Nimmt man bei Zucker ab? Fakten und neue Erkenntnisse
Die Frage, ob man durch den Konsum von Zucker abnehmen kann, ist komplex und erfordert eine differenzierte Betrachtung. Entgegen der landläufigen Meinung ist Gewichtsverlust nicht das einzige Kriterium für die Verbesserung der Stoffwechselgesundheit, insbesondere bei Menschen mit Prädiabetes. Eine aktuelle Studie liefert neue Erkenntnisse, die traditionelle Ansichten in Frage stellen und einen umfassenderen Ansatz zur Vorbeugung von Typ-2-Diabetes nahelegen.
Prädiabetes: Ein unterschätztes Risiko
Prädiabetes betrifft Millionen Menschen weltweit und ist durch erhöhte Blutzuckerwerte gekennzeichnet, die jedoch noch nicht die Kriterien für eine Diabetes-Diagnose erfüllen. Oftmals bleibt dieser Zustand unentdeckt, da Betroffene zunächst keine Symptome verspüren. Die Körperzellen reagieren weniger empfindlich auf Insulin, was dazu führt, dass weniger Zucker aus dem Blut in die Zellen gelangt und der Blutzuckerspiegel steigt. Unbehandelt erhöht Prädiabetes das Risiko für Typ-2-Diabetes und damit verbundene Folgeerkrankungen wie Herz-Kreislauf-Leiden und Krebs erheblich.
Der Fokus auf Gewichtsverlust: Ein überholtes Konzept?
Bisherige Empfehlungen zur Vorbeugung von Typ-2-Diabetes bei Prädiabetes konzentrierten sich hauptsächlich auf Gewichtsverlust durch gesunde Ernährung und körperliche Aktivität. Eine aktuelle Studie der Tübinger Universitätsklinik für Diabetologie, Endokrinologie und Nephrologie stellt diese Strategie jedoch in Frage. Die Studie ergab, dass Menschen mit Prädiabetes, die durch einen gesunden Lebensstil ihren Blutzuckerspiegel normalisierten, aber kein Gewicht verloren oder sogar zunahmen, ihr Risiko für Typ-2-Diabetes dennoch um 71 Prozent senken konnten.
An der Studie nahmen über 1100 Personen teil, von denen 234 trotz Lebensstiländerungen kein Gewicht verloren oder sogar zunahmen. Dennoch normalisierte sich bei 22 Prozent dieser Gruppe der Blutzuckerspiegel. Über einen Zeitraum von neun Jahren wurde das Auftreten von Typ-2-Diabetes beobachtet. Die Ergebnisse zeigten, dass die Gruppe ohne Gewichtsverlust ein um 71 Prozent geringeres Risiko hatte, an Diabetes zu erkranken. Dieser Wert ist vergleichbar mit der Risikoreduktion von 73 Prozent, die durch Gewichtsabnahme erreicht wurde.
Die Bedeutung der Fettverteilung
Die Analyse der Studie konzentrierte sich besonders auf die Fettverteilung, insbesondere auf das Verhältnis zwischen Viszeralfett (Bauchfett, das die Organe umgibt) und Subkutanfett (Fettgewebe unter der Haut). Viszeralfett setzt Botenstoffe frei, die Entzündungen fördern und den Hormonhaushalt stören, was zu Insulinresistenz und Typ-2-Diabetes führen kann. Studienteilnehmer, deren Blutzuckerspiegel sich ohne Gewichtsabnahme normalisierte, hatten durch die Lebensstilveränderung einen geringeren Anteil an Bauchfett im Vergleich zu denjenigen, deren Blutzuckerspiegel im Prädiabetesbereich verblieb.
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Blutzuckerkontrolle und Fettverteilung im Fokus
Die Studienergebnisse legen nahe, dass die Normalisierung des Blutzuckerspiegels ein wichtigeres Ziel bei der Prävention von Typ-2-Diabetes ist als die reine Gewichtsreduktion. Sport und eine ausgewogene Ernährung wirken sich positiv auf den Blutzucker aus, unabhängig davon, ob Gewicht verloren wird. Gewichtsverlust bleibt zwar hilfreich, ist aber nicht zwingend notwendig, um sich vor Diabetes zu schützen.
