Die bittere Wahrheit hinter der süßen Verführung: Eine Analyse der Schokoladenherstellung und ihrer Nachhaltigkeit
Schokolade - kaum jemand kann ihrem süßen Reiz widerstehen. Der Pro-Kopf-Verbrauch in Deutschland ist hoch, und weltweit steigt die Nachfrage stetig. Doch mit steigender Nachfrage steigen auch die Preise für Kakao. Im Oktober 2024 waren die Importpreise um 91,5 Prozent höher als im Vorjahresmonat. Doch wie nachhaltig ist unsere Lieblingsschokolade wirklich? Unter welchen Bedingungen wird sie hergestellt? Welche Hersteller sind vorbildlich, und welche sollte man lieber meiden?
Die Schokoladen-Scorecard: Ein Kompass im Schokoladendschungel
Die Frage, welche Schokolade man guten Gewissens kaufen kann, ist oft schwer zu beantworten. Viele Hersteller haben Schwierigkeiten, ihre komplexen Lieferketten lückenlos zurückzuverfolgen und auszuschließen, dass bei der Produktion Menschenrechte verletzt oder die Umwelt geschädigt wurde. Um Licht in dieses undurchsichtige Geschäft zu bringen und Verbraucher:innen bei ihrer Kaufentscheidung zu unterstützen, bewertet die Schokoladen-Scorecard jährlich die größten Schokoladenhersteller nach Kriterien wie Umweltfreundlichkeit und fairer Produktion.
Die Schokoladen-Scorecard 2025 analysierte insgesamt 60 Firmen und Einzelhändler. Dabei wurden 48 Hersteller (42 große und mittlere Unternehmen und sechs kleine Unternehmen) und 32 Einzelhändler angefragt, wobei die meisten Unternehmen sich dieser Herausforderung stellten. Die Kriterien für die Bewertung umfassen Transparenz, Einkommen, Kinderarbeit, Entwaldung, Pestizideinsatz und den Anbau im Agroforstsystem - eine besonders naturnahe Anbaumethode.
Nachhaltige und faire Schokolade: Die Top-Hersteller 2025
Die Schokoladen-Scorecard 2025 zeigt, dass es durchaus Hersteller gibt, die sich für Nachhaltigkeit und faire Produktion engagieren. Bei den mittleren bis großen Herstellern belegen Tony's Chocolonely (Niederlande), HALBA (Schweiz), Cemoi (Frankreich), Ritter Sport (Deutschland) und Nestlé (Schweiz) die vorderen fünf Plätze.
Tony's Chocolonely, bekannt für seine auffälligen Verpackungen, verliert lediglich beim Agroforst-Anbau leicht Punkte, hat aber im Vergleich zum Vorjahr beim Pestizideinsatz aufgeholt. Das Unternehmen hat sich zum Ziel gesetzt, die gesamte Schokoladenindustrie weltweit zu verändern und jede Form der Ausbeutung in der Kakaoindustrie zu beenden. Tony Chocolonely will dies am Beispiel der eigenen Lieferkette zeigen und gleichzeitig andere Schokoladenmarken ermutigen, Kakao nach dem sogenannten „Tony’s 5 Sourcing-Prinzip“ zu beschaffen.
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Bei den kleinen Herstellern liegt Beyond Good (USA) auf Platz eins, mit sehr guten Bewertungen in allen Bereichen. Choba Choba (Schweiz) und Original Beans (Niederlande) folgen auf den Plätzen zwei und drei.
Mittelfeld mit Verbesserungspotenzial
Im vorderen Mittelfeld (Plätze sieben bis zehn) finden sich ETG / Beyond Beans und Mars Wrigley, die in einigen Punkten bereits gut abschneiden, in anderen aber noch Fortschritte machen müssen. Ferrero und Unilever, die im Vorjahr noch im Mittelfeld lagen, sind auf die Plätze 14 bzw. 19 abgerutscht. Sie konnten lediglich in den Bereichen Transparenz (Ferrero) und Entwaldung (Unilever) punkten.
Die Schlusslichter: Daito Cacao und Co.
Daito Cacao aus Japan landet auf dem vorletzten Platz der Schokoladen-Bewertung, direkt hinter Glico (ebenfalls Japan). Beide Unternehmen schneiden in fast allen Punkten schlecht ab und haben großen Nachholbedarf in ihrer Firmenpolitik, insbesondere in Bezug auf Entwaldung, Pestizideinsatz und Kinderarbeit. Unter den europäischen Produzenten findet sich FrieslandCampina auf den unteren Rängen.
Leider gibt es immer noch viele Firmen, die nicht offenlegen wollen oder können, ob ihre Schokolade frei von Kinderarbeit, Armut und Abholzung ist und unter welchen Bedingungen der Kakao dafür angebaut wurde. Dazu gehören Kellanova (früher Kellogg’s) und Mondelez International, Hersteller von Milka, Oreo und Toblerone.
Supermärkte im Fokus: Wer engagiert sich für fairen Kakao?
