Unterzuckerung (Hypoglykämie): Symptome, Ursachen und Behandlung
Eine Unterzuckerung, auch Hypoglykämie genannt, ist ein Zustand, der durch einen ungewöhnlich niedrigen Blutzuckerspiegel gekennzeichnet ist. Sie tritt häufig als Komplikation bei der Behandlung von Diabetes mellitus mit Insulin auf, kann aber auch bei gesunden Menschen oder bei Menschen mit anderen Erkrankungen auftreten. Dieser Artikel beleuchtet die Symptome, Ursachen, Behandlungsmöglichkeiten und Präventionsstrategien im Zusammenhang mit Unterzuckerung, um Betroffenen und ihren Angehörigen ein umfassendes Verständnis zu ermöglichen.
Was ist eine Unterzuckerung?
Eine Unterzuckerung liegt vor, wenn der Blutzuckerspiegel unter einen bestimmten Schwellenwert fällt. Gemäß der Definition der Amerikanischen Diabetes Gesellschaft (ADA) liegt eine Unterzuckerung bei Werten unter 70 mg/dl (3,9 mmol/l) vor. Die Werte können jedoch abhängig von der Nahrungsaufnahme und körperlichen Aktivität schwanken. Jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf niedrige Blutzuckerwerte, daher werden unterschiedliche Schwellenwerte für eine Unterzuckerung angegeben. Ein Blutzuckerwert unter 60 mg/dl bzw. unter 3,3 Millimol pro Liter Blut kann als Orientierungswert für eine Unterzuckerung dienen.
Symptome einer Unterzuckerung
Die Symptome einer Unterzuckerung können vielfältig sein und von Person zu Person variieren. Es ist wichtig, die individuellen Anzeichen zu kennen, um schnell reagieren zu können. Zu den häufigsten Symptomen gehören:
- Zittern: Unkontrollierbares Zittern, insbesondere der Hände.
- Unruhe: Nervosität und innere Anspannung.
- Heißhunger: Plötzliches, starkes Verlangen nach Essen.
- Kaltschweißigkeit: Ausbrechen von kaltem Schweiß, oft begleitet von Blässe.
- Schwächegefühl: Allgemeine Müdigkeit und Kraftlosigkeit.
- Herzklopfen: Beschleunigter oder unregelmäßiger Herzschlag.
- Taubes Gefühl oder Kribbeln: Insbesondere im Bereich von Mund, Beinen oder Händen.
- Verwirrtheit: Schwierigkeiten, klar zu denken und sich zu orientieren.
- Konzentrationsschwierigkeiten: Probleme, sich auf Aufgaben zu konzentrieren.
- Müdigkeit: Erschöpfung und Schläfrigkeit.
- Sehstörungen: Verschwommenes Sehen oder andere visuelle Beeinträchtigungen.
- Blässe: Eine ungewöhnlich helle Gesichtsfarbe.
- Angstgefühle: Unbegründete Furcht und Besorgnis.
- Sprachstörungen: Schwierigkeiten, sich deutlich auszudrücken.
Bei einer länger bestehenden Diabeteserkrankung nimmt der Betroffene die Warnzeichen einer Hypoglykämie unter Umständen nicht mehr so intensiv wahr wie zu Beginn der Erkrankung. Im Einzelfall ist es sogar möglich, dass keines der oben genannten Symptome die zu niedrigen Blutzuckerspiegel anzeigt und der Betroffene ohne weitere „Vorwarnung“ plötzlich Krämpfe erleidet und bewusstlos wird. Je länger ein Diabetes besteht, desto eher kann es zur sogenannten Hypoglykämie-Wahrnehmungsstörung kommen. Der Körper passt sich an den Dauerzustand „niedriger Blutzucker“ an, die typischen körperlichen Warnzeichen fehlen dann. Der Blutzucker kann ganz unbemerkt in den Keller rutschen und von einem Moment auf den anderen zur Bewusstlosigkeit führen. Diabetiker, die dazu neigen, können in speziellen Hypoglykämie-Schulungen lernen, die Anzeichen wieder besser wahrzunehmen.
