Milch und Zucker: Eine Warschauer Geschichte
Warschau, die Hauptstadt Polens, ist eine Stadt mit einer reichen und bewegten Geschichte. Von Legenden über Nixen bis hin zu verheerenden Kriegen und Wiederaufbauten hat Warschau viele Wandlungen erlebt. Diese Geschichte ist nicht nur in den historischen Gebäuden und Denkmälern sichtbar, sondern auch in den Produkten, die aus dieser Stadt stammen, wie der berühmten Wedel-Schokolade.
Die Legende von Wars und Zawa
Der Legende nach gab eine Nixe dem Liebespaar Wars und Zawa den Befehl, eine Stadt zu erbauen. Wars und Zawa folgten der Anweisung und nannten die neue Stadt Warszawa, auf Deutsch Warschau. Diese Nixe ist auf dem Stadtwappen der heutigen Hauptstadt Polens abgebildet, als barbusige Frau mit Fischschwanz. Es ist, als hätte sie die Geschichte Warschaus vorausgeahnt, die von Eroberung, Aufständen und Zerstörung geprägt war. Zugleich steht die gut bewaffnete Frau für den ausgeprägten Kampfgeist der Warschauer.
Zerstörung und Wiederaufbau
Warschau hat im Laufe seiner Geschichte viele Zerstörungen erlebt. Besonders verheerend waren die Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs. 1944 lautete der Befehl Heinrich Himmlers, des Reichsführers der SS: "Warschau soll dem Erdboden gleichgemacht werden!" Wehrmacht und SS führten den Befehl vor ihrem Rückzug gewissenhaft aus. Weit mehr als 700.000 Menschen, die Hälfte der Einwohner der Hauptstadt, waren während der Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten ums Leben gekommen. Zwei Aufstände wurden von den Deutschen grausam niedergeschlagen: der Aufstand im Ghetto im April 1943 und der Warschauer Aufstand im August 1944. Schließlich legten die Soldaten die Stadt in Schutt und Asche.
Doch die Warschauer gaben nicht auf. Entschlossen begannen sie bereits 1945 damit, die Steine wieder aufeinander zu setzen. Zehntausende beteiligten sich freiwillig am Wiederaufbau der Altstadt und des Königsschlosses. Es ging ihnen darum, den Überlebenswillen ihres Volkes zu demonstrieren und die verlorene Pracht wieder herzustellen. Architekten und Stadtplaner orientierten sich bei ihrer Aufgabe vor allem an den Stadtpanoramen, die der italienische Maler Bernard Bellotto, genannt Canaletto, im 18. Jahrhundert geschaffen hatte.
Die Warschauer Altstadt: Ein Weltkulturerbe
Die gesamte Warschauer Altstadt ("Stare Miasto") wurde 1980 von der Unesco zum Weltkulturerbe erklärt. Hier finden sich nostalgische Straßenlaternen und geschwungene Ladenschilder, geschnitzte Türen, gewölbte Torbögen und gepflasterte Straßen. Dabei wurden alle diese Häuser erst nach dem Zweiten Weltkrieg erbaut. Die Altstadt ist ein Musterbeispiel für eine flächendeckende Rekonstruktion und wirkt alles andere als künstlich. Um den neuen alten Gebäuden Patina zu verleihen, wurde der Putz damals sogar systematisch mit Rissen und Schmutz „dekoriert“.
Lesen Sie auch: Natürliches Heilmittel bei Erkältung
Der Königsweg und die Neue Welt
Der Königsweg ist ein ehemaliger Prachtboulevard für festliche Aufmärsche, geschmückt von historischen Bauwerken verschiedener Jahrhunderte und Epochen. In der Heiligkreuzkirche liegt das Herz des Komponisten Frédéric Chopin, seit es aus Paris nach Warschau überführt wurde. In der Nähe befindet sich die 1811 gegründete Universität, die größte Hochschule in Polen.
Warschaus neue Welt ("Novy Swiat") bietet etwas Erholung von Abgasen und Motorenlärm. Einst hatte sich hier der Hochadel niedergelassen, heute säumen schicke Bars, Designerläden und andere exklusive Geschäfte die Straße. Sehen und gesehen werden ist das Motto auf der Flaniermeile des modernen Warschau. Weiter geradeaus führt der Königsweg zum Palast Wilanów. Etwa zehn Kilometer vom Zentrum entfernt in einem idyllischen Park liegt die Residenz, die zu den wertvollsten Barockbauten Polens zählt.
Der Kulturpalast: Ein Geschenk mit Geschichte
Der Kulturpalast ist mit einer Höhe von 232 Metern noch immer eines der höchsten Gebäude der Stadt. Der Bau verschlang in den 1950er-Jahren Millionen. Angeblich handelte es sich dabei um ein Geschenk des sowjetischen Volkes. In Wirklichkeit aber wurde er hauptsächlich vom polnischen Staat finanziert. Kein Wunder, dass der Wolkenkratzer im Zuckerbäckerstil nicht nur das ästhetische, sondern auch das nationale Empfinden vieler Polen störte und schnell seinen Spitznamen weghatte: "Stalins Phallus". Die Aussichtsplattform des Kulturpalasts ist bei Touristen sehr beliebt. Mit dem Aufzug geht es hoch in die 30. Etage. Von dort aus hat man einen Rundblick auf die gesamte Stadt. Gläserne Hochhäuser machen dem Kulturpalast mittlerweile auf allen Seiten Konkurrenz. Ein riesiges Einkaufszentrum trägt die Werbeaufschriften internationaler Ketten.
