Der Zusammenhang zwischen Morbus Crohn, Colitis ulcerosa und Zucker: Eine umfassende Analyse

In den letzten Jahren hat die Häufigkeit von entzündlichen Darmerkrankungen (CED), einschließlich Morbus Crohn und Colitis ulcerosa, in den westlichen Ländern zugenommen, und zwar in immer jüngeren Jahren, manchmal sogar bei Kindern. Die Ursache dieser beiden Erkrankungen ist noch unbekannt. Es wird jedoch vermutet, dass eine Störung der Schleimbarriere, die das Eindringen von Bakterien in die Schleimhaut begünstigt, ein Auslöser ist.

Zucker als möglicher Faktor bei der Entstehung von CED

Eine zuckerreiche Ernährung stimuliert die Vermehrung von Darmbakterien, die die Schleimschicht im Dickdarm zerstören und damit eine Entzündung fördern, die Morbus Crohn und Colitis ulcerosa zugrunde liegt. Dies geht aus tierexperimentellen Studien hervor. Die Ergebnisse liefern eine Erklärung für die Zunahme von entzündlichen Darmerkrankungen in Ländern mit einer westlichen Ernährungsweise, die durch einen steigenden Zuckerkonsum gekennzeichnet ist.

Tierstudien liefern Hinweise

Ein Team um Hasan Zaki vom Southwestern Medical Center in Houston hat diese Hypothese in einer Reihe von Experimenten an Mäusen untersucht. Die Tiere wurden über 7 Tage mit einer 10-prozentigen Zuckerlösung gefüttert. Danach erhielten die Tiere Dextransulfat-Natriumsalz (DSS), was bei den Tieren eine schwere Kolitis mit Blutungen, Durchfällen, Gewichtsverlust und einer Verkürzung des Darms auslöste. Tiere, die vorher normal gefüttert wurden, zeigten keine Reaktion auf DSS.

Ähnliche Beobachtungen wurden an Mäusen gemacht, die aufgrund eines defekten Gens für das Zytokin Interleukin 10 eine erhöhte Anfälligkeit für Kolitis hatten. Diese Tiere entwickelten, wenn sie ab der 14. Woche mit dem gesüßten Wasser ernährt wurden, im Alter von 19 Wochen zu 90 % eine Kolitis. In einer Kontrollgruppe erkrankten nur 40 % der Tiere.

Die genaue Untersuchung des Darms ergab, dass die Zuckerlösung keine direkten Schäden an der Schleimhaut verursachte. Sie löste weder eine Entzündung aus, noch gab es Hinweise auf eine Störung der Barrierefunktion. Nachweisbar war jedoch eine Veränderung der Darmflora. Die Darmbakterien reagierten schon nach wenigen Tagen auf das veränderte Nährstoffangebot. Einige Bakterien vermehrten sich stärker, andere gingen zurück.

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Zu den Bakterien, die sich dank der Zuckerlösungen ausbreiten konnten, gehörten Akkermansia muciniphila und eine weitere Spezies (Bacteroides fragilis), die die Schleimschicht auf dem Epithel angreifen. An einigen Stellen kam es zu einer regelrechten Erosion des Mukus. Das Epithel war dann schutzlos dem Angriff der Bakterien ausgesetzt.

Die Rolle der Darmbakterien

Die Rolle der Bakterien konnte in einem weiteren Experiment belegt werden, in dem die Tiere vor der Gabe von DSS mit einem Antibiotikum behandelt wurden, das die Bakterien aus dem Darm beseitigt. Bei diesen Tieren konnte nach einer zuckerhaltigen Ernährung durch DSS nur eine abgeschwächte Kolitis ausgelöst werden. Auch Tiere, die keimfrei aufgezogen wurden und deshalb keine Darmbakterien haben, reagierten auf die Zuckerlösungen nicht mit einer vermehrten Empfindlichkeit auf DSS.

Eine Kolitis konnte jedoch provoziert werden, wenn die Tiere eine Stuhltransplantation von Spendertieren erhielten, deren Mikrobiom zuvor durch eine zuckerhaltige Ernährung gestört wurde. Die Experimente liefern eine plausible Erklärung für die Beobachtung in epidemiologischen Studien, die Morbus Crohn und Colitis ulcerosa mit einer zuckerhaltigen Ernährung in Verbindung bringen.

Der häufige Konsum von Süßgetränken könnte zu einer Störung der Darmflora führen. Dies geht aus tierexperimentellen Studien hervor.

Weitere Forschungsergebnisse

In einer weiteren Studie fütterten Forscher Mäuse entweder mit einer Standard- oder einer zuckerreichen Diät. Dann ahmten sie die Symptome einer CED nach, indem sie die Tiere mit Natrium-Dextransulfat (DSS) behandelten, das zu einer Schädigung des Kolons führt. Zur Überraschung der Wissenschaftler starben alle Mäuse, die die zuckerreiche Diät erhielten, innerhalb von neun Tagen.