Die Schokoladen-Scorecard 2025 bewertet auch Supermarktketten hinsichtlich ihres Engagements für Kakao und Schokolade aus besserem Anbau. Dabei werden Fragen untersucht wie: Welche Rolle spielen entsprechende Siegel in der Eigenmarken-Produktpalette, und geht das Engagement durch eigene Programme und Partnerschaften sogar noch darüber hinaus?
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Coop, MIGROS und Aldi Süd belegen die ersten drei Plätze. Coop erreicht in den meisten Aspekten bereits eine grüne Wertung, während bei der Transparenz noch Luft nach oben besteht. Aldi Süd konnte sich von Platz vier im Vorjahr auf Platz drei verbessern. Aldi Nord belegt weiterhin den sechsten Platz. Die letzten Plätze gehen an ausländische Ketten wie Foodstuff aus Neuseeland. Mehr als die Hälfte der angefragten Supermarktketten haben jedoch gar nicht geantwortet, darunter Lidl, EDEKA und die US-amerikanische Kette Walmart.
Die bittere Realität: Armut und Umweltzerstörung
Kakao ist ein wertvoller Rohstoff, doch sein Anbau gehört zu den Hauptursachen für Entwaldung weltweit und befeuert damit den Klimawandel. Hinzu kommen ein hoher Wasserverbrauch und der Einsatz gefährlicher Pestizide. Obwohl die Schokoladenindustrie hohe Gewinne erzielt, leben viele Kakaobäuer:innen unterhalb der Armutsgrenze. Sie erhalten nur einen kleinen Teil des Erlöses und sind oft gezwungen, ihre Kinder in die schwere Arbeit einzubeziehen, um ihre Familien zu ernähren.
Agroforstsysteme: Ein nachhaltiger Ansatz für den Kakaoanbau
Es bleibt oft im Dunkeln, wie der Kakao für unsere Schokolade angebaut wurde und welche Wege er genommen hat. Zu wenige Unternehmen übernehmen die Verantwortung für transparente, entwaldungsfreie Lieferketten. Doch der Kakaoanbau kann nachhaltiger und fairer gestaltet werden als in Monokulturen. Eine vielversprechende Alternative sind Agroforstsysteme.
In Agroforstsystemen werden Landwirtschaft und Forstwirtschaft kombiniert, sodass Bäume neben Acker- und Gemüsepflanzen wachsen. Im Falle des Kakaos bedeutet dies, dass Kakaobäume zusammen mit anderen Bäumen und Nutzpflanzen angebaut werden. Monokulturen werden vermieden, und der Pflanzenmix fördert die Widerstandsfähigkeit und Produktivität. Der WWF arbeitet mit indigenen Kakaokooperativen in Südamerika zusammen, die nach diesem Prinzip anbauen.
Vom Anbau bis zur Tafel: Die Herstellung von Qualitätsschokolade
Die Herstellung von guter Schokolade ist sowohl eine Kunst als auch eine Wissenschaft. Viele Hersteller arbeiten direkt mit Bauernkooperativen zusammen, um den Anbau von nachhaltigem und rückverfolgbarem Kakao zu fördern. Nach der Ernte ist eine fachgerechte Fermentation unerlässlich, damit sich im Inneren der Bohne die Vorstufen des typischen Schokoladengeschmacks entwickeln können.
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Nach der Fermentation werden die Kakaobohnen getrocknet, indem sie auf Matten in die Sonne gelegt und regelmäßig gewendet werden. Nur größere Kakaobohnen aus der Haupternte werden ausgewählt, da ihre Größe und Qualität für einen besseren und intensiveren Kakaogeschmack sorgen. Vor dem Sortieren und Verschiffen werden die Bohnen gereinigt und mehreren Qualitätsprüfungen unterzogen.
Für hochwertige Schokoladen werden Kakaobohnen ausschließlich in Jutesäcken gekauft, da Jute ein natürliches Material ist, das die Bohnen "atmen" lässt und eine Regulierung des Feuchtigkeitsgehalts ermöglicht. Von jedem Sack Bohnen wird eine Probe entnommen, um die Qualität zu prüfen und das Geschmacksprofil der jeweiligen Charge zu bestimmen. Jedes einzelne Geschmacksprofil wird in einer Bohnenbibliothek gespeichert.
Um der Arbeit der Kakaobauern in angemessener Weise Rechnung zu tragen, werden die Kakaobohnen ganz und gut geschützt in ihrer Schale geröstet. Bei dieser Art des Röstens werden die Kakaobohnen für einen begrenzten Zeitraum mäßiger Hitze ausgesetzt, damit sich sowohl der kräftige Kakaogeschmack im Inneren der Bohne als auch die zarten Aromen gänzlich entfalten können. Nach dem Rösten werden die Kakaobohnen gebrochen, und die Schalen werden sorgfältig aus dem Kakaokernbruch entfernt.
Die Schokoladenmasse läuft über mehrere Walzen, wodurch die Partikelgröße der Zutaten reduziert wird. Beim Conchieren entwickelt sich der endgültige Geschmack der Schokolade. In diesem Prozess bleiben fruchtige und säuerliche Noten im richtigen Maße erhalten, während übermäßig saure, flüchtige Aromen beseitigt werden.
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