Die Geschichte der Wedel-Schokolade
Ein weiteres Produkt, das untrennbar mit Warschau verbunden ist, ist die Wedel-Schokolade. Die Geschichte der Wedel-Schokolade beginnt im Jahr 1851, als Karl Ernest Heinrich Wedel aus Berlin nach Warschau zog. Er kam zu seinem Schwager Robert Wisnowski, einem Konditor, der keine Schokoladenprodukte herstellte. So begann ein deutsch-polnisches Joint Venture mit der Produktion von Schokolade. Die erste Konditorei befand sich in der Miodowa-Straße, unweit der Warschauer Altstadt. Hier wurden neben Schokolade auch Malzsirup gegen Husten und Erkältung sowie Karamellbonbons hergestellt. Besonders beliebt war die "flüssige Schokolade", eine Neuheit in Warschaus Cafés.
Emil Wedel, der Sohn von Karl Wedel, übernahm später das Unternehmen und entwickelte das Firmenlogo, das eine Kopie seiner Unterschrift ist. Schon zu Emils Zeiten war die Wedel-Schokolade so hervorragend, dass es schnell Nachahmer gab. Als Antwort ließ Emil Wedel verkünden, dass jede Tafel Schokolade von ihm unterzeichnet wird.
Lesen Sie auch: Milch- und Zucker-Sets: Edelstahl-Optionen
Im frühen 20. Jahrhundert wurde die Leitung des Unternehmens zum Teil in die Hände von Jan Wedel gelegt, dem Sohn von Emil Wedel. Jan studierte Chemie und brachte das Unternehmen zu einem echten Schokoladenimperium. Er ließ in Warschau-Praga eine Fabrikhalle mit einem Wohnviertel für die Arbeiter bauen, das ein Theater, eine Kindertagesstätte und einen Kindergarten umfasste.
Während des Zweiten Weltkriegs ging die Produktion weiter. Nach 1948 wurde das Unternehmen verstaatlicht und in ZPZ im. 22 Lipca d. E. Wedel umbenannt. Jan Wedel verlor seinen Leitungsposten und verstarb 1960 verarmt.
Das berühmteste Produkt von E.Wedel sind die Milchschaumsteine, bekannt als Ptasie Mleczko (Vogelmilch). Diese Süßigkeit entstand 1936 in Warschau.
Nach 1990 wechselte das Unternehmen mehrmals den Besitzer. Heute gehört es zur Gruppe Lotte aus Südkorea und Japan. Wedel-Schokolade ist ein beliebtes Souvenir aus Warschau.
Die schwierige Versorgungslage in Nachkriegspolen
Die Artikel über die Versorgungslage in Polen in den 1980er Jahren beleuchten die wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die das Land zu dieser Zeit plagten. Rationierungen von Lebensmitteln wie Fleisch, Butter und Zucker waren an der Tagesordnung. Dies führte zu langen Warteschlangen und Unzufriedenheit in der Bevölkerung. Die Gewerkschaft Solidarność forderte Reformen, um die Situation zu verbessern.
Lesen Sie auch: Gesunde Dessertrezepte
Warschau heute: Eine Stadt im Aufbruch
Heute ist Warschau eine moderne Metropole mit einer reichen Geschichte und einer lebendigen Kulturszene. Die Stadt hat sich von den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs erholt und ist zu einem wichtigen Wirtschaftszentrum in Europa geworden. Warschau ist auch ein beliebtes Touristenziel, das Besucher aus aller Welt anzieht.
Erinnerungsorte
Tourismuschef und Touristenführer empfehlen unisono, nicht nur die Klassiker wie Altstadt, Königsschloss und Kulturpalast anzusehen, sondern von den Hauptrouten abzuweichen. Natürlich gehörten auch Erinnerungsorte ins Programm, wo Besucher über die, so Moras, „oft tragische Geschichte der deutsch-polnischen Nachbarschaft“ nachdenken können. Die zeigt sich an vielen Ecken: in Museen, an Denkmälern, in unzähligen Einschusslöchern.
Museen
Für Warschau-Besucher ein Muss: das POLIN-Museum der Geschichte der polnischen Juden. Der markant-moderne Bau eröffnete 2014, die gut gemachte Dauerausstellung zeigt, wie Juden vor rund 1000 Jahren in Polen eine neue Heimat fanden, wie das Leben im jüdischen Schtetl (jiddisch für Städtchen) ablief, welche Höhen und Tiefen es im Zusammenleben zwischen Polen und Juden gab (von der Blütezeit im 16. Jahrhundert bis zum Antisemitismus in der sozialistischen Ära), wie die Juden im Holocaust vernichtet wurden.
tags: #Milch #und #Zucker #Warschauer #Geschichte