Ursachen einer Unterzuckerung
Eine Unterzuckerung kann verschiedene Ursachen haben. Bei Diabetikern tritt sie häufig im Zusammenhang mit der Behandlung auf, insbesondere bei der Verwendung von Insulin oder bestimmten oralen Antidiabetika wie Sulfonylharnstoffen oder Gliniden. Die häufigsten Ursachen sind:
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- Überdosierung von Insulin oder blutzuckersenkenden Medikamenten: Wenn die Dosis nicht mit der aufgenommenen Nahrungsmenge oder der körperlichen Aktivität übereinstimmt, kann der Blutzuckerspiegel zu stark absinken.
- Unregelmäßige Mahlzeiten oder Auslassen von Mahlzeiten: Wenn Mahlzeiten ausgelassen oder zu spät eingenommen werden, kann der Blutzuckerspiegel sinken.
- Unzureichende Kohlenhydratzufuhr: Eine zu geringe Aufnahme von Kohlenhydraten, insbesondere bei Diabetikern, die Insulin spritzen, kann zu einer Unterzuckerung führen.
- Erhöhte körperliche Aktivität: Sport und körperliche Anstrengung verbrauchen Glukose und können den Blutzuckerspiegel senken.
- Alkoholkonsum: Alkohol kann die Freisetzung von Glukose aus der Leber hemmen und zu einer Unterzuckerung führen, insbesondere bei Alkoholkonsum am Abend kommt es so schnell zu einer Unterzuckerung im Schlaf.
- Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten: Einige Medikamente können die Wirkung von Insulin verstärken oder den Blutzuckerspiegel beeinflussen.
Auch bei Menschen ohne Diabetes kann es zu einer Unterzuckerung kommen, wenn auch seltener. Mögliche Ursachen sind:
- Funktionelle Hypoglykämie: Eine Stoffwechselstörung, bei der der Körper übermäßig viel Insulin ausschüttet, nachdem man gegessen hat.
- Reaktive Hypoglykämie: Eine seltene Erkrankung, bei der der Blutzuckerspiegel nach dem Essen stark ansteigt und dann schnell wieder abfällt.
- Tumore: In seltenen Fällen können Tumore, die Insulin produzieren (Insulinome), zu einer Unterzuckerung führen.
- Hormonelle Störungen: Erkrankungen der Nebenniere oder der Hirnanhangsdrüse können den Blutzuckerspiegel beeinflussen.
- Lebererkrankungen: Eine beeinträchtigte Leberfunktion kann die Glukoseproduktion stören.
- Übermäßiger Alkoholkonsum: Alkohol kann die Freisetzung von Glukose aus der Leber hemmen.
Behandlung einer Unterzuckerung
Die Behandlung einer Unterzuckerung hängt vom Schweregrad ab. Es wird zwischen leichter und schwerer Hypoglykämie unterschieden. Leichte Unterzuckerungen kann der Patient selbst behandeln, bei einer schweren Unterzuckerung ist er auf fremde Hilfe angewiesen.
Leichte Unterzuckerung
Bei einer leichten Unterzuckerung ist der Betroffene in der Lage, sich selbst zu helfen. Typischerweise bemerkt der Betroffene Anzeichen wie Zittern, Schweißausbrüche, Herzklopfen, plötzlichen Heißhunger, Kribbeln der Finger und Lippen, Blässe oder Angst. Folgende Maßnahmen sind empfehlenswert:
- Schnell wirkende Kohlenhydrate: Sofort 10 bis 20 Gramm schnell wirkende Kohlenhydrate zu sich nehmen, beispielsweise in Form von Traubenzucker (1 bis 2 Stück), einem Glas Fruchtsaft (ohne künstliche Süßstoffe) oder einer zuckerhaltigen Limonade (keine Light-Produkte).
- Blutzuckerkontrolle: Nach etwa 15 Minuten den Blutzucker messen, um den Erfolg der Behandlung zu überprüfen. Der Wert sollte über 100 mg/dl (5,6 mmol/l) liegen.
