Wie viel Zucker ist zu viel? Empfehlungen der WHO und Auswirkungen auf die Gesundheit
Zucker ist ein fester Bestandteil unserer Ernährung und begleitet uns tagtäglich. Er steckt in fast allen Lebensmitteln, kann süchtig machen und uns gleichzeitig ein Glücksgefühl vermitteln. Doch in den letzten zwei Jahrzehnten hat sein Ruf gelitten, und es stellt sich die Frage: Wie viel Zucker ist eigentlich zu viel?
Zucker: Freund oder Feind?
Zucker ist nicht per se „böse“. Wie so oft macht die Dosis das Gift. Unser Körper benötigt Kohlenhydrate, sprich Zucker, um zu überleben, da Glukose unser wichtigster Energielieferant ist. Allerdings ist Zucker nicht gleich Zucker.
- Natürlicher Zucker: Dieser kommt in Obst, Gemüse und Früchten vor. Auch komplexer Zucker, also Kohlenhydrate in Kartoffeln, Vollkornreis und Hülsenfrüchten, sind wichtige Energie- und Ballaststoffquellen und gesundheitsfördernd.
- Zugesetzter Zucker: Dieser findet sich in Backwaren, Softdrinks, Fruchtsäften und Süßigkeiten und ist in zu hohen Mengen schädlich.
Die Empfehlungen der WHO
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt, die Tagesdosis von 25 bis maximal 50 Gramm Haushaltszucker pro Tag und Kopf nicht zu überschreiten. Dies entspricht etwa 5 bis 10 Prozent der täglichen Kalorienzufuhr. Noch besser sei es, den freien Zucker gleich auf fünf Prozent zu reduzieren, also höchstens 25 Gramm pro Tag zu sich zu nehmen, heißt es in einer neuen Richtlinie. Zum Vergleich: In Deutschland liegt der durchschnittliche Zuckerkonsum bei über 100 Gramm pro Tag - das ist bis zu viermal so viel wie die empfohlene Menge!
Diese Empfehlungen beziehen sich auf sogenannte "freie Zucker". Freie Zucker umfassen Mono- und Disaccharide, die Hersteller oder Verbraucher Lebensmitteln zusetzen, sowie in Honig, Sirupen, Fruchtsaftkonzentraten und Fruchtsäften natürlich vorkommende Zucker. Nicht betroffen von der Zucker-Richtlinie ist der Fruchtzucker (Fructose), der natürlicherweise in Obst vorkommt.
Die WHO möchte mit ihrer Empfehlung Erkrankungen wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Karies eindämmen. Ein weiteres Ziel ist es, die Anzahl fettleibiger Menschen deutlich zu reduzieren.
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Die Gefahren eines zu hohen Zuckerkonsums
Ein übermäßiger Verzehr von Zucker kann eine Reihe von gesundheitlichen Problemen verursachen:
- Karies: Dies ist wohl die bekannteste Folge eines zu hohen Zuckerkonsums.
- Adipositas (Fettleibigkeit): Zucker liefert viele Kalorien, aber keine wichtigen Nährstoffe. Ein Überschuss an Kalorien führt zu Gewichtszunahme.
- Diabetes Typ 2: Ein hoher Zuckerkonsum kann zu Insulinresistenz führen, bei der die Zellen unempfindlich gegenüber Insulin werden. Dies kann Diabetes Typ 2 auslösen.
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Übermäßiger Zuckerkonsum kann den Cholesterinspiegel erhöhen und Entzündungen im Körper fördern, was das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöht.
- Depressionen, Schlafstörungen und Konzentrationsschwäche: Es gibt Hinweise darauf, dass ein hoher Zuckerkonsum diese Probleme verstärken kann.
- Geschwächtes Immunsystem: Zucker kann Entzündungen im Körper fördern und das Immunsystem schwächen, was uns anfälliger für Krankheiten macht.
