Warum Zucker im Mittelalter so teuer war

Zucker, abgeleitet vom mittelalterlichen Deutsch "zucker, zuker", althochdeutsch "zuccer", mittelalterliches Latein "zucara" vom arabischen "sokkar", bezog sich ursprünglich auf Zuckerrohr, lateinisch "canna mellis" oder Honiggras. Im Mittelalter war Zucker ein seltenes und kostbares Gut. Dieser Artikel untersucht die Gründe für den hohen Preis von Zucker im Mittelalter und beleuchtet seine Herkunft, Verbreitung und Verwendung.

Ursprung und Verbreitung des Zuckers

Die Zuckerherstellung aus Zuckerrohr reicht bis in die Zeit vor unserer Zeitrechnung in Indien zurück. Von dort aus wurde Zucker als wertvolles Handelsgut zu Heilzwecken nach China und Persien exportiert. Um 640 n. Chr. lernten die Araber das Zuckerrohr kennen und begannen um 710 n. Chr. mit dem Anbau im arabischen Ägypten. Dort perfektionierten sie auch die Zuckerraffination, einschließlich der Kandisfabrikation.

Die Araber führten den Zuckerrohranbau um 760 in Spanien und um 960 in Sizilien ein. Im Jahr 996 gelangte der erste Zucker aus arabischen Anbaugebieten nach Venedig und von dort in die Länder des christlichen Abendlandes. Anfangs wurde Zucker fast ausschließlich für die Arzneimittelherstellung verwendet, was nicht zuletzt auf seinen hohen Preis zurückzuführen war.

Der hohe Preis von Zucker im Mittelalter

Bis zum Ende des Mittelalters war Zucker etwa zehnmal so teuer wie Honig. Anfang des 15. Jahrhunderts entsprach der Wert von elf Pfund Zucker dem eines Pferdes. Im Wesentlichen bestanden Süßigkeiten im Mittelalter aus Dörrobst und Honig. Die Konservierungsmöglichkeiten im Mittelalter waren begrenzt und bestanden im Wesentlichen darin, Obst entweder in Form von Lufttrocknung oder im Einlegen in Tongefäßen haltbar zu machen und mussten natürlich auch gekühlt werden.

Als Kühlanlagen dienten die in den Berg gehauenen Stollen! Oft besitzen alte Keller von Fachwerkhäusern immer noch Kellergewölbe, die heute noch ihre Funktionen erfüllen. Im letzteren bestand auch die Möglichkeit, wenn auch in abgewandelter Form durch Gährprozesse akoholische Getränke herzustellen. Das sogenannte "Med" das irrtümlich für ein alkoholisches Getränk gehalten wurde, dessen Hauptkomponennte aus Honig bestand, war sehr beliebt. Kandierte Früchte und Manteln gab es auch schon im Mittelalter.

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Die Gründe für den hohen Preis von Zucker im Mittelalter lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • Aufwendiger Anbau und Verarbeitung: Zuckerrohr benötigt konstante Wärme von 25 bis 28 Grad Celsius und stickstoffhaltige, tiefgründige Böden. Der Anbau ist pflegeintensiv und die Ernte erfolgt nach einer Wachstumszeit von 10 bis 24 Monaten. Die zuckerhaltigen Halme werden nah am Boden abgeschnitten und die Blätter entfernt. Anschließend folgen verschiedene Mahl-, Koch- und Reinigungsprozesse.
  • Begrenzte Anbaugebiete: Bis zum späten Mittelalter entstanden Zuckerrohrplantagen außer auf Zypern, in Sizilien und Spanien auch auf Madeira, den Kanarischen Inseln, den Kapverdischen Inseln sowie auf den Azoren. In Mitteleuropa war Zuckerrohr aufgrund des Klimas nicht kultivierbar.
  • Import und Handel: Zucker musste aus fernen Ländern importiert werden, was Transportkosten und Zölle verursachte. Venedig war im 13. Jahrhundert eines der wichtigsten Handelszentren für Zucker aus dem Nahen Osten.
  • Hohe Nachfrage: Zucker wurde nicht nur als Süßungsmittel, sondern auch als Arzneimittel und für repräsentative Zwecke verwendet. Besonders Könige und Fürsten erfreuten sich an Zucker. Hofkonditoren nutzten Zucker für dekorative Zuckerguß- und Marzipan-Kunstwerke.

Verwendung von Zucker im Mittelalter

Zucker wurde im Mittelalter hauptsächlich für folgende Zwecke verwendet:

  • Arzneimittel: Zucker galt als Allheilmittel gegen verschiedene Beschwerden wie Fieber, Durchfall, Husten oder Gallenkoliken. Ärzte verschrieben Zucker, in Wasser oder Milch aufgelöst, mit Kräutern vermischt oder zu Sirup verarbeitet, um Blut und Galle, Rachen und Darm zu reinigen.
  • Süßungsmittel: Zucker wurde zum Süßen von Speisen und Getränken verwendet, war aber aufgrund seines hohen Preises nur wenigen Hochbegüterten vorbehalten. Stattdessen bediente man sich hauptsächlich des Bienenhonigs und eingedickter Fruchtsäfte.
  • Repräsentation: Zucker wurde für dekorative Zuckerguß- und Marzipan-Kunstwerke verwendet, die bei Festmählern die Tafel schmückten. Für die Aristokratie modellierten die Zuckerbäcker Schlösser, Burgen oder Jagdszenen; die bürgerliche Kundschaft ließ sich Fabelwesen wie etwa die Sphinx oder auch chinesische Tempel formen.

Die Zuckerrübe als Alternative

Erst im Jahr 1747 wurde der Zuckergehalt der Runkelrübe durch den Berliner Chemiker Andreas Sigismund Marggraf festgestellt. Sein Schüler Franz Carl Achard züchtete aus der Runkelrübe dann die Zuckerrübe. Anfang des 19. Jahrhunderts veranlasste Napoleon Bonaparte den Anbau von Zuckerrüben im großen Stil, um die Abhängigkeit von importiertem Zuckerrohr zu verringern. Damit entstand die europäische Zuckerindustrie.

Die Auswirkungen des Zuckerhandels

Der Zuckerhandel hatte weitreichende Auswirkungen auf die Weltgeschichte. Er trug zur Entwicklung des transatlantischen Dreieckshandels bei, bei dem europäische Schiffseigner Waren gegen Menschen aus afrikanischen Ländern tauschten, die sie anschließend als Sklaven in Amerika verkauften. Die Schiffe kehrten mit gefragten Produkten aus den dortigen Kolonien nach Europa zurück, wozu auch der kostbare Rohrzucker zählte.

Der Sklaven-Import in die Neue Welt war ein wichtiger Faktor für das ökonomische Wachstum Europas. Der Profit wurde in heimische Industriebetriebe reinvestiert, die Schiffe, Waffen und Textilien an die Sklavenhändler lieferten. Europas Feudalherren, die dabei reichlich Steuern absahnten, gaben dem transatlantischen Dreiecksgeschäft gern ihren Segen und, notfalls, auch militärischen Schutz.

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