wie normale Orangen. Der Saft wird durch ein feines Sieb in eine Schüssel geseiht, die ausgepressten Schalenhälften werden extra gelegt, die anderen "Abfälle" (Fruchtfleisch, Kerne, Häute) kommen in eine extra Schüssel. Es wird später alles!
    • Aus dem Innern der Schalen mit einem scharfkantigen Löffel Fruchtfleisch und Trennhäute herauskratzen, in eine zweite Schüssel geben und mit 700 ml kaltem Wasser bedecken. Mit einem scharfkantigen Löffel holt man nun das weiße aus den Schalenhälften raus. Es löst sich recht einfach. Auch das Herausgeschabte kommt in die Schüssel mit den "Abfällen". Die Schüssel mit den "Abfällen" ist nun fertig gefüllt.
    • Ausgekratzte Orangenschalen halbieren, in sehr feine Streifen schneiden und zum gesiebten Saft in die Schüssel geben, ebenfalls 700 ml kaltes Wasser zugießen. Die geschnitten Orangenschalenstreifen werden in die Schüssel mit dem Orangensaft gegeben. Für heute ist erst einmal Feierabend.
    • Beide Schüsseln abgedeckt mindestens 12 Stunden (am Besten über Nacht) kalt stellen.
  2. Kochen der Marmelade:
    • Am nächsten Tag Orangenschalenstreifen mit der Flüssigkeit in einen Topf geben.
    • Orangenfruchtfleisch aus der zweiten Schüssel in ein Sieb geben, gut abtropfen lassen, mit den Händen gut ausdrücken. Flüssigkeit dabei auffangen und zu den Schalenstreifen in den Topf geben.
    • Ausgedrücktes Fruchtfleisch in ein Mulltuch geben, mit Küchengarn gut verschließen und ebenfalls in den Topf geben. Das gefüllte Passiertuchsäckchen wird in den Kochtopf gehängt. Es sollte frei schwimmen, also den Kochtopfboden nicht berühren. Das klappt ganz gut, indem man die Tuchzipfel am Griff des Topfes anbindet.
    • Topfinhalt aufkochen und mindestens 1 Stunde bei mittlerer Hitze kochen lassen, bis die Schalen weich sind. Während des kochens immer wieder mit einem Schaumlöffel umdrehen damit sie gleichmässig garen. Dabei darauf achten, dass das Mulltuch nicht am Boden des Topfes liegt, weil es so anbrennen könnte (siehe Tipp).
    • Wenn die Orangenschalen weich sind, Topf vom Herd nehmen.
    • Mulltuch entnehmen, im Sieb abtropfen und auf Zimmertemperatur abkühlen lassen. Ein Sieb wird auf eine große Schüssel gesetzt und das Säckchen aus dem Topf zum Abtropfen da rein gesetzt. Sobald es etwas abgekühlt ist und man es anfassen kann, knetet man das noch verschlossene Säckchen mit den Händen durch. Die austretende geleeartige Flüssigkeit wird in der Schüssel aufgefangen und auch das, was sich außen am Säckchen sammelt, wird mit den Fingern immer wieder abgestreift und kommt in die Schüssel.
    • Orangenschalen in ein Sieb gießen, dabei den Sud in einer Schüssel auffangen.
    • Mulltuch mit den Händen gut auspressen, austretenden Sud dabei auffangen (sehr pektinhaltig, wichtig für späteren Geliervorgang!) und zum zuvor aufgefangenen Sud in der Schüssel geben (es müssen 2 l sein, fehlende Flüssigkeit mit Wasser auffüllen). Die gesamte Flüssigkeit wird nun abgemessen und wieder in den Topf gefüllt. Für 1 kg Bitterorangen (ursprüngliches Gewicht vor der Verarbeitung), benötigt man insgesamt 2 Liter Flüssigkeit. Die abgemessene Flüssigkeit wird mit entsprechend viel Wasser aufgefüllt.
    • Gut durchrühren. Sud in einen Topf gießen, Orangenschalen wieder zugeben und aufkochen.
    • Zucker und Zitronensaft zugeben und bei mittlerer Hitze auf 105 Grad erhitzen (dauert ca. 1 Stunde; Temperatur regelmäßig mit dem Thermometer prüfen). Nun wird der Zucker in den Topf gefüllt und alles unter Rühren aufgekocht.
    • Den dabei entstehenden Schaum abschäumen, damit die Marmelade nicht trüb wird. Hin und wieder sollte die Marmelade abgeschäumt werden. Die Flüssigkeit muss solange kochen, bis durchgehend eine Temperatur von 105 °C erreicht ist. Sollte die Temperatur beim Umrühren wieder runtergehen, muss die Marmelade weiterkochen. Die 105 °C ist die Geliertemperatur, die unbedingt gleichmäßig erreicht werden sollte, damit die Marmelade fest wird. Zur Sicherheit kann man auch eine Gelierprobe machen. Dafür gibt man etwas von dem Kochgut auf einen kalten Teller.
    • Marmelade bei 105 Grad Temperatur vom Herd nehmen und 10 Minuten stehen lassen, damit sich die Schalen verteilen.
    • Heiße Marmelade mit einem sauberen Kochlöffel durchrühren und in Twist-off-Gläser füllen. Die Gläser werden bis kurz unter dem Rand befüllt und sofort verschlossen. Die Gläser sollten in der Abkühlphase nicht bewegt werden.
    • Fest verschließen und 5 Minuten auf den Deckel stellen, dann umdrehen.