- Probleme mit der Darmflora: Ein hoher Zuckerkonsum kann das Gleichgewicht der Darmflora stören, was sich negativ auf die Psyche und das körperliche Wohlbefinden auswirken kann.
Das Problem mit der Fruktose
Besonders die Zuckerart Fruktose gilt als bedenklich. Sie wird in der Leber teilweise zu Fett umgebaut und kann neben Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen auch Gicht fördern. Süßspeisen, Gelees und Fruchtsäfte enthalten in der Regel viel Fruktose. So enthält Apfelsaft beispielsweise genauso viel Zucker wie Cola - nämlich vier Stücke Würfelzucker auf 100 Milliliter!
Das bedeutet aber nicht, dass Sie Früchte und Obst ab sofort meiden sollten, denn zwei Portionen am Tag sind empfehlenswert. Zwar enthalten sie tatsächlich Fruchtzucker, doch die Reichhaltigkeit an Mineralien und Vitaminen ist für den Körper ausgesprochen förderlich. Zudem reduzieren die im Obst enthaltenen Ballaststoffe das schnelle Anfluten des Zuckers im Blut und somit auch die Umwandlung von Zucker zu Körperfett.
Versteckte Zucker erkennen
Ein großes Problem sind die sogenannten „versteckten“ Zucker. Glukose, Saccharose, Dextrose, Zuckersirup, Laktose, Traubenfruchtsüße, Süßmolkenpulver, Gerstenmalz: Die Namen, hinter denen sich Zucker versteckt, sind vielfältig - über 70 verschiedene Bezeichnungen gibt es.
Seit Dezember 2016 müssen Lebensmittelhersteller auf verpackten Lebensmitteln die Nährwerte kennzeichnen. Darunter befindet sich neben Fett und Eiweiß der Zuckergehalt. Schauen Sie daher immer genau hin, an welcher Stelle der Zucker in der Zutatenliste steht und wie oft der Zucker genannt wird. Wer genussvoll mäßig Zucker isst, fördert die Gesundheit und verzichtet nicht.
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Alltägliche Zuckerfallen
Es ist ein Irrglaube, dass der Großteil des Zuckers in Süßigkeiten steckt. Zwei Drittel des durchschnittlichen Jahresverbrauchs werden industriell in Backwaren, Brotaufstrichen, Getränken und Milchprodukten verarbeitet. Vor allem Fertiggerichte enthalten große Zuckermengen.
- Ketchup: Ein Esslöffel Ketchup kann etwa einen Teelöffel Zucker enthalten - ein Sechstel der empfohlenen Tagesration.
- Limonaden: Sie sind wahre Zuckerbomben. Eine Dose/Flasche kann bis zu 40 Gramm Zucker enthalten.
- Fertiggerichte: Viele Fertiggerichte enthalten große Mengen an zugesetztem Zucker.
- Fruchtsäfte und Smoothies: Manche Smoothies enthalten, je nach Fruchtart, sogar mehr Zucker als Cola, denn sie bestehen aus Früchten in hochkonzentrierter Form mitsamt ihrem natürlichen Zuckergehalt.
Tipps zur Reduzierung des Zuckerkonsums
- Nährwertangaben lesen: Achten Sie auf den Zuckergehalt in Lebensmitteln und wählen Sie Produkte mit weniger Zucker. Hat ein Produkt mehr als 10 Gramm Zucker je 100 Gramm, dann ist Vorsicht geboten.
- Versteckte Zucker entlarven: Achten Sie auf die verschiedenen Bezeichnungen für Zucker in der Zutatenliste.
- Selbst kochen: Bereiten Sie Ihre Mahlzeiten selbst zu, um die Kontrolle über die Zutaten zu haben.
- Weniger Fertiggerichte: Vermeiden Sie Fertiggerichte und greifen Sie stattdessen zu frischen, unverarbeiteten Lebensmitteln.
