Kritik an Schokolade mit dem Rainforest Alliance-Siegel: Ein genauerer Blick

Das Rainforest Alliance-Siegel, erkennbar an seinem grünen Frosch-Logo, soll Verbrauchern signalisieren, dass ein Produkt unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeit, Naturschutz und besseren Arbeitsbedingungen hergestellt wurde. Immer mehr Unternehmen, darunter auch Schokoladenhersteller, setzen auf dieses Label. Dennoch steht das Siegel immer wieder in der Kritik. Dieser Artikel beleuchtet die Kritikpunkte und gibt einen Überblick über die komplexen Zusammenhänge im Kakaoanbau.

Die Komplexität des Kakaoanbaus

Der Kakaoanbau ist ein komplexes Thema. Der weltweite Kakaomarkt ist intransparent, und die ökologischen und sozialen Bedingungen variieren stark zwischen den verschiedenen Anbauregionen. Viele Verbraucher wünschen sich eine einfache Orientierungshilfe beim Einkauf, und Siegel wie das der Rainforest Alliance sollen diese bieten.

Ritter Sport und die Entscheidung gegen ein Siegel

Ritter Sport hatte sich anfangs bewusst gegen ein Siegel auf ihren Verpackungen entschieden, obwohl sie als erster großer Tafelschokoladenhersteller ihr gesamtes Sortiment auf zertifizierten Kakao umgestellt hatten. Die quadratische Form der Verpackung bot wenig Platz, und das Unternehmen war sich der Komplexität des Themas bewusst. Zertifizierungen wurden als Mindestanforderung betrachtet. Ritter Sport setzte stattdessen auf Partnerschaften mit Bauern und Erzeugerorganisationen, um die ökologische, ökonomische und soziale Situation im Kakaoanbau vor Ort zu verbessern. Inzwischen trägt aber auch ein Teil der Ritter Sport Schokoladen das Siegel der Rainforest Alliance.

Die Kritik an der Rainforest Alliance

Trotz der positiven Absichten steht das Rainforest Alliance-Siegel in der Kritik. Es gibt Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit des Siegels und der Einhaltung der Standards vor Ort.

Kinderarbeit

Eine Recherche des deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunks zeigte, dass es auf Plantagen in der Elfenbeinküste, die mit dem Rainforest Alliance-Siegel zertifiziert waren, Kinderarbeit gab. Kinder wurden beim Versprühen des in der EU verbotenen Insektizids Cacao Massa beobachtet. Dies wirft die Frage auf, ob das Siegel wirklich garantieren kann, dass in der Schokolade keine Kinderarbeit steckt. Die Organisation gibt zu, dass sie zwar gegen Kinderarbeit kämpfe, nicht aber garantieren könne, dass Produkte mit ihrem Siegel frei von Kinderarbeit sind.

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Gewalt und Landvertreibung

Auch im Zusammenhang mit Palmöl, das ebenfalls von der Rainforest Alliance zertifiziert werden kann, gibt es Kritik. In Honduras, wo Palmöl für große Lebensmittelkonzerne produziert wird, gibt es seit langem Gewalt im Zusammenhang mit Landnutzung. Menschenrechtsorganisationen werfen dem Palmölkonzern Dinant Landvertreibungen und Verbindungen zu bewaffneten Gruppen vor. Trotz dieser Vorwürfe erhielt Dinant eine RSPO-Zertifizierung (Roundtable for Sustainable Palmoil).

Mangelnde Transparenz und Kontrolle

Verbraucherschützer bemängeln generell die mangelnde Transparenz und Kontrolle bei Siegeln, die hohe soziale Standards versprechen. Es gibt keine Mindeststandards, und die Zertifizierungsstellen werden nicht durch unabhängige Dritte überwacht. Die Unternehmen der Lebensmittelwirtschaft bezahlen die Zertifizierungsstellen für die Zertifizierung.

Zu geringe Prämien

Ein weiteres Problem ist, dass die Prämien, die die Partner vor Ort erhalten, oft zu gering sind, um existenzsichernde Einkommen zu gewährleisten. Studien haben gezeigt, dass Familien in Kakaoanbaugebieten oft nur die Hälfte dessen verdienen, was zum Leben notwendig ist. Dies führt dazu, dass Kinder mitarbeiten müssen.

Kritik von NGOs

Das internationale "Voice Network" kritisiert, dass Nachhaltigkeitssiegel wie Fairtrade oder Rainforest Alliance das Armutsproblem im Kakaoanbau in den meisten Fällen nicht lösen. Notwendig seien höhere Preise für die Kakaobäuerinnen und -bauern. Auch das "Kakao-Barometer" des NGO-Bündnisses zeigt, dass die Bauernfamilien weiterhin mit Problemen wie Kinderarbeit, Geschlechterungleichheit und Unterernährung konfrontiert sind.

Die Rolle der Schokoladenunternehmen

Die Schokoladenindustrie wird kritisiert, weil sie nicht bereit ist, höhere Kakaopreise zu bezahlen. Solange die Kakaobauern kein existenzsicherndes Einkommen erhalten, lassen sich Armut und Menschenrechtsverletzungen in der Kakaolieferkette nicht beenden.

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Einige Schokoladenunternehmen haben eigene Nachhaltigkeitsprogramme ins Leben gerufen, wie den Nestlè Cocoa Plan oder das Mondelez Cocoa-Life Programm. Allerdings mangelt es diesen Programmen oft an Transparenz und unabhängiger Kontrolle.

Alternativen und Lösungsansätze

Trotz der Kritik an den bestehenden Siegeln ist es wichtig, sich nicht entmutigen zu lassen. Es gibt Alternativen und Lösungsansätze, um den Kakaoanbau nachhaltiger und fairer zu gestalten.

Fairtrade

Das Fairtrade-Siegel sichert Mindestpreise zu und zahlt Prämien zur Förderung von Gemeinschaftsprojekten. Allerdings wurde auch Fairtrade kritisiert, weil der Mindestanteil an Fairtrade-Kakao in Mischprodukten gesenkt wurde und weil viele Fairtrade-zertifizierte Kakaobauernfamilien unter der Armutsgrenze leben.

GEPA

Fairhandelsorganisationen wie die GEPA gehen über die Fairtrade-Standards hinaus und zahlen teilweise deutlich höhere Preise.

Naturland Fair

Das Naturland-Fair-Siegel verbindet Fairtrade-Kakao mit Naturland-Bio-Milch und berücksichtigt somit auch soziale Aspekte in der Milchproduktion.

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Höhere Preise

Eine der wichtigsten Maßnahmen zur Verbesserung der Situation der Kakaobauern ist die Zahlung höherer Preise. Das "Voice Network" fordert höhere Preise für Kakao, um den Bauern ein existenzsicherndes Einkommen zu ermöglichen.

Staatliche Regulierung

Verbraucherschützer fordern eine staatliche Regulierung von Siegeln, um mehr Transparenz und Kontrolle zu gewährleisten.

Verschwörungstheorien

Es gibt auch unbegründete Verschwörungstheorien rund um das Rainforest Alliance-Siegel. Diese reichen von Behauptungen, dass das Logo auf mRNA in Lebensmitteln hinweist, bis hin zu Theorien über Insekten in Produkten und der Kontrolle durch Bill Gates. Solche Theorien sind jedoch unbegründet und lenken von den eigentlichen Problemen ab.

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