- Langsam wirkende Kohlenhydrate: Zusätzlich langsam ins Blut übergehende Kohlenhydrate essen, etwa eine Scheibe Brot oder ein Müsliriegel, um den Blutzuckerspiegel stabil zu halten.
Schwere Unterzuckerung
Bei einer schweren Unterzuckerung ist der Betroffene aufgrund von Verwirrtheit, Krämpfen und einer Bewusstseinstrübung so stark eingeschränkt, dass er sich nicht mehr selbst behandeln kann und auf fremde Hilfe angewiesen ist. In diesem Fall sind folgende Maßnahmen erforderlich:
- Notruf: Umgehend den Notruf 112 verständigen.
- Glukagon-Gabe: Durch geschulte Personen in der Umgebung des Betroffenen sofort Glukose einflößen und, wenn vorhanden, auch Glukagon spritzen. Glukagon ist das Gegenhormon des Insulins. Es bewirkt einen raschen (aber nur kurz andauernden) Anstieg des Blutzuckers, indem Reservezucker aus Leber und Muskel freigesetzt wird. Seit März 2020 gibt es Glukagon auch als Nasenspray, das auch für Ungeübte leicht zu handhaben ist. Das Präparat muss nicht gekühlt werden und enthält eine Einzeldosis, die auch Bewusstlosen gut verabreicht werden kann.
- Stabile Seitenlage: Ist der Betroffene bewusstlos, in die stabile Seitenlage bringen, um Aspiration zu verhindern.
- Ärztliche Versorgung: Der Notarzt kann eine hochprozentige Glucoselösung direkt in die Vene spritzen, meist wird dann noch über einen Tropf weiter Glucose zugeführt, bis ein ausreichender Zuckerspiegel erreicht ist. Nach der Anwendung einer Glukagon-Spritze oder eines Glukagon-Nasensprays:Sobald die Person wieder bei Bewusstsein ist, sollte sie etwas Zuckerhaltiges aufnehmen, um eine wiederkehrende Unterzuckerung zu vermeiden.Tritt 10 Minuten nach Injektion keine Wirkung ein, muss ein Notdienst über eine Vene Glukose verabreichen.Auch noch Stunden später kann der Blutzucker wieder abfallen. Aus diesem Grund wird eine Überwachung in einer Klinik empfohlen.
Glukagon-Notfallset
Diabetiker, die zu schweren Unterzuckerungen neigen, erhalten ein entsprechendes Notfallset auf ärztliches Rezept. Es enthält Glukagon, das als Injektion oder Nasenspray verabreicht werden kann. Es ist sinnvoll, Personen aus dem näheren Umfeld von Menschen mit Diabetes mit der Glukagon-Spritze beziehungsweise dem Glukagon-Nasenspray vertraut zu machen. So wird im Notfall richtig gehandelt.
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Prävention von Unterzuckerungen
Um Unterzuckerungen vorzubeugen, sind folgende Maßnahmen wichtig:
- Regelmäßige Blutzuckerkontrolle: Diabetiker, die Insulin spritzen, müssen regelmäßig ihren Blutzucker kontrollieren.
- Anpassung der Insulindosis: Die Insulindosis muss individuell an die Mahlzeiten, die körperliche Aktivität und andere Faktoren angepasst werden.
- Regelmäßige Mahlzeiten: Mahlzeiten sollten regelmäßig eingenommen und nicht ausgelassen werden.
- Ausreichende Kohlenhydratzufuhr: Achten Sie auf eine ausgewogene Ernährung mit ausreichend Kohlenhydraten.
- Vorsicht bei Alkohol: Vermeiden Sie übermäßigen Alkoholkonsum, insbesondere auf nüchternen Magen.
- Notfallausweis: Tragen Sie einen Diabetes-Notfallausweis mit sich, der Informationen über Ihre Erkrankung und die erforderlichen Maßnahmen im Notfall enthält.
- Schulungen: Nehmen Sie an Diabetes-Schulungen teil, um Ihr Wissen über die Erkrankung und ihre Behandlung zu vertiefen.