- Zuckerhaltige Getränke meiden: Trinken Sie Wasser oder ungesüßten Tee anstelle von Limonaden und Fruchtsäften.
- Obst statt Saft: Essen Sie Obst anstelle von Saft, um weniger Fruchtzucker aufzunehmen und von den Ballaststoffen zu profitieren.
- Süßigkeiten in Maßen: Genießen Sie Süßigkeiten nur in kleinen Mengen und nicht täglich.
- Alternative Süßungsmittel: Seien Sie vorsichtig mit alternativen Süßungsmitteln wie Ahornsirup, Agavendicksaft oder Kokosblütenzucker, da diese ebenfalls hauptsächlich aus Zucker bestehen.
- Kinder nicht an Zucker gewöhnen: Achten Sie darauf, dass Kinder nicht an eine hohe Zuckerzufuhr gewöhnt werden.
Was tun, wenn der Heißhunger kommt?
Anstatt süße Gelüste und Heißhunger durch Verbote zusätzlich anzufeuern, darf sich Ihr Kind zum Beispiel einmal pro Woche zwei Leckereien aus dem Supermarkt aussuchen. Falls Ihr Kind sich einmal (oder mehrmals) wöchentlich etwas aus der Naschbox aussuchen darf, sollten Sie an den anderen Tagen nicht den restlichen Inhalt der Box leeren oder selbst aufessen. Da Kinder im Alltag durchschnittlich zu viel Zucker aufnehmen, können Sie regelmäßig auf zuckerarme Obstsorten zurückgreifen. Packt Ihr Kind zwischendurch der süße Appetit, obwohl es schon genascht hat, können Sie ihm eine leckere Alternative anbieten.
Initiativen zur Reduzierung des Zuckerkonsums
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) sieht die WHO-Empfehlungen eher kritisch. Ihr reichen die wissenschaftlichen Belege für einen Zusammenhang von Fettleibigkeit und Zuckerzufuhr noch nicht aus. Der Austausch von Zucker durch andere Kohlenhydrate mit derselben Kalorienmenge führte in den Studien nicht dazu, dass die Teilnehmer abnahmen, kritisiert sie in einem Kommentar zum Entwurf der WHO-Empfehlungen.
Eindeutiger sei die Studienlage beim Risiko von Limonaden, schreibt die DGE. Schaden würde es auf jeden Fall nicht, wenn viele Menschen täglich ein wenig Zucker einsparen würden, im Gegenteil. In Deutschland nimmt der Durchschnittbürger rund 36 Kilogramm Zucker pro Jahr zu sich.
Die WHO fordert die Lebensmittelindustrie auf, versteckte Zucker in Lebensmitteln deutlicher zu kennzeichnen. Die Lebensmittelindustrie kritisiert dagegen die Zucker-Richtlinie. Gesellschaftlich seien zur Reduktion des Zuckerkonsums Verhaltens- und Verhältnisprävention zu kombinieren. Die drei Fachgesellschaften schließen sich der Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation aus dem Jahr 2015 an.
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Maßnahmen zur Reduzierung des Zuckerkonsums
- Entscheidungsunterstützende Maßnahmen: Eine vereinfachte Kennzeichnung von Lebensmitteln könne zu einem besseren Verständnis ihrer Qualität beitragen.
- Entscheidungslenkende Maßnahmen: Hier fordern die Fachgesellschaften eine Verbindung der Nationalen Reduktions- und Innovationsstrategie, die auf weniger Salz, Fett und Zucker durch eine Reformulierung von Lebensmitteln abzielt, mit einer lenkenden Verbrauchssteuer.
- Nudging (Anstupsen): Dies ist möglich beispielsweise durch die geschickte Platzierung gesunder Lebensmittel in Kantinen.
- Besteuerung: Die drei Fachgesellschaften fordern eine „gesunde Mehrwertsteuer“ - 20 Prozent auf zuckergesüßte Getränke.
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