Tipps für die Zubereitung

  • Das zugebundene Mulltuch z.B. mit den Garn-Enden am Henkel des Topfes festknoten, damit es nicht am Topfboden aufliegt.
  • Einen kleinen Unterteller für ein paar Minuten ins Gefrierfach legen, darauf einen Teelöffel der Marmelade geben, kurz in den Kühlschrank (1 Minute) dann mit dem Löffel schieben, wenn sich eine Haut gebildet hat und der Löffel die Konfitüre wegschiebt ist sie fertig, ansonsten den Vorgang noch mal wiederholen - einkochen, Gelierprobe usw. Wenn die Gelierprobe gelingt, die Marmelade in die vorbereiteten Gläser abfüllen und sofort mit den aus dem kochenden Wasser herausgefischten Deckeln verschliessen. Vollständig abkühlen lassen und beschriften.
  • Für frische Orangenmarmelade musste auch ein frisches Brot aus dem eigenen Backofen her.

Variationen

  • Schottische Variante: Einen Schuss Whiskey hinzufügen, nachdem die Marmelade vom Herd genommen wurde.
  • Mit Zitrone: Zitronensaft und Zesten für eine zusätzliche Zitrusnote verwenden.

Das Geheimnis der Gelierung

Manche Früchte enthalten Pektin, ein natürliches Bindemittel, andere wiederum nicht. Bei letzteren muss - wenn denn eine geleeartige Konsistenz erwünscht ist - nachgeholfen werden. Dafür wird entweder Gelierzucker oder reines Pektin eingesetzt. Klassischerweise finden wir in dieser Kategorie Beeren und natürlich „nicht-Früchte“ wie Rhabarber oder Rosenblätter. Am anderen Ende des Pektinspektrums finden wir Äpfel, Quitten und - ihr habt es wohl schon erraten - Zitrusfrüchte. Ein besonders großes Marmeladen-Potential hat dabei tatsächlich unsere Bitterorangen: Bei Zitrusfrüchten befindet sich das Pektin in der Albedo-Schicht unter der Schale, welche bei dieser Spezies ja besonders ausgeprägt ist. Auch Kerne - oder Kerngehäuse, wie bei Quitten - enthalten verhältnismäßig große Mengen des natürlichen Geliermittels. Ein guter Grund also, die Orangenmarmelade ohne Gelierzucker anzugehen und ganz auf die natürliche Bindekraft der tollen Früchte zu setzen.

Pektin verstehen

Grundsätzlich ist Pektin ein großes, pflanzliches, Zuckermolekül mit interessanten Eigenschaften. Erwärmt ist Pektin in der Lage eine Struktur zu entwickelt, die beim Erkalten Wasser binden und halten kann. Zu hohes Erhitzen kann jedoch zu einer Denaturierung führen - das Pektin verliert daraufhin seine Fähigkeit, zu binden. Um das Ganze noch etwas komplexer zu machen: Pektin muss, wenn es natürlich in den Früchten enthalten ist, erst einmal gelöst werden und das geht nur durch starkes Erhitzen. Obst, dem Pektin zugefügt wird, sollte nicht heiß aufgekocht werden sondern nur köcheln, denn der Bindestoff kommt schon in einem gelösten Zustand. Obst mit natürlichem Pektin muss aufgekocht werden, jedoch nicht zu lange und nicht zu heiß.

Der richtige Topf

Wie schon oben in der Zusammenfassung angedeutet, gibt es durchaus einige Topfeigenschaften, die das Marmeladenkochen vereinfachen. Nicht von ungefähr gibt es den traditionellen, sehr weiten Marmeldentopf aus Kupfer: Durch die große Bodenfläche und die noch größere Öffnung verdampft Flüssigkeit auch bei niedriger Flamme relativ schnell. Das Material Kupfer wiederum bietet sowohl eine gute und gleichmäßige Hitzeleitfähigkeit als auch eine kleine chemische Besonderheit: Durch minimale (und absolut harmlose) Oxidation landen während dem Kochen einige Kupfer-Ionen in der Mischung. Diese verbessern die Pektinstruktur, die dadurch mehr Wasser binden kann. Besser als dünnes Kupfer ist ein ordentlicher Gusseisenbräter, der durch seine dicken Wände die Hitze auch seitlich gut verteilt und auch am Boden nichts anbrennen lässt (bei niedriger Hitze und regelmäßigem Rühren versteht sich).

Lagerung und Haltbarkeit

Die Marmelade aus Bitterorangen hält sich in Gläsern verschlossen mehrere Monate. Sie hält sich ca. 2 Jahre. Vollständig abkühlen lassen und beschriften.

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Servierempfehlungen

WandelbarWandelbarWer es „very British“ halten möchte, kombiniert die sogenannte „marmalade“ stilecht zu Toast mit gesalzener Butter.

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tags: #Bitterorangen #Marmelade #Rezept

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