Kann man an Zucker sterben? Folgen von Über- und Unterzuckerung

Diabetes mellitus, umgangssprachlich als Zuckerkrankheit bekannt, ist eine weit verbreitete Stoffwechselstörung, die durch chronisch erhöhte Blutzuckerwerte (Hyperglykämie) gekennzeichnet ist. Nach Schätzungen aus dem Jahr 2023 sind in Deutschland etwa 8,9 Millionen Menschen von Typ-2-Diabetes betroffen; hinzu kommt eine vermutlich hohe Dunkelziffer unerkannter Fälle. Doch kann man an Zucker sterben? Diese Frage ist komplex und erfordert eine differenzierte Betrachtung der verschiedenen Aspekte von Diabetes und seinen Komplikationen. Die Gefährlichkeit von Diabetes wurde lange unterschätzt, doch neuere Analysen zeigen, dass die Stoffwechselkrankheit lebensgefährlich ist.

Diabetes: Eine Übersicht

Diabetes mellitus manifestiert sich hauptsächlich in zwei Typen: Typ 1 und Typ 2. Typ-1-Diabetes ist eine Autoimmunerkrankung, bei der der Körper die insulinproduzierenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse angreift und zerstört. Dies führt zu einem absoluten Insulinmangel. Typ-2-Diabetes hingegen entwickelt sich schleichend und ist oft mit Insulinresistenz verbunden, bei der die Körperzellen nicht mehr ausreichend auf Insulin reagieren. In beiden Fällen resultiert dies in erhöhten Blutzuckerwerten.

Ursachen und Symptome

Die Ursachen für Diabetes sind vielfältig. Beim Typ-1-Diabetes spielen genetische Faktoren eine Rolle, während der Typ-2-Diabetes oft mit Übergewicht, Bewegungsmangel und einer ungesunden Ernährung zusammenhängt. Unabhängig vom Typ führen beide Formen zu einer Überzuckerung (Hyperglykämie), da das Insulin nicht mehr richtig wirken kann, um den Zucker aus dem Blut in die Zellen zu transportieren.

Typische Symptome von Diabetes sind:

  • Starker Durst und häufiges Wasserlassen
  • Müdigkeit und Schwäche
  • Vermehrter Durst und Harndrang
  • Schlecht heilende Wunden
  • Verschwommenes Sehen

Diagnose

Die Diagnose von Diabetes erfolgt in der Regel durch Messung des Blutzuckerspiegels. Der Nüchternblutzuckerwert, der Wert nach einer Mahlzeit und der HbA1c-Wert (Langzeitzuckerwert) sind wichtige Indikatoren. Ein HbA1c-Wert von über 5,7 Prozent bei Gesunden deutet auf eine Stoffwechselstörung hin. Die Deutsche Herzstiftung e.V. empfiehlt, den offiziellen Gesundheits-Check wahrzunehmen, der ab dem 35. Lebensjahr alle drei Jahre von den Krankenkassen bezahlt wird.

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Die Folgen von Überzuckerung (Hyperglykämie)

Eine Überzuckerung, auch Hyperglykämie genannt, tritt auf, wenn der Blutzuckerspiegel über den Zielbereich hinaus ansteigt. Das Ziel moderner Diabetestherapie ist es, den Blutzucker weitgehend innerhalb eines festgelegten Zielkorridors von etwa 70-180 mg/dl bzw. 3,9-10 mmol/l zu halten. Wenn Glukosewerte über 250 mg/dl bzw. 13,9 mmol/l gemessen werden, spricht man von einer Überzuckerung oder Hyperglykämie. Sehr hohe Werte können zudem dazu führen, dass der Stoffwechsel übersäuert und es zu einer diabetischen Ketoazidose kommt.

Symptome der Hyperglykämie

Zu den Symptomen von hohen Blutzuckerwerten gehören:

  • Müdigkeit
  • Starker Durst
  • Übelkeit
  • Konzentrationsschwäche
  • Schwindelzustände

Diabetische Ketoazidose

Schwere Überzuckerungen können ab einem Blutzuckerwert von 250 mg/dl bzw. 13,9 mmol/l auftreten, wobei auch Werte über 1.000 mg/dl bzw. 55,5 mmol/l möglich sind. Riecht der Atem leicht süßlich und erbricht sich der/die Betroffene, kann es sich um eine lebensbedrohliche Ketoazidose handeln, die vor allem bei Typ-1-Diabetes auftritt. Bei bestimmten Medikamenten ist eine Ketoazidose aber auch bei anderen Diabetes-Typen möglich. Symptome einer Ketoazidose sind Übelkeit und Erbrechen, süßlich riechender Atem, Bewusstseinsstörungen und vertiefte Atmung.