Die Leitlinien zur Prävention und Behandlung von Typ-2-Diabetes sollten daher nicht nur das Gewicht, sondern vor allem die Blutzuckerkontrolle und die Fettverteilungsmuster berücksichtigen. Neben Gewichtsreduktionszielen sollten auch glykämische Zielwerte, also Blutzuckerrichtwerte, in die Praxisleitlinien aufgenommen werden.
Diabetes mellitus: Eine komplexe Stoffwechselerkrankung
Diabetes mellitus ist ein Überbegriff für verschiedene Stoffwechselerkrankungen, die durch erhöhte Blutzuckerwerte gekennzeichnet sind. Die Hauptformen sind Typ-1- und Typ-2-Diabetes. In Deutschland sind etwa 10 Prozent der Erwachsenen von Diabetes betroffen, wobei über 90 Prozent an Typ-2-Diabetes erkrankt sind.
Typ-1-Diabetes: Eine Autoimmunerkrankung
Typ-1-Diabetes ist eine Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem die insulinproduzierenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse angreift und zerstört. Dadurch kann der Körper kein Insulin mehr produzieren, was zu einem erhöhten Blutzuckerspiegel führt. Die Ursachen für diese Autoimmunreaktion sind noch nicht vollständig geklärt, aber genetische und Umweltfaktoren spielen eine Rolle.
Typ-2-Diabetes: Insulinresistenz und gestörte Insulinproduktion
Beim Typ-2-Diabetes produzieren die Betroffenen anfangs noch ausreichend Insulin, aber die Körperzellen reagieren nicht mehr richtig darauf (Insulinresistenz). Dadurch gelangt weniger Zucker aus dem Blut in die Zellen, und der Blutzuckerspiegel steigt. Um die Insulinresistenz auszugleichen, produziert die Bauchspeicheldrüse vermehrt Insulin, was mit der Zeit zu einer Erschöpfung der insulinproduzierenden Zellen führen kann. Genetische Faktoren, ein ungünstiger Lebensstil mit ungesunder Ernährung, Übergewicht und Bewegungsmangel spielen bei der Entstehung von Typ-2-Diabetes eine wichtige Rolle.
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Die Rolle von Darmhormonen, Gehirn und Leber
Auch körpereigene Darmhormone wie GLP-1 (Glucagon-like Peptide-1) spielen eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Typ-2-Diabetes. GLP-1 reguliert die Insulinausschüttung und den Blutzuckerspiegel und beeinflusst das Sättigungsgefühl. Bei Menschen mit Typ-2-Diabetes wird GLP-1 jedoch nicht mehr in ausreichender Menge gebildet. Aktuelle Studien zeigen, dass auch das Gehirn und die Leber die Entstehung von Typ-2-Diabetes beeinflussen können.
Prävention und Therapie von Diabetes
Aufklärung und Vorbeugung sind entscheidende Maßnahmen zur Bekämpfung von Diabetes. Ein gesunder Lebensstil mit regelmäßiger Bewegung, angepasster Ernährung und einem normalen Körpergewicht kann die Empfindlichkeit der Körperzellen für Insulin verbessern und so den Insulinbedarf senken. Bei Typ-1-Diabetes steht die tägliche Kontrolle des Blutzuckers und die regelmäßige Zufuhr von Insulin im Vordergrund der Behandlung.
Ernährungsempfehlungen für Diabetiker
- Kohlenhydrate reduzieren: Wer abnehmen und den Blutzucker steuern will, sollte Kohlenhydrate reduzieren (etwa Brot, Obst, Süßes) und mehrstündige Pausen zwischen den Mahlzeiten lassen.
