Die Geschichte von Bahlsen: Vom Butterkeks zum internationalen Konzern

Bahlsen, ein Name, der in Deutschland fast synonym mit dem Genussmittel Keks steht, blickt auf eine über 130-jährige Geschichte zurück. Das Unternehmen, das 1889 von Hermann Bahlsen in Hannover gegründet wurde, hat sich von einer kleinen Cakes-Fabrik zu einem international agierenden Keks-Imperium entwickelt.

Die Anfänge: Hermann Bahlsen und die Geburt des "Keks"

Hermann Bahlsen, ein junger und gut ausgebildeter Kaufmann, kehrte 1889 nach seiner Tätigkeit als Zuckerimporteur in London in seine Heimatstadt Hannover zurück. In einer Zeit des wirtschaftlichen Aufbruchs, in der immer mehr Menschen vom Land in die Stadt zogen, um in den Fabriken zu arbeiten, erkannte Bahlsen seine Chance. Er übernahm ein Fabrikgeschäft für englisches Gebäck, das sich in Schwierigkeiten befand, und nannte es "Hannoversche Cakesfabrik H. Bahlsen".

Bahlsens Geschäftsidee war es, Cakes - englisches Teegebäck - in Deutschland populär zu machen. Da die deutschen Kunden das englische Wort "Cakes" jedoch wie geschrieben aussprachen, setzte Bahlsen die deutsche Schreibweise "Keks" durch. Damit schuf er nicht nur ein neues Wort, sondern legte auch den Grundstein für eine erfolgreiche Marke. 1915 schaffte es seine Wortschöpfung sogar in den Duden.

Obwohl Hermann Bahlsen vom Backen selbst kaum Ahnung hatte, besaß er die Vision, exquisite Plätzchen industriell zu fertigen. Der Durchbruch gelang ihm mit seinem Butterkeks, den er 1891 unter dem Namen "Leibniz Cakes" auf den Markt brachte. Die Namensgebung erfolgte in Anlehnung an den berühmten Hannoveraner Gottfried Wilhelm Leibniz.

Innovation und Expansion: Vom Fließband zur Weltmarke

Bahlsen war ein innovativer Unternehmer, der stets bestrebt war, sein Unternehmen weiterzuentwickeln. Er reiste durch Europa, knüpfte Kontakte zu Biskuit-Fabrikanten und übernahm aus Amerika die Idee der luftdichten Verpackung, um seine Kekse länger haltbar zu machen.

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1893 baute Bahlsen eine Fabrik, in der bereits 100 Arbeiter tätig waren. Der Leibniz-Keks mit seinen 52 Zähnen avancierte zu einem Markenprodukt in Deutschland und wurde auf der Weltausstellung in Chicago mit der Goldmedaille ausgezeichnet.

1905 führte Bahlsen neben der ersten Lochkarte auch die erste Fließförderanlage Europas ein - acht Jahre bevor Henry Ford sie in der Automobilmontage einsetzte. Die Produkte "NOCH EINE" Eiswaffel und "ABC Russisch Brot" wurden eingeführt und sorgten für den steilen Aufstieg des Unternehmens.

Im Jahr 1911 bezog Bahlsen ein neues Fabrikgebäude an der Lister Straße und einen Verwaltungsbau an der Podbielskistraße in Hannover. Bauplastiken, Bilder, Skulpturen und Ornamente sorgten für eine harmonische Arbeitsatmosphäre. Zahlreiche soziale Einrichtungen entstanden.

Krisen und Neuanfänge: Bahlsen im 20. Jahrhundert

Der Erste Weltkrieg stellte Bahlsen vor große Herausforderungen. Rohstoffmangel führte dazu, dass die Produktion fast völlig zum Erliegen kam. Von den 25 Öfen lief nur noch eine Anlage. 560 Bahlsen-Mitarbeiter mussten an die Front.

Nach Hermann Bahlsens Tod im Jahr 1918 übernahmen seine Söhne Hans, Werner und Klaus die Nachfolge. Die zweite Bahlsen-Generation begann mit einer jungen Führungsmannschaft die Umstrukturierung und Modernisierung der Firma nach dem wirtschaftlichen Niedergang, bedingt durch Inflation und Weltwirtschaftskrise.

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Eine Geschäftsidee rettete die Firma: die "Expressdose" - ein Pfund Kekse für eine Mark. Das neue Produkt wurde zum Verkaufsschlager und sicherte das Überleben des Unternehmens in schwierigen Zeiten.

Während der NS-Zeit nutzte Bahlsen die wirtschaftlichen Möglichkeiten des Nationalsozialismus. Die Brüder Bahlsen, alle Parteimitglieder, fungierten nicht als Spitzenrepräsentanten der NSDAP, standen jedoch in Kontakt zu NSDAP-Funktionären. Zeitweise ünterstützten sie die SS finanziell.