Bei einer diabetischen Ketoazidose können Blutzuckerwerte von weit über 250 mg/dl (13,9 mmol/l) auftreten. Sie entsteht als Folge eines starken Insulinmangels und muss sofort behandelt werden. Eine Ketoazidose trifft hauptsächlich Menschen mit Typ-1-Diabetes, da bei ihnen die Bauchspeicheldrüse kein oder nur sehr wenig Insulin herstellt. Aber auch bei Menschen mit Typ-2-Diabetes kann eine diabetische Ketoazidose auftreten.

Insulin ist ein lebensnotwendiges Hormon. Es sorgt dafür, dass der Zucker (Glukose) aus dem Blut in die Körperzellen aufgenommen wird, um daraus Energie zu gewinnen. Wenn zu wenig Insulin im Blut ist, gelangt kein Zucker in die Zellen und der Blutzuckerspiegel steigt an. Um den Energiebedarf anders zu decken, baut der Körper vermehrt Fettreserven ab. Bei diesem Vorgang entstehen saure Ketonkörper. Diese reichern sich im Blut an und führen zu einer Übersäuerung, einer sogenannten Azidose.

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Ein Teil der Ketonkörper wird mit dem Harn ausgeschieden und über die Atemluft abgeatmet. Der Atem riecht dann süßlich. Durch den stark erhöhten Blutzucker kommt es zu vermehrtem Harndrang. Das führt zu einem großen Verlust an Flüssigkeit und Elektrolyten. Austrocknung und Kreislauf-Versagen drohen. Deshalb braucht eine Patientin oder ein Patient mit einer diabetischen Ketoazidose zur Behandlung vor allem eine große Menge an Flüssigkeit. Ohne Gegenmaßnahmen und eine geeignete Therapie führt eine Ketoazidose zu einem diabetischen Koma und ist lebensgefährlich.

Langzeitfolgen von Hyperglykämie

Dauerhaft zu hohe Blutzuckerwerte sind nicht nur ein Symptom für Diabetes mellitus, sondern auch eine echte Gefahr für das Herz. Hohe Blutzuckerwerte fördern Entzündungsreaktionen im Körper und beeinflussen verschiedene Stoffwechselvorgänge. Unter anderem beschleunigt ein chronisch hoher Blutzucker die Verkalkung und Schädigung von Gefäßen (Arteriosklerose) und führt zu einer Verschlechterung der Pumpleistung des Herzens sowie zu einer verstärkten Blutgerinnung in den geschädigten Gefäßen.

Diabetes schadet vor allem den Blutgefäßen. Bereits Jahre, bevor die Diagnose „Diabetes“ gestellt wird, kann ein längerer, zu hoher Blutzuckerspiegel die Gefäße verändern und Arteriosklerose begünstigen. Diabetiker haben deshalb ein bis zu dreimal höheres Risiko, Gefäßkrankheiten (Angiopathien) zu bekommen.

Meistens sind als erstes die kleinen Blutgefäße von Arteriosklerose betroffen (Mikroangiopathie). Bei ihnen können bereits kleinste Verengungen zu leichten Durchblutungsstörungen führen. Diese kleinen Blutgefäße spielen in der Netzhaut, den Nieren, der Funktion der Nerven, aber auch von Herz und Gehirn eine Rolle. Was dabei auf Dauer als Folgekrankheit möglich ist:

  • Augen: Retinopathie, also Einblutungen in die Netzhaut und Netzhautablösung, verbunden mit einem hohen Risiko für Erblindung.
  • Nieren: Nephropathie, dabei verändern sich die Nierenkörperchen, die das Blut filtern. Sie können nicht mehr ausreichend arbeiten, im schlimmsten Fall versagen die Nieren und Blutwäsche wird nötig.
  • Nerven: Der hohe Blutzuckerspiegel stört den Stoffwechsel der Nervenzellen. Sie bekommen nicht mehr ausreichend Sauerstoff und sterben dadurch ab. Es droht Polyneuropathie mit einem Verlust von Tast-, Vibrations- und Temperaturempfinden. Vor allem die Füße sind betroffen, Missempfindungen und schlecht heilende Wunden führen zum sogenannten „diabetische Fuß“ mit Geschwürbildung.
  • Haut: Diabetiker haben häufig Hautprobleme. Nicht nur, dass Wunden schlecht heilen, auch Pilzinfektionen sind oft besonders hartnäckig. Ursache ist unter anderem, dass die kleinsten Blutgefäße in der Haut schlecht arbeiten und der Säureschutzmantel der Haut verändert ist.
  • Herz-Kreislauf-System: Eine ernsthafte diabetische Folgeerkrankung ist die kardiale autonome Neuropathie, bei der eine Schädigung von Nerven vorliegt, die an der Steuerung des Herz-Kreislauf-Systems beteiligt sind. Im Krankheitsverlauf kommt es dadurch unter anderem zu einer erhöhten Herzfrequenz in Ruhe und einer verminderten Durchblutung des Herzmuskels. Auch am Herzen und im Gehirn können sich schon frühzeitig Verengungen in den kleinen Blutgefäßen bilden. Sind dann jedoch die großen Blutgefäße in diesen Organen betroffen, also Arterien im Gehirn und die Herzkranzarterien, steigt das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall rapide an. Beide Ereignisse sind die häufigste Todesursache von Diabetikern.