- Eiweißreiche Ernährung: Eiweiß macht gut satt und fördert den Muskelaufbau. Wird Eiweiß zusammen mit Kohlenhydraten verzehrt, verlangsamt es die Glukose-Aufnahme, dämpft also den Blutzuckeranstieg.
- Vermeiden Sie Zwischenmahlzeiten und Snacks: Dazu gehören auch kalorienhaltige Getränke wie Säfte, Softdrinks, Latte Macchiato und Co.
- Komplexe Kohlenhydrate bevorzugen: Kohlenhydrate sollten möglichst in der komplexen Variante auf den Tisch kommen: also Vollkornbrot, Vollkornnudeln, Vollkornreis, ungezuckerte Getreideflocken. Vermeiden Sie Weißmehl und Zucker: Sie lassen den Blutzucker steil ansteigen!
- Logi-Ernährung: Die Logi-Ernährungspyramide baut sich so auf: Ebene 1: Stärkearme Gemüse, Salate, zuckerarmes Obst und hochwertige Öle bilden die gesunde Basis. Ebene 2: Eiweißquellen wie Fleisch, Fisch und Milchprodukte oder pflanzliche Alternativen - sie gehören zur täglichen Nahrungsaufnahme. Ebene 3: Vollkornprodukte (Brot, Reis, Nudeln) - davon pro Mahlzeit nur wenig konsumieren. Ebene 4: Getreideprodukte aus Weißmehl, mehlige Kartoffeln und Süßwaren.
Mythen und Fakten über Diabetes
- Diabetes ist unheilbar: Fakt! Diabetes ist eine chronische Stoffwechselerkrankung, und weder Typ 1 noch Typ 2 lassen sich heilen.
- Wer viel Zucker isst, wird zuckerkrank: Mythos - aber mit wahrem Kern! Zuckrige Essgewohnheiten sind nicht der einzige Risikofaktor.
- Übergewichtige bekommen irgendwann Diabetes: Mythos! Viele Menschen mit Übergewicht entwickeln nie einen Diabetes, und umgekehrt haben nicht alle Menschen mit Diabetes Übergewicht.
- Wer Diabetes hat, muss Insulin spritzen: Fakt - zumindest bei Typ-1-Diabetes!
- Zucker ist Gift bei Diabetes: Mythos! Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) empfiehlt Erkrankten eine maximale Zuckertagesmenge von 10 Prozent der Gesamtenergiemenge.
- Diabetiker dürfen keinen Sport treiben: Mythos! Sport hilft, das Körpergewicht zu senken und den Blutzucker besser einzustellen.
- Nur Senioren bekommen „Altersdiabetes“: Mythos! Auch Kinder und junge Erwachsene können an Typ-2-Diabetes erkranken.
Zucker: Freund oder Feind?
Zucker begleitet unser Leben jeden Tag und steckt in fast allen Lebensmitteln. Ein Zuviel an Zucker ist ungesund und dick macht. Allerdings benötigt der menschliche Organismus Kohlenhydrate, sprich Zucker, um zu überleben, denn Glukose ist der wichtigste Energielieferant. Natürlicher Zucker, der in Obst, Früchten und Gemüse vorkommt, oder auch komplexer Zucker, also Kohlenhydrate in Kartoffeln, Vollkornreis und Hülsenfrüchten, sind für unseren Körper wichtige Energie- und Ballaststoffquellen und gesundheitsfördernd. Zugesetzter Zucker in Backwaren, Softdrinks, Fruchtsäften und Süßigkeiten ist in zu hohen Mengen schon schädlich.
Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt, die Tagesdosis von 25 bis maximal 50 Gramm Haushaltszucker pro Tag und Kopf nicht zu überschreiten. In Deutschland kommt jeder durchschnittlich auf mehr als 100 Gramm Zucker pro Tag. Übermäßiger Verzehr von Zucker wird für eine Reihe ernährungsbedingter Krankheiten wie Adipositas, Diabetes Typ 2, Herz-Kreislauferkrankungen, Depressionen, Schlafstörungen und Konzentrationsschwäche verantwortlich gemacht.
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