Oper Regensburg: Eine facettenreiche Geschichte zwischen Tradition und Moderne

Das Theater Regensburg, ein Fünf-Sparten-Haus mit langer Tradition, blickt auf eine bewegte Geschichte zurück, die von fürstlicher Förderung über Zerstörung und Wiederaufbau bis hin zur geplanten Überführung in ein Staatstheater reicht. Dabei scheut das Haus weder die Auseinandersetzung mit gesellschaftlich relevanten Themen noch die Pflege des klassischen Repertoires.

Anfänge im Ballhaus des Immerwährenden Reichstags

Die Wurzeln des Theaters Regensburg liegen im 17. Jahrhundert. Das für den Reichstag von 1653 aus Holz errichtete Ballhaus, 1736 in Stein neu erbaut, diente sowohl als Sportstätte als auch als Theater. Ab 1760 wurde es durchgehend als Theater genutzt, nachdem Fürst Alexander Ferdinand von Thurn und Taxis es angemietet und umgebaut hatte. Die Sitzordnung spiegelte die gesellschaftliche Hierarchie wider, wobei der Prinzipalkommissar die Opern nach dem Vorbild des Wiener Kaiserhofs bestimmte. Zunächst wurden französische Opern aufgeführt, später italienische und schließlich deutsche Singspiele.

Die aufkeimende Idee einer deutschen Nation zeigte sich kulturell in der Neuentwicklung des deutschen Singspiels und führte erneut zum Umschwung. Der Wiener Hof war bereits ‚Nationalschaubühne’ als der Prinzipalkommissar 1778 das deutschsprachige Theater in Regensburg einführte. Andreas Schopf übernahm für vier Jahre die Theaterdirektion.

Nach Renovierung des Ballhauses eröffnete der Prinzipalkommissar 1784 auch in Regensburg den italienischen Opernbetrieb, stieß damit jedoch auf scharfe Kritik. Als „politische[n] Purzelbaum“ bezeichnete die Berliner ‚Litteratur- und Theaterzeitung‘ das Vorgehen und die Gesandtschaften boykottierten die Aufführungen. Sie organisierten auf eigene Kosten ein deutsches Schauspiel im Gasthaus ‚Zum Roten Hahn‘. Diese Entwicklung führte 1786 zur Schließung der fürstlichen Oper und dem Rückzug von Fürst Carl Anselm als Mäzen. Er stellte das Gebäude aber weiterhin wechselnden Theatergruppen kostenlos zur Verfügung.

Emanuel Schikaneder hielt von 1787 bis 1789 den Spielbetrieb aufrecht, danach verschlechterte sich die Situation rapide. Zur Schließung des Ballhauses führte 1804 die Eröffnung des im Auftrag von Carl Theodor von Dalberg errichteten neuen Theaters am Bismarckplatz, von dem die Gesandten auf dem Reichstag aber nur noch zwei Jahre profitieren konnten. Die Thurn und Taxis kauften das Ballhaus, das nun als Wagengarage sowie Werkstätte des neuen Theaters diente.

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Neubau und städtische Trägerschaft im 19. Jahrhundert

Nach dem Brand des Ballhauses 1849 wurde der Spielbetrieb provisorisch in den Räumlichkeiten eines Gastwirts aufgenommen. Dank der Unterstützung des Hauses Thurn und Taxis, des bayerischen Staates und eines Bürgerkomitees konnte bereits 1851 mit dem Neubau eines Theatergebäudes auf den Grundmauern der Brandruine begonnen werden. 1852 wurde das Haus unter dem Namen Stadttheater wiedereröffnet und 1859 ging es in das Eigentum der Stadt über.

Sanierung und Erweiterung im 20. Jahrhundert

In den 1950er- und 1960er-Jahren wurden ein Abriss und ein Neubau des Gebäudes diskutiert, jedoch nur eine Sanierung realisiert, bei der auch die Säulenpassage an der Neuhausstraße entstand. Bis zur umfassenden Generalsanierung Ende der 1990er-Jahre erfolgten über 30 Um-, An- und Ausbauten. Das Sanierungskonzept von 1998 zielte darauf ab, die Ordnung und Klarheit des Klassizismus wiederherzustellen.

Zur inneren Erschließung des Gebäudes wurde die Kutschendurchfahrt wiederhergestellt. Anhand alter Befunde und alter Pläne des Baumeisters Viktor Keim erhielten die entkernten Räume Logen, Säulen, Friese und Decken wieder die klassizistischen Fassungen und die in Handarbeit nachgefertigten Details, Ausstattungen und Draperien.