Behandlung der Hyperglykämie

Menschen mit einem insulinbehandelten Diabetes können erhöhte Werte in der Regel ganz einfach selbst regulieren, indem sie zusätzlich schnellwirksames Insulin spritzen. Bei anderen Therapieformen ist eine kurzfristige Korrektur oft nicht möglich. Bei einer leichten Hyperglykämie ist sinnvoll, viel Wasser zu trinken und abzuwarten, bis sich die Blutzuckerwerte normalisieren, bevor man wieder Nahrung zu sich nimmt.

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Ist die Person ansprechbar, fordern Sie sie auf, die Überzuckerung zu behandeln. Falls möglich, sollte ein Test auf Ketone durchgeführt werden. Eine überzuckerte Person darf nicht alleine gelassen werden. Blutzucker und Gesundheitszustand müssen regelmäßig kontrolliert werden.

Die Folgen von Unterzuckerung (Hypoglykämie)

Unterzuckerung (Hypoglykämie) bezeichnet einen zu niedrigen Blutzuckerspiegel. Extrem niedrige Blutzuckerwerte unter 50 mg/dl können einen lebensgefährlichen hypoglykämischen Schock (auch diabetischer Schock oder Diabetesschock genannt) zur Folge haben. Eine extreme Unterzuckerung (Hypoglykämie) kann einen hypoglykämischen Schock auslösen und zu Bewusstseinseinschränkungen bis zur Bewusstlosigkeit führen.

Ursachen der Hypoglykämie

Bei Diabetes kann nicht nur ein zu hoher Blutzuckerwert auftreten (Überzuckerungsgefahr), sondern auch ein zu niedriger. Personen mit Diabetes können niedrige Blutzuckerwerte haben, wenn beispielsweise zu viel Insulin gespritzt wurde oder zu wenig Nahrung aufgenommen wurde. Weitere Ursachen können eine Überdosierung von blutzuckersenkenden Medikamenten, Alkoholkonsum und hohe körperliche Anstrengung sein.

Symptome der Hypoglykämie

Ab einem Blutzuckerwert von 70-60 mg/dl bekommt das Gehirn der betroffenen Person zu wenig Zucker. Typische Symptome sind Heißhunger, Unkonzentriertheit, feuchte, blasse Haut, Schwitzen und Zittern. Der Ablauf der Symptome kann dabei sehr schnell sein. Daher ist es wichtig, dass sich Personen mit Diabetes stets selbst genau beobachten und immer etwas Traubenzucker bei sich haben, um leichte Unterzuckerungen schnell bemerken und beheben zu können. Liegt der Blutzuckerwert bei 40 bis 50 mg/dl tritt schließlich der hypoglykämische Schock in Form von Bewusstlosigkeit ein. Es besteht akute Gefahr und ein Notruf muss abgesetzt werden, denn eine unbehandelte Hypoglykämie kann lebensbedrohlich werden. Auf keinen Fall darf der unterzuckerten Person jetzt Insulin gespritzt werden.

Daran bemerkst du eine Unterzuckerung: Schwitzen, Zittern, Herzklopfen, Nervosität, Kopfschmerzen, Heißhunger, Schwindel, Konzentrations- und Sehstörungen, Störungen der Feinmotorik. Als Gegenreaktion schüttet der Körper das Stresshormon Adrenalin aus. Dieses mobilisiert unter anderem den Speicherzucker in der Leber (Glykogen). Reicht das nicht und fällt die Blutzuckerkonzentration weiter ab, kann es zu einem hypoglykämischen Schock mit Orientierungslosigkeit, Lähmungserscheinungen, Krampfanfall und Bewusstlosigkeit kommen.