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Um herauszufinden, was Zucker bei Mäusen mit CED-Symptomen so tödlich macht, untersuchte das Team das Kolon der Tiere und dabei insbesondere die Krypten. Bei einigen Tieren ging die Schutzschicht der Epithelzellen vollständig verloren, sodass ihr Dickdarm voller Blut und Immunzellen war. Unerwarteterweise war eine zuckerreiche Ernährung bei keimfreien Mäusen, die mit DSS behandelt wurden, ähnlich tödlich.

Als nächstes testete das Forscherteam, wie sich Zucker auf Mäuse- und menschliche Kolon-Organoide auswirkte: Bei steigenden Glucose-, Saccharose- oder Fructose-Konzentrationen entwickelten sich weniger Organoide aus Kolonzellen, zudem wuchsen diese langsamer.

Die Forscher fanden heraus, dass sich Stammzellen in Gegenwart von Zucker viel langsamer teilten - wahrscheinlich zu langsam, um Schäden am Dickdarm zu reparieren. Zudem war der Stoffwechsel der Zellen anders. Diese Zellen bevorzugen normalerweise die Verwendung von Fettsäuren, aber nachdem sie unter Bedingungen mit hohem Zuckergehalt gezüchtet wurden, schienen sie sich auf die Verwendung von Zucker festgelegt zu haben.

In Gegenwart hoher Zuckerkonzentrationen wiesen die Zellen stark veränderte Stoffwechselwege auf und produzierten weniger Adenosintriphosphat - das energieliefernde Molekül, das zelluläre Prozesse antreibt.

Die Rolle von raffiniertem Zucker

Im Gegensatz zu komplexeren Kohlenhydraten aus Vollkornprodukten oder Gemüse ist raffinierter Haushaltszucker (Saccharose) sehr schnell verwertbar. In der ursprünglichen menschlichen Ernährung kamen solche Zucker nur in geringem Maße vor. Der Körper ist darauf nicht vorbereitet.

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In Darm-Organoiden konnte beobachtet werden, dass sich die Schleimhautzellen nicht wie sonst üblich erneuerten, wenn sie einer Zuckerlösung ausgesetzt waren. Für eine gesunde Darmfunktion ist dieser Regenerationsprozess essenziell. Er gewährleistet, dass der Darm einerseits täglich große Mengen Nährstoffe in die Blutbahn schleusen kann - andererseits aber auch Schadstoffe und Krankheitserreger abwehrt.

Bei hohem Zuckerkonsum reicherte sich Pyruvat in den Zellen der Krypten an. Dabei handelt es sich um ein Zwischenprodukt der Zuckerverwertung, das in einem nächsten Schritt von der Zelle zu ATP umgewandelt wird, der eigentlichen „Energiewährung“ des Körpers. Doch dieser Umwandlungsprozess wird bei zu hohem Zuckerkonsum offenbar gestört.

Ernährungsempfehlungen bei CED

Grundsätzlich ist eine gesunde ausgewogene Ernährung wichtig und kann im besten Fall auch den Krankheitsverlauf bei einer CED positiv beeinflussen. Es gibt daher kein universelles Ernährungskonzept für CED. Eine ausgewogene, leicht verdauliche Ernährung kann jedoch in vielen Fällen helfen, die entzündliche Aktivität zu vermindern und Mangelerscheinungen vorzubeugen. Wichtig ist auch, mögliche Intoleranzen oder Allergien zu berücksichtigen, um Symptome zu reduzieren.

Allgemeine Ernährungsprinzipien

  • Regelmäßige Mahlzeiten: Verteile mehrere kleine Mahlzeiten über den Tag, um deine Verdauung zu entlasten und Beschwerden zu minimieren.
  • Flüssigkeitszufuhr: Achte auf ausreichend Flüssigkeit, besonders bei häufigen Durchfällen. Stilles Wasser, milde Tees und säurearme Säfte sind besonders empfehlenswert.
  • Schonende Zubereitung: Je schonender du dein Essen zubereitest, desto mehr Nährstoffe und Vitamine bleiben erhalten.
  • Individuelle Unverträglichkeiten: Meide Lebensmittel, die Unverträglichkeiten oder allergische Reaktionen auslösen. Beobachte, welche Nahrungsmittel du gut verträgst und welche nicht.
  • Mangelerscheinungen vorbeugen: Durch die chronische Entzündung deines Darmtraktes kann es sein, dass dein Körper Nährstoffe nicht optimal aufnehmen kann, da die Darmschleimhaut geschädigt ist und die Passagezeit durch den Darm verkürzt sein kann.