Im Zweiten Weltkrieg belieferte Bahlsen die Wehrmacht und machte dadurch weiterhin gute Geschäfte. Da viele Arbeitskräfte zum Kriegsdienst eingezogen wurden, begann Bahlsen damit, Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter:innen zu beschäftigen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg lag Hannover in Trümmern. 60 Prozent der Fabrik und sämtliche Auslieferungslager waren zerstört. Bahlsen backte zunächst Brot, aber bereits 1945 liefen wieder Kekse vom Band.

Expansion und Diversifizierung: Bahlsen wird zum Konzern

Unter der Leitung von Werner Bahlsen begann das Unternehmen mit dem Export von Produkten nach Amerika. 1956 wurde das Werk in Barsinghausen eingeweiht, damals Europas modernste Produktionsstätte. In den 1960er-Jahren folgten die Eröffnung des Werks Varel und die Gründung erster eigener Vertriebsgesellschaften in Frankreich und Italien.

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Bahlsen diversifizierte sein Produktportfolio und stieg ins Knabber- und Kuchengeschäft ein. Durch die Übernahme der "Kuchenfabrik Brokat" in Oldenburg und die Kooperation mit der Firma Flessner in Neu-Isenburg erweiterte das Unternehmen sein Sortiment.

1975 trat Werner M. Bahlsen, der Sohn von Werner Bahlsen, in das Unternehmen ein. Die Bahlsen-Gruppe beschäftigte zu diesem Zeitpunkt rund 11.200 Mitarbeiter.

Umstrukturierung und Neuausrichtung: Bahlsen im 21. Jahrhundert

Nach dem Tod von Werner Bahlsen führten seine Söhne Werner Michael und Lorenz sowie Cousin Hermann die Geschäfte. Es kam jedoch zu einem Machtkampf, der schließlich zur Teilung des Unternehmens im Jahr 1999 führte. Die Bahlsen GmbH & Co. KG (Süßgebäck) und die Lorenz Bahlsen Snack-World GmbH & Co. KG (Snacks) entstanden.

Bahlsen stellte sich seiner moralischen Verantwortung und trat der "Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft für die Entschädigung ehemaliger Zwangsarbeiter in Deutschland in der Zeit des Zweiten Weltkrieges" bei.

Im Jahr 2019 beauftragte Bahlsen den Historiker Professor Manfred Grieger mit der unabhängigen Aufarbeitung der Unternehmenshistorie. Bis Mitte 2023 wurde die Untersuchung abgeschlossen und ein Jahr später als Buch veröffentlicht.

Bahlsen heute: Eine Marke mit Tradition und Zukunft

Heute ist Bahlsen eine der bekanntesten deutschen Marken und in mehr als 80 Ländern ein Begriff. Das Unternehmen hat seinen Hauptsitz in Hannover und beschäftigt rund 2.400 Mitarbeiter.

Bahlsen ist nicht nur für seine Kekse bekannt, sondern auch für sein soziales Engagement und seine Verantwortung für die Vergangenheit. Das Unternehmen hat sich intensiv mit seiner Rolle während der NS-Zeit auseinandergesetzt und Maßnahmen zur Entschädigung von Zwangsarbeitern ergriffen.

Mit einem neuen Logo und Design präsentiert sich die Marke Bahlsen modern und zukunftsorientiert. Dabei werden Gestaltungselemente genutzt, die Bahlsen berühmt gemacht haben: der blaue Schriftzug und das TET-Logo.

Die Geschichte des Leibniz-Keks

Der Leibniz-Keks ist wohl das bekannteste Produkt von Bahlsen und ein Wahrzeichen des Unternehmens. Er wurde 1891 von Hermann Bahlsen erfunden und nach dem berühmten Hannoveraner Gottfried Wilhelm Leibniz benannt.

Der Leibniz-Keks zeichnet sich durch seinen feinen Buttergeschmack und seine charakteristische Form mit den 52 Zähnen aus. Er ist in verschiedenen Variationen erhältlich, unter anderem mit Schokolade.

Der Leibniz-Keks ist nicht nur in Deutschland, sondern auch international sehr beliebt. Er wird in zahlreiche Länder exportiert und ist ein Symbol für deutsche Qualität und Tradition.

Das TET-Zeichen

Das TET-Zeichen ist das Markenzeichen von Bahlsen und wurde 1904 eingeführt. Es besteht aus einem Oval, einer Schlange, einem Halbkreis und drei Punkten. Das Zeichen ist von einer altägyptischen Hieroglyphe abgeleitet und bedeutet "ewig während".

Das TET-Zeichen steht als Gütesiegel für die Bahlsen-Qualität, da die TET-Packung als erste Kartonverpackung in der Lage ist, den Keks dauerhaft frisch zu halten.

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