Eigene Marmelade verkaufen: Rechtliche Voraussetzungen in Deutschland
Die Idee, selbstgemachte Produkte wie Marmelade zu verkaufen, ist verlockend. Doch bevor man mit der Direktvermarktung beginnt, gilt es, eine Reihe rechtlicher Voraussetzungen zu erfüllen. Dieser Artikel beleuchtet die wichtigsten Aspekte, die bei der Produktion und dem Verkauf von eigener Marmelade in Deutschland zu beachten sind.
Einführung
Immer mehr Menschen entdecken die Freude am Selbermachen von Lebensmitteln, sei es Marmelade, Chutneys oder andere Köstlichkeiten. Oftmals übersteigt die produzierte Menge den Eigenbedarf, sodass der Gedanke an einen Verkauf naheliegt. Doch welche rechtlichen Rahmenbedingungen sind dabei zu beachten?
Rechtliche Grundlagen
Lebensmittelhygiene
Die Vorschriften des Lebensmittelhygienerechts betreffen alle, die Lebensmittel verarbeiten und in Verkehr bringen. Dies umfasst Regelungen zur Personalhygiene, zur Beschaffenheit und Ausstattung der Räume sowie zum Transport und zur Lagerung. Betriebe müssen ein Eigenkontrollsystem einrichten, um kritische Punkte selbst zu überwachen. Die Verordnung (EG) Nr. 852/2004 über Lebensmittelhygiene und Artikel 4 der Verordnung (EG) sind hierbei von Bedeutung.
Infektionsschutzgesetz
Das Infektionsschutzgesetz (IfSG) regelt, dass Personen mit ansteckenden Erkrankungen nicht mit empfindlichen Lebensmitteln arbeiten dürfen. Wer erstmals mit solchen Lebensmitteln arbeitet, benötigt eine Bescheinigung über eine entsprechende Erstbelehrung vom Gesundheitsamt.
Gewerbeordnung und Handwerksordnung
Die landwirtschaftliche Urproduktion stellt kein Gewerbe im Sinne der Gewerbeordnung dar. Allerdings ist der Mitverkauf von Produkten anderer Hersteller und Erzeuger anzeigepflichtig. Tätigkeiten wie das Backen von Brot und Kuchen sowie das Zerlegen von Fleisch unterliegen den Vorschriften der Handwerksordnung. Für das Betreiben eines solchen Handwerks ist in der Regel der Eintrag in die Handwerksrolle und ein Meisterbrief erforderlich, es sei denn, die Tätigkeit wird nur in unerheblichem Umfang ausgeübt.
Lesen Sie auch: Wie viele Kalorien hat mein Marmeladenbrot?
Steuerliche Aspekte
Der Verkauf eigener landwirtschaftlicher Erzeugnisse zählt aus steuerlicher Sicht zur Landwirtschaft. Dies gilt auch, wenn neben den eigenen Erzeugnissen zugekaufte Produkte verkauft werden. Es ist jedoch wichtig, die Umsätze beim Finanzamt zu melden und gegebenenfalls Steuern zu zahlen, wenn die Freibeträge überschritten werden.
Mess- und Eichgesetz
Das Mess- und Eichgesetz regelt die Anzeigepflicht von Messgeräten für den Verkauf von Waren an Dritte.
Baugesetzbuch und Bauordnung
Neu-, An- oder Ausbauten auf dem landwirtschaftlichen Betrieb müssen nach dem Baugesetzbuch genehmigt werden. Baugenehmigungen sind auch für Nutzungsänderungen erforderlich. Schilder und Verkaufsstände gelten gemäß Bauordnung als bauliche Anlagen und sind baugenehmigungspflichtig.
Verpackungsgesetz
Das Verpackungsgesetz gilt für alle, die mit Ware befüllte und beim Endverbraucher anfallende Verpackungen in Verkehr bringen, unabhängig vom Material.
Produkthaftungsgesetz
Die Urproduktion unterliegt ebenfalls dem Produkthaftungsgesetz. Landwirtschaftliche Erzeuger können für Schäden haftbar gemacht werden, die durch fehlerhafte Erzeugnisse entstehen. Im Haftungsfall gilt die Beweislastumkehr, wonach der Direktvermarkter beweisen muss, dass seine Ware am Verkaufstag einwandfrei war.
Lesen Sie auch: Weihnachtsbäckerei: Walnussplätzchen
Spezifische Anforderungen für die Marmeladenherstellung
Wer Marmelade oder andere Lebensmittel selbst herstellt und verkaufen möchte, muss einige spezifische Anforderungen beachten.