- Sport und Bewegung: Passen Sie bei erhöhter sportlicher Aktivität die Kalorienzufuhr bzw. die Insulindosis an.
- Werte im Blick behalten: Regelmäßig den Blutzucker zu messen gibt Sicherheit. Blutzuckermessgeräte und Teststreifen sind in Apotheken erhältlich.
Tipps für nächtliche Unterzuckerungen
Bei nächtlichen Unterzuckerungen können folgende Tipps helfen:
- Mit leicht erhöhten Blutzuckerwerten zu Bett gehen.
- Langsam wirkende Kohlenhydrate zum Abendessen oder kurz von dem Zubettgehen zu sich nehmen (zum Beispiel Vollkornprodukte).
- Erhöhte Blutzuckerwerte am Abend nur vorsichtig korrigieren.
- Alkoholkonsum am Abend reduzieren oder ganz vermeiden.
- Sport am späten Abend vermeiden.
- Änderung der Insulindosis (nach Rücksprache mit der Ärztin oder dem Arzt).
- Umstellung der Insulintherapie (nach Absprache mit der Ärztin oder dem Arzt).
- Nutzung eines CGM (kontinuierliche Glukosemessung) mit Alarmfunktion.
Unterzuckerung im Straßenverkehr
Beim Autofahren ist Konzentration gefragt. Am Steuer können Unterzuckerungen besonders gefährlich sein. Gerade bei einer bekannten Anfälligkeit für Hypoglykämien sollten Sie deswegen auf ein paar Vorsichtsmaßnahmen im Straßenverkehr achten:
- Vor der Fahrt den Blutzucker messen. Sind die Werte zu niedrig, schnell wirkende Kohlenhydrate essen. Fahren Sie erst los, wenn der Blutzuckerspiegel in Ordnung ist.
- Dokumentation der Blutzuckerwerte und der Behandlungsmaßnahmen.
- Schnell wirkende Kohlenhydrate für Notfälle im Auto griffbereit haben. Bei Anzeichen einer beginnenden Unterzuckerung anhalten und etwas essen. Erst weiterfahren, wenn der Blutzucker gestiegen ist.
Können Menschen ohne Diabetes unterzuckern?
Auch wenn kein Diabetes vorliegt, können im seltenen Fall niedrige Blutzuckerwerte zu den typischen Symptomen einer Unterzuckerung wie Zittern, Gesichtsblässe, Herzklopfen oder Hungerattacken führen. Besonders schlanke Personen berichten häufiger von solchen Symptomen. Niedrige Blutzuckerwerte deuten aber nicht auf eine Diabetes-Erkrankung hin.
In den folgenden Situationen können auch Menschen ohne Diabetes Symptome einer Unterzuckerung spüren:
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- Während des Fastens
- Nach dem Konsum von Alkohol oder Kaffee
- Während oder nach lang andauernden, anstrengenden Sporteinheiten
- Nach dem Verzehr kohlenhydratreicher Mahlzeiten, die den Blutzuckerspiegel schnell ansteigen lassen und eine hohe Insulinausschüttung verursachen
In den meisten Fällen sind die Symptome einer Unterzuckerung bei Menschen ohne Diabetes ungefährlich. Durch zuckerhaltige Getränke oder Speisen steigt der Blutzuckerspiegel wieder an. Tipp: Auf langsam verwertbare Kohlenhydrate achten. Hierzu eigenen sich komplexe, ballaststoffreiche Kohlenhydrate (zum Beispiel Vollkornbrot oder Müsliriegel) oder Kohlenhydrate, die zusammen mit protein- und/oder fetthaltigen Lebensmitteln aufgenommen werden (wie Reis mit Gemüse und Fisch). Das vermeidet Hungerattacken und niedrige Blutzuckerwerte. Treten Symptome einer Unterzuckerung bei Menschen ohne Diabetes häufiger auf, können andere Erkrankungen dahinterstehen. Sprechen Sie Ihre Ärztin oder Ihren Arzt auf häufig wiederkehrende Unterzuckerungen an.
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