Behandlung der Hypoglykämie

Hat die Person mit Diabetes ein Glukagon-Set bei sich, dann können Angehörige eine Glukagonspritze in den Muskel abgegeben. Das Hormon Glukagon bringt die Leber dazu, Zucker aus ihren Speichern ins Blut abzugeben. Bei einer schweren Unterzuckerung mit Bewusstseinsstörungen oder bei Übelkeit und Erbrechen verabreicht der Notarzt beziehungsweise die Notärztin eine Glukoseinfusion.

Nächtliche Hypoglykämien

Bei Personen mit Diabetes können niedrige Blutzuckerwerte besonders häufig im Schlaf auftreten. Verschiedene Faktoren begünstigen eine nächtliche Unterzuckerung. Es kommt vor allem darauf an, wie gut die Insulin- beziehungsweise Tablettendosis an die wechselnden Bedürfnisse des Körpers angepasst ist. Dabei kann es sein, dass die betroffene Person im Schlaf nichts von der nächtlichen Unterzuckerung bemerkt. Mögliche Anzeichen hierfür sind, dass man am Morgen verschwitzt aufwacht und sich gerädert fühlt.

Auf Dauer können nächtliche Zuckertiefs schädlich für den Körper sein. Häufige „Hypos“ sind schlecht für die Gedächtnisleistung, erhöhen vermutlich das Risiko für eine Demenz und belasten das Herz. Schwere Hypoglykämien während des Schlafens können im schlimmsten Fall lebensgefährliche Herzrhythmusstörungen verursachen, die die Ursache für einen plötzlichen, völlig unerwarteten Tod bei ansonsten gesunden Typ-1-Diabetiker*innen sein kann („Dead in Bed“-Syndrom).

Diabetes und Todesursachen

Die Gefährlichkeit von Diabetes ist bis jetzt immer unterschätzt worden. Nur vergleichsweise wenige Todesfälle wurden mit der Stoffwechselkrankheit in Verbindung gebracht. Laut offizieller Todesursachenstatistik sollten durchschnittlich nur 2,7 Prozent aller Sterbefälle in Deutschland diabetesbedingt sein.

Nun haben Wissenschaftler des Deutschen Diabetes-Zentrum (DDZ am Leibniz-Zentrum für Diabetes-Forschung an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf) ein große Analyse durchgeführt und kamen zu einem ganz anderen Ergebnis: 21 Prozent aller Todesfälle sind auf Diabetes zurückzuführen, davon 16 Prozent auf Typ-2-Diabetes. Die Forscher untersuchten dazu die Routinedaten der gesetzlichen Krankenversicherung. Dabei zeigte sich, dass lebensgefährliche Krankheiten, die durch Diabetes verursacht werden, die ausschlaggebende Rolle für jeden fünften Todesfall spielen.

Herzinfarkt und Schlaganfall sind damit die mit Abstand gefährlichsten Folgekrankheiten von Diabetes. Vor allem, wer zusätzlich raucht und/oder Bluthochdruck hat, potenziert sein Risiko zusätzlich. Rauchstopp und optimale Senkung eines zu hoher Blutdrucks sind deshalb für jeden Diabetiker lebenswichtig.

Prävention und Management von Diabetes

Die Folgekrankheiten von Diabetes - egal, ob es „nur“ ständig wiederkehrender Hautpilz ist oder bereits eine dramatische Verengung der Halsschlagader durch Arteriosklerose - sind jedoch kein Schicksal. Wichtig ist, bereits auf die ersten Symptome zu achten, die auf die Vorstufe von Diabetes, sogenannten Prädiabetes hinweisen und möglichst rasch zu reagieren.

Was Sie dafür tun sollten:

  • Jährlich beim Arzt den Blutzuckerspiegel testen lassen.
  • Falls die Werte etwas über dem Normbereich liegen, sofort reagieren
  • Den Zuckerkonsum einschränken, dabei auch auf versteckten Zucker und die noch gefährlichere Isoglukose (Glukosesirup, Maissirup, Stärkesirup) achten.
  • Täglich für mehr Bewegung sorgen.

Dann lässt sich ein echter Diabetes mit Sicherheit vermeiden. Selbstverständlich sollte der Blutzuckerspiegel in Absprache mit dem Arzt regelmäßig kontrolliert werden, um zu erkennen, wie die Maßnahmen greifen. Und wenn sich bereits Diabetes etabliert hat - achten Sie von Anfang an auf eine optimale Blutzuckereinstellung.

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