Gewerbeanmeldung
Sobald nicht selbst hergestellte Bestandteile verarbeitet werden, ist eine Gewerbeanmeldung erforderlich. Dies ist in der Regel der Fall, wenn man beispielsweise Zucker oder andere Zutaten zukauft, um die Marmelade herzustellen.
Gesundheitszeugnis und Hygienevorschriften
Grundvoraussetzung für den Verkauf ist ein Gesundheitszeugnis. Zudem muss die Küche den Hygienevorschriften entsprechen. Dies bedeutet, dass die Räumlichkeiten sauber und frei von Kontaminationsrisiken sein müssen.
Kennzeichnungspflichten
Je nach Produkt müssen bestimmte Angaben gemacht werden, beispielsweise hinsichtlich der Inhaltsstoffe, des Mindesthaltbarkeitsdatums und der Nährwertangaben. Die Lebensmittel-Informationsverordnung (LMIV) schreibt diese Informationspflichten für alle Lebensmittelunternehmer in der Europäischen Union einheitlich vor. Die Angaben müssen leicht verständlich sein und in der Sprache des Landes der Vermarktung erfolgen.
Meisterpflicht
Selbst gebackenes Brot und Brötchen dürfen nur verkauft werden, wenn man selbst Bäckermeister ist, einen solchen eingestellt hat oder eine Ausnahmebewilligung bekommen hat. Dies gilt jedoch nicht für Marmelade.
Lesen Sie auch: Inhaltsstoffe der Rewe Mini Marmelade detailliert erklärt
Direktvermarktung und digitale Möglichkeiten
Die Direktvermarktung erlebt einen digitalen Wandel. Immer mehr landwirtschaftliche Betriebe nutzen digitale Werkzeuge, um ihre Produkte effizienter zu vermarkten, neue Kundengruppen zu erreichen und ihre Abläufe zu optimieren.
Bauernmärkte
Ein Bauernmarkt sollte sein, was das Wort verspricht: Ein Markt, auf dem Landwirte aus der Region ihre selbsterzeugten Produkte anbieten.
Hofläden
Ein Hofladen stellt in der Regel ein Gewerbe dar, das nach jeweiligem Landesrecht angemeldet werden muss.
Straßenverkauf
Der Straßenverkauf von einem Fahrzeug aus ist eine erlaubnispflichtige Sondernutzung und erfordert eine Erlaubnis der Gemeinde oder der Straßenverkehrsbehörde.
Online-Verkauf
Handgemachtes online zu verkaufen unterliegt den gleichen gesetzlichen Regelungen wie alle anderen Produkte, die (online) verkauft werden. Spezifische Regularien gelten je nach Art der handgemachten Produkte.
Empfehlungen und Anlaufstellen
Es ist ratsam, sich bei den zuständigen Behörden, wie dem Gesundheitsamt oder der Lebensmittelaufsicht, zu erkundigen, welche Regeln und Auflagen im Detail zu beachten sind. Auch die Industrie- und Handelskammer (IHK) bietet kostenlose Beratungen für Existenzgründer an.
Checkliste für den Verkauf eigener Marmelade
Um den Überblick zu behalten, hier eine Checkliste der wichtigsten Punkte:
- Gewerbeanmeldung: Prüfen, ob eine Gewerbeanmeldung erforderlich ist.
- Gesundheitszeugnis: Einholen eines Gesundheitszeugnisses.
- Hygienevorschriften: Sicherstellen, dass die Küche den Hygienevorschriften entspricht.
- Kennzeichnungspflichten: Informationen zu Inhaltsstoffen, Mindesthaltbarkeitsdatum und Nährwertangaben auf dem Etikett angeben.
- Lebensmittelhygiene-Schulung: Teilnahme an einer Schulung zur Lebensmittelhygiene.
- Registrierungspflicht: Gewerbe bei der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde (Lebensmittelüberwachung) melden.
- Verpackungsgesetz: Anforderungen des Verpackungsgesetzes beachten.
- Produkthaftungsgesetz: Sich über die Bestimmungen des Produkthaftungsgesetzes informieren.
- Steuerliche Aspekte: Umsätze beim Finanzamt melden und gegebenenfalls Steuern zahlen.
- Direktvermarktung: Möglichkeiten der Direktvermarktung prüfen (Bauernmarkt, Hofladen, Online-Verkauf).
tags: #eigene #marmelade #verkaufen #rechtliche #voraussetzungen