Aktuelle Entwicklungen und künstlerische Schwerpunkte

Das Theater Regensburg ist ein modernes Fünf-Sparten-Haus, das Musiktheater, Schauspiel, Tanz, Junges Theater und Konzerte umfasst. Es erreicht jährlich ein großes Publikum mit zahlreichen Vorstellungen. Im April 2023 wurde bekannt gegeben, dass das Theater schrittweise in ein Staatstheater überführt werden soll.

Das Theater Regensburg zeichnet sich durch seine Vielseitigkeit und seinen Mut zur Auseinandersetzung mit aktuellen Themen aus. Dies zeigt sich beispielsweise in der Uraufführung von Torsten Raschs Oper "Die wunderbaren Jahre", die sich kritisch mit der DDR-Vergangenheit auseinandersetzt, oder in der Inszenierung von Lorin Maazels Oper "1984", die auf George Orwells dystopischem Roman basiert. Auch die deutsche Erstaufführung von Laura Kaminskys Oper "AS ONE", die die Geschichte einer trans*Person erzählt, belegt das Engagement des Theaters für gesellschaftliche Vielfalt und Inklusion.

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Neben zeitgenössischen Werken pflegt das Theater Regensburg auch das klassische Repertoire. So wurde beispielsweise Martin y Solers Oper "Una cosa rara" aufgeführt, für die der Maler Markus Lüpertz Bühnenbild und Kostüme entwarf.

Opernproduktionen im Fokus: Dystopie und Menschlichkeit

Das Theater Regensburg widmet sich in seinen Opernproduktionen auch der Auseinandersetzung mit dystopischen Zukunftsvisionen und den Fragen nach Menschlichkeit, Freiheit und Identität.

"Wir" von Anton Lubchenko: Eine Dystopie nach Samjatin

Die Oper "Wir" von Anton Lubchenko, basierend auf dem gleichnamigen Roman von Jewgeni Samjatin, thematisiert einen totalitären Staat, in dem Individualität und Fantasie unterdrückt werden. Die Oper erzählt die Geschichte des Ingenieurs D-503, der sich in die Oppositionelle I-330 verliebt und dadurch mit den Grundfesten des Systems in Konflikt gerät.

Die Inszenierung von Maximilian Eisenacher und Christina Schmidt setzt auf strenge Tableaus und Videoprojektionen, um die technokratische Entseelung der Gesellschaft darzustellen. Lubchenkos Musikstil ist von einem neoromantischen Überschwang geprägt, der an Tschaikowski, Prokofjew und den jungen Schostakowitsch erinnert. Er greift aber auch auf Stile zeitgenössischer U-Musik wie Jazz, Pop und Rap zurück.

"1984" von Lorin Maazel: Eine Warnung vor dem Überwachungsstaat

Lorin Maazels Oper "1984", basierend auf George Orwells Roman, entwirft eine düstere Vision eines totalen Überwachungsstaats, in dem Cyber-Überwachung, Geschichtsrevision und Gedankenpolizei den Alltag bestimmen. Die Oper konzentriert sich auf die Liebesgeschichte von Winston und Julia, die in dem Netz ihres politischen Schicksals gefangen sind.

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Die Regensburger Produktion unter der Leitung von Intendant Sebastian Ritschel und Ausstattungsleiter Kristopher Kempf ist weltweit erst die zweite ihrer Art. Maazels vielschichtige Komposition umfasst Musik für politische und pseudo-religiöse Rituale, Zitate aus Volksliedern und 50er-Jahre-Pop.

"AS ONE" von Laura Kaminsky: Eine Oper über Transgender-Identität

Laura Kaminskys Oper "AS ONE" erzählt die Geschichte von Hannah, einer trans*Person auf der Suche nach ihrer Identität. Die Oper, die in den USA zu den meistgespielten zeitgenössischen Opern zählt, wurde am Theater Regensburg als szenische Erstproduktion in Deutschland aufgeführt.

Kaminsky betont die Relevanz der Oper im US-amerikanischen und internationalen Diskurs, da sie zu einem größeren Verständnis und einer größeren Akzeptanz von transPersonen beitragen kann. Gleichzeitig thematisiert sie die Rückschläge und Vorurteile, mit denen transPersonen konfrontiert sind.

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