Lebensmittel, die in der Regel gut bzw. schlecht vertragen werden

Empfohlene Lebensmittel:

  • Mageres Fleisch und Fisch
  • Gut gekochtes Gemüse
  • Leicht verdauliches, reifes Obst
  • Vollkornprodukte (bei Verträglichkeit)
  • Fettarme Milchprodukte
  • Getreideprodukte nach Verträglichkeit
  • Zucker in kleinen Mengen
  • Frische Kräuter und Gewürze
  • Süßes: Marmelade, Honig
  • Tee, milder Kaffee, stilles Mineralwasser, Gemüsesäfte, Obstschorlen

Zu vermeidende Lebensmittel:

  • Fettes, geräuchertes Fleisch sowie Wurstwaren
  • Schwerverdauliche, blähende Gemüsesorten
  • Frittierte und fettige Speisen
  • Frische Backwaren
  • Vollmilchprodukte, fetthaltige Käsesorten
  • Zuckerhaltige Lebensmittel
  • Scharfe Gewürze
  • Süßes: Schokolade, Pralinen, Marzipan, Sahnebonbons

Zucker und CED

Das Thema Zucker und CED wird bis heute kontrovers diskutiert. Es gibt allerdings Hinweise, dass Zuckerkonsum die Konzentration lokaler Entzündungsmarker begünstigen kann. Für ein gesundes Mikrobiom und eine Linderung der Beschwerden kann es Erfahrungsberichten von Betroffenen nach hilfreich sein, Zucker sowie Zuckerzusatzstoffe zu reduzieren.

Ernährung im Schub

Während eines Schubs sollten Betroffene möglichst leicht verdauliche, ballaststoffarme Nahrungsmittel zu sich nehmen. Gedünstetes Gemüse, helles Brot, weißer Reis oder Kartoffeln sind ideal. Reiswaffeln und Zwieback eignen sich gut als Snack zwischendurch. Auch magerer Fisch und mageres Fleisch sind in der Regel gut verträglich. In Zeiten, in denen du besonders starken Durchfall hast, kann Flüssignahrung hilfreich sein, um sicherzustellen, dass dein Körper alle notwendigen Nährstoffe erhält.

Ernährung in der Remission

Nach einer Schubphase sollten Betroffene ihren Körper behutsam stärken und nicht sofort zu ihrer gewohnten Ernährung zurückkehren. Es empfiehlt sich, den Speiseplan stufenweise zu erweitern und dem Körper Zeit zu geben, sich an komplexere Lebensmittel zu gewöhnen. Empfehlenswert ist ein Ernährungsplan reich an Obst, Gemüse und Omega-3-Fettsäuren.

Künstliche Süßstoffe

Wird Zucker regelmäßig in hohen Mengen verzehrt, kann das mit gesundheitlichen Konsequenzen einhergehen: Gewichtszunahme, Herzerkrankungen oder Zahnkaries können die Folge sein. Daher empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) den Zuckerkonsum auf weniger als 10 % der täglichen Energiezufuhr zu beschränken. Eine süße Alternative stellen Desserts, Energydrinks oder Snacks dar, bei denen Süßungsmittel wie Aspartam, Saccharin und Sucralose den Zucker ersetzen.

In Tierstudien wurde beobachtet, dass sich der Verzehr von künstlichen Süßstoffen auf die Darmbakterien, -barriere und Immunfunktionen auswirken kann. Allerdings lieferten die verschiedenen Tierstudien kontroverse Ergebnisse, weshalb sich hieraus keine konkreten Aussagen über die Effekte von Süßungsmittel auf den Darm ableiten lassen. Auch Studien mit gesunden Freiwilligen führten zu keinem endgültigen Ergebnis. Weitere Studien an Menschen sind demnach notwendig, um die Rolle von Süßstoffen bei CED besser zu verstehen. Bis dahin gilt der altbewährte Spruch „Alles in Maßen“.

Die Rolle des Mikrobioms

Das Mikrobiom umfasst alle Mikroorganismen in deinem Darm und ist so einzigartig wie ein Fingerabdruck. Bei Menschen mit einer CED ist das Gleichgewicht dieser Mikroben oft gestört, was Entzündungen verstärken kann. Eine ausgewogene Ernährung auf Basis von Gemüse, Obst, fettarmen fermentierten Milcherzeugnissen und Fisch fördert offenbar nützliche Bakterien. Zudem können Zucker und verarbeiteten Lebensmitteln möglicherweise entzündungsfördernde Bakterienspezies begünstigen.

Zucker und Autoimmunerkrankungen

Ein hoher Zuckerkonsum kann entzündliche Prozesse im Körper begünstigen und dadurch die Entstehung von Autoimmunkrankheiten fördern. Wer über einen langen Zeitraum im Übermaß Zucker und andere Kohlenhydrate zu sich nimmt, trägt ein erhöhtes Risiko, eine Autoimmunkrankheit zu entwickeln.

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